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Peter Rentsch: «Als Richter ist man dazu verdammt, Entscheidungen zu fällen»

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Nach 33,5 Jahren als Gerichtspräsident des Bezirksgerichts Sense geht Peter Rentsch auf Ende Jahr in Pension. Die FN haben mit ihm auf seine lange Karriere zurückgeblickt – anhand von drei Fällen, die ihm besonders in Erinnerung geblieben sind.

Der Fall Lucona

Es war ein steiler Einstieg als Gerichtspräsident. Am 1. August 1988 nahm Peter Rentsch seine Arbeit in Tafers auf, und ihn erwartete gleich der grösste Fall seiner Karriere: die Lucona-Affäre. Das im Indischen Ozean gesprengte Frachtschiff Lucona steht für einen riesigen Versicherungsbetrugsskandal, stürzte Österreich in eine Staatskrise und bescherte dem jungen Gerichtspräsidenten viel Arbeit. Das Kriminalgericht unter seiner Leitung hatte über zwei Personen zu befinden, welche beim Versicherungsbetrug mitgeholfen haben sollen.  

«Ich habe bei dem Fall viel gelernt», sagt Peter Rentsch. Er musste 35 Bundesordner voller Akten im Griff haben und 16 Verhandlungstage von April bis Juni 1990 vorbereiten und führen. «Das war sehr anstrengend.» Wegen des grossen Interesses am Fall wurden die Verhandlungen im Pfarreisaal in Tafers abgehalten. 

Der damals 33-jährige Rentsch war im Rahmen des Prozesses mit dem Kriminalgericht auch in Wien. Er erinnert sich: «Ich hatte einen Schlüssel für das Justizgebäude in Wien und wollte eines Abends noch einmal hinein, um die Akten zu studieren.» Da sei er auf einen Abwart gestossen, der ihm gesagt habe, dass der Praktikanteneingang weiter hinten sei. «Ich sah damals wohl nicht aus wie ein Richter», sagt Rentsch mit einem Schmunzeln.

Er hatte einen gradlinigen Werdegang hinter sich: Der Seebezirkler hat 1984 das Anwaltspatent gemacht, anschliessend drei Jahre als Vizeoberamtmann des Seebezirks gearbeitet und war schliesslich 1988 ans Bezirksgericht Tafers gekommen. Zudem führte er auch die deutschsprachigen Verhandlungen am Saane-Gericht. Als Anwalt hat er nie gearbeitet. Die richterliche Arbeit habe ihn immer mehr gereizt, sagt er. «Als Anwalt vertritt man eine Partei, als Richter muss man verschiedene Argumente abwägen.» In Zivilsachen könne man zusammen mit den Parteien Lösungen finden, das gefalle ihm.

Im Fall Lucona verurteilten die Richterinnen und Richter unter Rentsch die beiden Beschuldigten. Der Fall wurde weitergezogen, später hob ein anderes Gericht eine der Verurteilungen wieder auf. Peter Rentsch zuckt mit den Schultern: «Man versucht ein Urteil immer so gut wie möglich zu begründen. Aber die Rechtsprechung ist keine exakte Wissenschaft.»

Der Fall Paul Grossrieder

Rund zehn Jahre nach der Lucona-Affäre: Es ist das Jahr 2000, der Hanfanbau boomt – Stichwort Cannabioland – und eine der grössten Justizaffären der vergangenen Jahrzehnte beschäftigt den Kanton Freiburg. Zwei Jahre zuvor war der oberste Freiburger Drogenfahnder Paul Grossrieder festgenommen worden. Ihm wurde unter anderem Begünstigung vorgeworfen. Er soll eine Prostituierte wegen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz nicht angezeigt haben, weil sie ihm als Informantin diente, und mit ihr Sex gehabt haben, ohne dafür bezahlt zu haben.

Der Fall sorgte für grosse Spannungen innerhalb der Polizei, wie sich Peter Rentsch erinnert. Mehrere Untersuchungsrichter waren vor der Verhandlung vom Fall abgezogen worden; wegen Befangenheit. Im Verfahren wurden immer wieder Vorwürfe gegen die Vorgesetzten von Paul Grossrieder laut. 

«Interessant war, wie unterschiedlich die Medien den Fall behandelten», erinnert sich Peter Rentsch. «Es gab einen grossen Unterschied zwischen den deutschsprachigen und den französischsprachigen Medien.» So ergriffen etwa die FN eher Partei für Grossrieder. Grossrieder war deutschsprachig, seine Vorgesetzten, gegen die er vor Gericht schwere Vorwürfe erhob, waren französischsprachig. Das Medieninteresse war riesig. Auch der «Blick» berichtete; gegen die Boulevard-Zeitung wurden Vorwürfe wegen Vorverurteilung des Angeklagten laut.

Ohne Vorurteile auf die Menschen, die vor Gericht stehen, zugehen: Das findet Peter Rentsch etwas vom wichtigsten. «Diese Menschen stehen vor Gericht, sind wahrscheinlich nervös. Man muss auf sie eingehen können, einen Kontakt herstellen.» 

Im Fall Grossrieder sprach das Strafgericht des Saanebezirks unter dem Vorsitz von Rentsch den Hauptangeklagten am 5. Juli 2000 frei. Die Paul Grossrieder vorgeworfenen Straftaten könnten ihm nicht nachgewiesen werden, hiess es in der Urteilsbegründung.

Der Fall 290 km/h

Im Jahr 2010 bretterte ein Schwede mit seinem Mercedes mit 290 Kilometern pro Stunde über die A12 – und geriet in die Radarfalle bei Bösingen. Er wurde per Strafbefehl verurteilt, den er später vor dem Polizeirichter des Sensebezirks anfocht. Peter Rentsch erinnert sich an die Aussage eines Ehepaars, das in seinem Auto vom Raser überholt wurde: «Sie sagten, es habe ihr Auto richtig durchgerüttelt.»

Der Fall war nicht der grösste in Peter Rentschs Karriere. Er steht stellvertretend für all die kleinen Fälle, welche den Alltag des Gerichtspräsidenten in den letzten 33 Jahren prägten. «Der Radar in Bösingen hat uns immer wieder beschäftigt», sagt er mit einem Schmunzeln.

Grob geschätzt, habe es ungefähr fünf grössere Fälle pro Jahr gegeben, sagt Rentsch. Mit einem Mordfall hatte er es nur einmal zu tun: als in Schwarzsee ein junger Mann seine Freundin getötet hatte. Ein Grossteil der Fälle waren viel harmloser und weckten kaum Medieninteresse. Bei einem Drittel handelte es sich um Strafsachen, bei zwei Dritteln um Zivilsachen. Viele davon waren Scheidungen.

«Für mich ist die erste Instanz die schönste Instanz, weil man direkten Kontakt zu den Menschen hat», sagt Peter Rentsch. Hier könne er als Richter viel bewirken. «Man kann in Zivilsachen trotz Streit einen Vergleich finden, der für beide Seiten einigermassen stimmt. Darauf habe ich viel Wert gelegt und dafür viel Zeit investiert.» Für ihn sei ein Wechsel ans Kantonsgericht nie infrage gekommen. «Dort führt man vor allem Aktenprozesse.»

Der Kontakt zu den Menschen hat auch dazu geführt, dass man Peter Rentsch kennt. Er hat mehrmals Drohungen erhalten und unangenehme Erlebnisse gehabt. Er meint dazu: «Als Richter ist man dazu verdammt, Entscheidungen zu treffen. Das wird erwartet. Und man kann nicht immer im Sinne der Menschen entscheiden, die vor Gericht stehen.» Drohungen seien aber Ausnahmefälle gewesen, die meisten Menschen seien anständig geblieben.

Nicht gerade glücklich über das Urteil war wohl auch der schwedische Raser, der übrigens nicht selbst vor Gericht erschien. Peter Rentsch verurteilte ihn zu einer saftigen teilbedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen. Das Verhalten des Mannes hätte leicht zu einem Unfall führen können, schrieb er in der Urteilsbegründung.

Zur Person

Murtner im Sensebezirk

Peter Rentsch ist 1956 in Murten geboren und besuchte das Kollegium St. Michael in Freiburg. Er begann ein Studium an der ETH Zürich in Forstingenieurwesen, wechselte aber später und studierte Jus an der Universität Bern. 1984 erlangte er das Anwaltspatent, 1985 wurde er Vizeoberamtmann des Seebezirks. 1988 wurde er zum Gerichtspräsidenten für das Bezirksgericht Sense gewählt und behandelte in dieser Funktion auch die deutschsprachigen Verhandlungen im Saane- und Greyerzbezirk. 2019 absolvierte er eine Mediatorenausbildung. Per Ende 2021 wird Peter Rentsch pensioniert. Langweilig werde es ihm aber nicht, sagt er im Gespräch mit den FN. Er unterrichte weiterhin Polizeiaspiranten. Zudem hat er drei Esel zu Hause und spielt leidenschaftlich gerne Tischtennis. nas

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