«Ich bin absolut überrascht, dass es so knapp ausgegangen ist», sagte Hervé Brügger, Syndic von Plasselb, gestern zum Ausgang der Fusionsabstimmung. 275 Plasselber hatten Ja zu einer Fusion mit Oberschrot, Plaffeien, Zumholz und Brünisried gesagt, 294 stimmten dagegen. Die Anzahl Nein-Stimmen führt er vor allem auf die Angst einiger Bürger zurück, ihre Eigenständigkeit und Identität zu verlieren. Ein Teil der Ablehnung gehe auch darauf zurück, dass die Fusion vom Kanton gesteuert worden sei und nicht von der Basis kam. «Die Leute haben genug davon, dass alles zentralisiert wird, dass es immer mehr Gesetze gibt und die Bevormundung steigt.»
Wie sein Amtskollege aus Brünisried nimmt der Plasselber Ammann an, dass vor allem ältere Bürger skeptischer gegenüber dem Neuen waren. «Die Zeit war fast reif, aber noch nicht ganz.» Es brauche vielleicht noch eine Generation, vielleicht werde das Thema bereits in zehn Jahren wieder aktuell oder noch früher.
Flugblätter hatten Einfluss
Die Syndics von Plasselb und Brünisried nehmen an, dass die Flugblätter der beiden pensionierten Lehrer die letzten Unentschlossenen gegen die Fusion aufgebracht haben. «Ich habe zwar ein Nein befürchtet, es aber niemals so klar erwartet», sagt Ammann Walter Marti. 158 Bürger hatten der Fusion zugestimmt, 221 hatten sie abgelehnt. Der Verfasser des Brünisrieder Flugblatts, Peter Haymoz, sei als langjähriger Mitarbeiter der Verwaltung und geschätzter Lehrer eine gewichtige Persönlichkeit, auf die viele, vor allem ältere Leute, gehört hätten. Er nimmt an, dass der grosse Unterschied des Steuerfusses–von heute 87,1 Rappen auf 98 Rappen für natürliche und 93 Rappen für juristische Personen nach einer Fusion–die grösste Wirkung gezeigt habe. «Es ist schade, dass wir anscheinend nicht genug klarmachen konnten, dass wir den Steuerfuss früher oder später sowieso erhöhen müssen.» Walter Marti bedauert es auch, dass sich die Gegner an den Informationsanlässen nie zu Wort gemeldet hatten, damit man ihre Vorbehalte mit sachlichen Argumenten hätte widerlegen können.
«Es ist der Entscheid des Volkes, und wir müssen ihn akzeptieren», so der Brünisrieder Ammann. «Wir werden weiter funktionieren», sagt er auf die Frage nach der Zukunft. Er habe ja nun 221 Kandidaten für die nächsten Gemeinderatswahlen, sagt er und zeigt, dass er seinen Humor nicht verloren hat. Die Gemeinde werde einiges umorganisieren, sagte er und sprach den Ausbau der Verwaltung und die Neuorganisation des Werkhofs an.
Der Plasselber Syndic hofft, dass das knappe Resultat das Dorf nicht spaltet. «Der Souverän hat entschieden, das muss man akzeptieren.» Allenfalls komme das Thema bei der Suche nach Gemeinderäten wieder auf, wenn die Befürworter sagen, dass die Gegner sich doch melden sollen. Er selbst stellt sich nicht mehr zur Wahl.
Otto Lötscher: «Kanton hat zu wenig geleistet»
N ein, es herrscht keine Siegerstimmung», so die Aussage von Otto Lötscher, Ammann von Plaffeien und Präsident der Arbeitsgruppe, welche die Fünferfusion vorbereitet hatte. Das klare Ja von Plaffeien, Oberschrot und Zumholz sei aber ein guter Teilerfolg (siehe Text unten). Er sei zufrieden, dass die Stimmbeteiligung mit durchschnittlich 62 Prozent sehr hoch war. In Brünisried und Plasselb lag sie sogar bei über 71 Prozent. «Das Nein zur Fünferfusion ist auch eine Niederlage für den Kanton», sagt Otto Lötscher. Er hatte das Fusionsgesetz bereits früher kritisiert, weil es zu wenig finanzielle Anreize für kleinere Gemeinden biete, um mit grösseren zu fusionieren. Wäre dies besser gelöst, hätten die Gemeinden bei einer Fusion mit einem tieferen Steuersatz rechnen können. Otto Lötscher ist überzeugt, dass dann beispielsweise im Fall von Brünisried die finanziellen Bedenken nicht so gross gewesen wären. «Der Kanton hat zu wenig geleistet, um uns Randgebiete zu entlasten.»
«Ich bin schon enttäuscht», sagt auch Irene Herzog, Gemeindepräsidentin von Zumholz. «Wir haben so viel Arbeit hineingesteckt und waren überzeugt, dass die Fünferfusion eine gute Sache ist.» Es gebe keinen Grund, sich zu freuen, sagt auch ihr Oberschroter Amtskollege Armin Jungo. Er ist überzeugt, dass finanzielle Vorbehalte in Brünisried zum klaren Nein geführt haben. «In Plasselb gaben eher emotionale Argumente den Ausschlag, die Befürchtung, fremdbestimmt zu sein.» «Alte Vorurteile und diffuse Ängste», ergänzt Irene Herzog die Liste der Gründe für ein Nein. Die beiden Neinsager-Gemeinden müssten nun beweisen, dass sie eigenständig bleiben und zum Beispiel bei den nächsten Wahlen Leute mobilisieren können, so Armin Jungo. Die klare Zusage der POZ-Gemeinden zur Fusion wertet er als Zwischenschritt. Die drei POZ-Syndics nehmen stark an, dass die Meinung über eine künftige Gemeinde mit drei Partnern auch bei der zweiten Fusions-Abstimmung nicht umschlagen wird. im
Die POZ-Gemeinden sind unter Zeitdruck
Oberamtmann: «Die logische Fusion»
Die Jugendlichen würden fusionieren
Während die Erwachsenen in Plasselb und Brünisried Nein zur Fünferfusion sagten, hätten ihr die Jugendlichen zugestimmt.
Bei der dritten Ausgabe der Jugendabstimmungen haben sich die Jugendlichen im Unterschied zu den Erwachsenen in allen fünf Fusions-Gemeinden für eine Fusion ausgesprochen. Wie der organisierende Verein Jugend und Politik Sense gestern mitteilte, lag die Stimmbeteiligung der Neuntklässler aus dem Oberland bei 53 Prozent. Eher enttäuscht ist der Verein von der Stimmbeteiligung der Sensler Jugendlichen bei den nationalen Vorlagen; sie lag bei 36 Prozent. Die Familieninitiative wäre von den Neuntklässlern mit 64 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt worden. Noch klarer verworfen worden wäre die Energiesteuer; dies mit 84 Prozent Nein-Stimmen. ak
Kommentar von Christoph Nussbaumer: Zeit für eine Denkpause
Keine Fünfer-Fusion im Sense-Oberland–keine Zehner-Fusion im westlichen Saanebezirk–keine Dreier-Fusion in Romont: Das staatliche Förderprogramm für Gemeindezusammenschlüsse hat am Wochenende einen herben Dämpfer erlitten. Die gleichzeitig zustande gekommenen Ja-Mehrheiten bei Fusionsabstimmungen im Vully und in Belfaux vermögen die Negativ-Bilanz nicht aufzuwerten. Fakt ist: Das kantonale Gesetz über die Förderung der Gemeindezusammenschlüsse erfüllt nur dort seinen Zweck, wo sich die Fusions-Idee mehr oder weniger harmonisch entwickelt: So wie zum Beispiel auch in Murten, wo der Zusammenschluss mit Courlevon, Jeuss, Lurtigen und Salvenach auf den 1. Januar 2016 bereits beschlossene Sache ist.
Anders ist es, wenn das Portemonnaie oder das Bauchgefühl der Leute ins Spiel kommt: Dann kann der Staat mit seinen Fördergeldern nichts ausrichten. Nicht von ungefähr endeten denn auch in Freiburg und Umgebung alle bisherigen Fusionsprojekte in der Sackgasse.
Angesichts der zuletzt gescheiterten Fusionsprojekte ist die Zeit reif für eine Denkpause. Der Staatsrat muss neue Ideen entwickeln, um die Gemeindefusionen zu fördern. Dabei wird er nicht umhin kommen, den Druck auf die Gemeinden zu erhöhen. Denn das zeigt die Entwicklung: Das bisherige System mit Anreizmassnahmen in Form von Fördergeldern funktioniert je länger, je weniger.