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Peter Stamm verleiht Flügel

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Autor: Silvia Häcki-Eggimann

«Wir fliegen» beinhaltet zwölf Erzählungen, die einerseits typisch sind für den Schweizer Autor – und doch überraschend ungewohnt. Wie in seinen drei bisherigen Romanen und den zwei erschienenen Erzählbänden sind es keine lauten Töne, die Stamm anschlägt.

In die Abgründe der Seele

Seine Geschichten beschreiben kleine Alltagsdramen und menschliche Unzulänglichkeiten. Vielleicht ist es der Wiedererkennungseffekt, der den Leserinnen und Lesern die Protagonisten Stamms so nahebringt. Diese verstricken sich in Peinlichkeiten und scheitern oft und gründlich.

In «Wir fliegen» finden sich aber auch unerwartet beklemmende Stellen, wo Peter Stamm in Abgründe der Seele blicken lässt. Oft sind es die Brüche im Leben von Stamms Antihelden, die den Geschichten eine unerwartete Wendung geben.

Der Leser entscheidet

Da ist zum Beispiel Heidi aus der Erzählung «Drei Schwestern». Die junge Frau hat es beinahe geschafft bis zur Zulassungsprüfung an die Wiener Kunsthochschule, aber eben nicht ganz. Auf der Zugreise nach Wien trifft sie ihren späteren Mann und Vater ihres Kindes; die Reise endet bereits in Innsbruck.

Jahre später hat sie mit dem Zeichnen wieder angefangen, auch wenn sie die Bilder vor ihrem Partner verstecken muss. Ob sie den Ausbruch wagt aus einem Leben, wie sie es nie haben wollte? So klar ist es nach der Lektüre nicht, Peter Stamm überlässt die Entscheidung seinen Lesern.

Die andere Frau

In der Erzählung «Brief» traut sich Johanna Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes endlich, seinen Schreibtisch zu räumen. Wenn sie ihren Mann früher manchmal im Büro abgeholt hat, ist er ihr jeweils ganz anders vorgekommen als zu Hause, entschiedener, lebendiger, humorvoller.

Und nun findet sie Briefe ihres Mannes an eine Frau, von deren Existenz sie all die Jahre keine Ahnung hatte. Die Geschichte eines Doppellebens und dessen Aufdeckung – eine klassische Konstellation. Bei Peter Stamm erfährt die Erzählung mit der unerwarteten Reaktion von Johanna ein überraschendes Ende.

Gefangen im Wahn

Eine neue Seite von Peter Stamm zeigt sich in der düsteren Geschichte «Videocity». Aus der Optik einer Kamera breitet der Autor das Lebensdrama eines Videoladen-Besitzers aus. Der Leser wird zum Zeugen von dessen Paranoia und dadurch zum unsichtbaren Verfolger, den der Videoladen-Besitzer so fürchtet. Gefangen in Wahnvorstellungen, findet dieser nur noch Trost in einem Video aus Kindertagen, das ihn in den Armen seiner längst verstorbenen Mutter zeigt.

Peter Stamm nähert sich seinen Figuren behutsam, verständnisvoll, er tritt ihnen nie zu nahe. Die einzelnen Geschichten sind knapp abgefasst; da ist kein Satz zuviel, aber jeder dieser Sätze sitzt.

Peter Stamm: «Wir fliegen», Erzählungen. S. Fischer, Frankfurt, 2008

Silvia Häcki-Eggimann ist Erwachsenenbildnerin und wohnt in Bösingen.

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