Autor: Urs Hänni
Murten Bengala gibt es. Es ist ein Kleinstaat irgendwo bei … Na ja, ist ja egal. Auf alle Fälle sind in Bengala alle steinreich. Und mit den Bengalesen kann man fette Gewinne machen.
Sie zweifeln daran? Dann sei der Besuch der neuen Eigenproduktion des Kellertheaters Murten empfohlen. Da wird der Besucher an der Kasse vorbei zuerst ins Restaurant geführt. Dort gibt es eine Wechselstube, wo man Schweizer Franken in bengalische Bengudis umtauschen kann. 500 Bengudis für einen Franken. Das Cüpli für 3500 Bengudis, den Ballon für 1750 Bengudis. Zweifel sind schnell verflogen, sobald man echte Bengudis in der Hand hält, ausgestellt von der National Bank of Bengala.
Lukrative Geschäfte mit Bengala, wer will denn da abseits stehen? Das Kellertheater mit dem Stück von Jakob Tillmann sicher nicht, denn sonst hätte es «Bengala» kaum als diesjährige Eigenproduktion ausgewählt. Die Kellnerin des «Engel» (Gabi Binggeli) nicht, die Sekretärin Rita (Ursula Hänni) nicht, ebenso wenig der Lebemann Rolf (Hans Fankhauser) und dessen Frau Vera (Marlies Schneeberger). Da braucht es nur noch den entsprechenden Kontakt und das Insiderwissen. Den Kontakt zu Bengala stellt der Banker Jeanpierre her (Rolf Hotz), ein Mann mit besten Beziehungen. Er weiss alles über Bengala. Aktien, Obligationen und Verwaltungsratsmandate druckt er gleich auf seinem eigenen Printer aus, und überzeugen kann er ohnehin.
Doch Jeanpierre musste erst erleuchtet werden. Getan hat dies der Mond, in Form einer himmlischen Verführerin (Mirjam Hürlimann), die immer wieder für Antrieb sorgt, mal als Muse, mal als Teufel.
Die Folge ist ein rauschendes Fest zwischen Bengudis, Wertpapieren und Illusionen. Illusionen in Form von traumhaften Renditen, dem Traum vom Millionär oder dem Parkhaus Viehmarkt vor der Kulisse Murtens.
Da plötzlich hört der Strassenmusikant Manolo (Markus Bongni): «Bengala ist ein Phantom». Potz Million – das sorgt aber für Verwirrung. Der Banker Jeanpierre muss abtauchen, und die Illusionen lösen sich in Luft auf. Tatsächlich? Nein, nur die Leute werden ausgetauscht. Schon sorgt Jeanpierres Frau (Barbara Fryer) für Träume, und die Gier geht weiter. Oder haben Sie jemals davon gehört, dass Anlagestrategien, Zinseszinsen, Renditen oder Boni abgeschafft worden sind?
