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Persepolis und seine Nachwehen

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Ich betrat Persepolis durch das Tor aller Länder, und der Schweiss tropfte mir von der Stirn. Das lag weniger an der imposanten Architektur als an den rund 42 Grad, die auch im Schatten der überdimensionierten Sphinx mit Adlerflügeln herrschten. Es ist schwierig, sich vorzustellen, wie das zehn Meter hohe Tor, eingerahmt von prachtvollen Palästen, wohl ausgesehen hat, als es der junge Alexander aus Rache niederbrannte. Für diese und andere Gräueltaten wird man Alexander später «den Grossen» nennen.

Die Dramatik jener Tage steht in starkem Kontrast zu der ansteckenden Müdigkeit, die an diesem heissen Sommertag rund 2350 Jahre später alles auf dem Ruinenfeld erfasste. Sogar die Virtual-Reality-Brille «made in USA», die uns Touristen die Dekadenz der achämenidischen Herrscher vorgaukeln sollte, streikte wegen Überhitzung. «Besser als explodieren», sagte mein Begleiter, und ich musste spontan an den fleissig trillernden Cheftrumpeter der amerikanischen Regierung denken, dem das iranische Klima scheinbar auch arg zugesetzt hat.

Mein Besuch im Iran stand allerdings ganz im Zeichen der Völkerverständigung. Bereits zum 29. Mal begleitete ich begeisterte Gymnasiasten an die Internationale Biologie-Olympiade. Und wie immer standen nicht die Wettkämpfe, sondern der kulturelle Austausch unter den blitzgescheiten Jugendlichen im Vordergrund. Und trotz der politischen Spannung kamen Teams aus über siebzig Ländern nach Teheran. Darunter alle teilnehmenden Länder der letzten Jahre – mit Ausnahme der USA.

Die gefährlichste Angst ist die Angst vor dem Unbekannten. Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, Menschen aus anderen Ländern kennenzulernen, so bin ich überzeugt, ist eines der besten Mittel, um zukünftige Konflikte zu vermeiden. Das sehen bestimmt auch meine Kollegen der Amerikanischen Biologie-Olympiade so. Um so enttäuschter war ich, dass sie ihren Studenten gerade den diesjährigen Austausch vorenthalten haben.

Der aktuelle politische Schlagabtausch hatte aber auch ganz alltägliche Konsequenzen, selbst für uns Touristen. Geld wechseln zum Beispiel liess den Spion der Siebzigerjahre in mir aufleben, denn der offizielle Kurs der Regierung wich vom Kurs der Strasse um rund vierzig Prozent ab. Wir wechselten unser Geld daher ganz diskret in einer Seitengasse oder im Taxi.

Der tiefe Kurs animierte auch zum Kauf, und so erstand ich dank fachkundiger Begleitung einen grossen, handgeknüpften Gabbeh-Teppich. Der Künstler hat ein ganzes Jahr lang daran geknüpft, und genau so bezaubernd sieht der Teppich auch aus. Dumm nur, dass etliche Speditionsfirmen seit dem Ausstieg der Amerikaner aus dem Atomabkommen ihre Tätigkeit im Iran auf Eis gelegt haben. Und so liegt der Teppich bis auf Weiteres säuberlich zusammengerollt im Keller eines Bekannten in Teheran.

Als im Iran Gewesener reise ich für die kommenden fünf Jahre zudem nur noch mit Visum in die USA. Das Visum bekam ich allerdings anstandslos, und so brach ich gleich im Anschluss an meine Iranreise nach Kalifornien auf, wohin ich zum Unterrichten eingeladen worden war. Der Anflug auf Los Angeles ist für mich immer ein Nach-Hause-Kommen, auch wenn ich nun schon seit sechs Jahren nicht mehr dort wohne. Wenig hat sich aber verändert, so scheint mir, und bestimmt nicht der kolossale Stau auf der Autobahn, die mich an die Uni bringt. Nur schreien die vielen Kleber an den Stossstangen vor mir nicht mehr „Obama 2012“, sondern politisch weniger korrekte Sprüche über den aktuellen Präsidenten.

Der Sommerkurs ist dann genau so toll wie im Jahr davor. Ich profitiere von den aufschlussreichen Vorträgen, vertiefe mich in spannende Diskussionen mit den Studenten und geniesse den angeregten Austausch unter Fachidioten. Und dann passiert es: Im Anschluss an eine Exkursion in Venice Beach landen wir in einer Bar mit Livemusik, nur einen Steinwurf von meiner alten Wohnung entfernt – ein Amerikaner aus Baltimore, ein Iraner aus San Diego, ein Israeli aus Minneapolis, ich und einige Studenten aus Guatemala, Italien, Israel, Iran und den USA. Wir diskutieren über das Forscherleben, erzählen uns aus unserer Heimat und scherzen über die Lage der Welt. Na also, das klappt doch wunderbar mit der Völkerverständigung! Nur schade, dass weder Trump noch Rohani diese Bar frequentieren.

Daniel Wegmann ist Professor für Bioinformatik an der Universität Freiburg und entwickelt statistische Verfahren, um evolutive und ökologische Prozesse aufgrund grosser Datensätze zu beschreiben. Er hat in Bern und in den USA studiert und ist Mitglied einer FN-Autoren-Gruppe, die regelmässig naturwissenschaftliche Themen bearbeitet.

 

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