Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

«Plötzlich ist alles Politik»

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

«Plötzlich ist alles Politik»

Filmfestival Freiburg: Wie Schweizer Regisseure den Nahostkonflikt sehen

Noch nie waren am Filmfestival Freiburg so viele Schweizer Filme vertreten wie in diesem Jahr im Rahmen des Panoramas «Palästina/Israel im schweizerischen Gedächtnis». Am Freitag haben sich die Regisseure zum Gedankenaustausch getroffen.

Von CAROLE SCHNEUWLY

Auch wenn der Nahostkonflikt in der Schweizer Politik und in den Schweizer Medien schon lange vorher eine Rolle spielte, dauerte es bis in die Siebzigerjahre, bis das Thema auch von helvetischen Filmemachern aufgegriffen wurde. Zu den ersten, die sich – auf Wunsch der palästinensischen Befreiungsbewegungen – damit befassten, gehörten Francis Reusser («Biladi, une révolution», 1971) und Jean-Luc Godard («Ici et ailleurs», 1974). Beide waren damals militante Maoisten und drehten ihre Filme in einer Zeit, als in der Schweiz eine stark antiarabische Stimmung herrschte.

Demgegenüber seien die Achtzigerjahre gewissermassen eine «Wüste» gewesen, was die Beschäftigung schweizerischer Regisseure mit dem Nahen Osten angehe, sagte Alain Bottarelli, der das Panorama für das Festival zusammengestellt hat. Erst mit der ersten Intifada und den Osloer Verträgen habe das Thema wieder mehr Aufmerksamkeit erhalten. In jüngerer Zeit haben unter anderen Beni Müller («Levante – Ein Zajal im Morgenland», 1990), Rolf Lyssy («Ein Trommler in der Wüste», 1992), Richard Dindo («Genet à Chatila», 1999), Samir («Forget Baghdad, 2002) oder wiederum Jean-Luc Godard («Notre musique», 2004) Filme über Israel und Palästina gedreht.

Unterschiedliche Hintergründe

19 Filme von 16 verschiedenen Regisseuren respektive Regisseurenteams hat Alain Bottarelli für sein Panorama zusammengetragen. Zehn dieser Regisseure versammelten sich am Freitag im Kaleidoskop der FEW, um zusammen mit einigen anderen Interessierten über ihre Erfahrungen zu diskutieren. So unterschiedlich wie die Filme selbst sind auch die Hintergründe, die Motive und die Überlegungen ihrer Erschaffer. Dennoch sind im Verlaufe des Gesprächs einige Gemeinsamkeiten zutage getreten.

So sprachen mehrere der Anwesenden darüber, wie es sei, aus einem neutralen und friedensgewohnten Land in ein Krisengebiet zu kommen: «Ich habe mich fremd gefühlt und mich gefragt, was ich hier eigentlich mache», sagte Nathalie Flückiger, die 1998 einen Dokumentarfilm über den Aufbau eines Frauenzentrums drehte («A l’Horizon des pierres»). «Wenn man da ist, ist plötzlich alles Politik.» Diese Erfahrung machte auch Patrick Bürge bei den Dreharbeiten für «Al-Sabbar»: «Schon eine Kamera aufzustellen ist hier ein politischer Akt.» Und sogar Edna Politi, die ihre Kindheit in Beirut verbrachte und später unter anderem in Jerusalem lebte, stellte fest: «Plötzlich war ich mittendrin.»

Der richtige Moment

Einig waren sich die Filmemacher darüber, dass man nie genau wissen könne, welche Zukunft einem Film beschieden sei: «Jeder Film hat ein Eigenleben; er entwischt einem», sagte etwa Lucienne Lanaz, die mit «Douleur et révolte» 2003 einen Frauenfilm drehte aus Zeugenaussagen, die für das Buch «La Guerre à deux voix» gesammelt worden waren, und Filmsequenzen, die Laurence Déonna vor fast 20 Jahren gedreht hatte. Und Laurence Déonna, Schriftstellerin und Reporterin, fügte bei, dass es für jeden Film ebenso wie für jedes Buch den richtigen Moment gebe.

Dass Filme auch dann noch aktuell sein können, wenn sich die Umstände, unter denen sie entstanden sind, längst verändert haben, zeigen mehrere Beispiele aus dem Panorama. Francis Reusser sagte über «Biladi», er sehe diese Dokumentation heute weniger als Film denn als Archiv. «Wir glaubten damals, die Revolution gefilmt zu haben, filmten aber nichts anderes als Friedhöfe», zitierte er eine Aussage von Jean-Luc Godard.
Eine andere Erfahrung machte 20 Jahre später Beni Müller: «Ich habe im Nahen Osten etwas über den Frieden gelernt. Die Menschen dort pflegen einen gegenseitigen Respekt und Austausch, der uns fremd ist. Das hat mich viel stärker beeindruckt als der Krieg.»

Aus dem Panorama «Palästina/Israel» sind am Wochenende noch folgende Filme zu sehen: «Comme la mer et ses vagues » (Edna Politi, 1980): Sa., 10 Uhr, Rex 3; «Pour les Palestiniens, une Israélienne témoigne» (Edna Politi, 1974): Sa., 12.15 Uhr, Rex 3; «Al-Sabbar» (Patrick Bürge, 2000): Sa., 13.30 Uhr, Alpha; «Les Gants d’or d’Akka» (Nicolas Wadimoff, 1992): Sa., 17.30 Uhr, Rex 3; «Notre musique» (Jean-Luc Godard, 2004): So., 13.30 Uhr, Alpha; «Biladi, une révolution» (Francis Reusser und Jean-Pierre Garnier, 1971), anschliessend «Ici et ailleurs» (Jean-Luc Godard und Anne-Marie Miéville, 1974): So., 15 Uhr, Rex 3.

Die Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg zeigt bis zum 16. April eine Ausstellung mit Fotografien von Armand Deriaz, die während der Dreharbeiten zu «Biladi» im Mai 1970 in Jordanien entstanden sind.
Das Panorama gefällt

Alain Bottarelli zog am Freitag eine positive Zwischenbilanz über sein Panorama: Obwohl die Filme immer nachmittags gezeigt wurden, seien jedes Mal zwischen 50 und 80 Zuschauer gekommen. Die Leute hätten sich sehr interessiert gezeigt, und viele von ihnen hätten gar mehrere Filme aus dem Zyklus gesehen. Durchwegs positiv seien auch die Reaktionen der eingeladenen Regisseure. cs

Meistgelesen

Mehr zum Thema