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Priester klagt einen Gutachter an

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Ein katholischer Priester wurde verdächtigt, in den Jahren 1991 und 1992 zwei junge Frauen sexuell missbraucht zu haben. Die Diözese von Lausanne, Genf und Freiburg zeigte den Kirchenmann Anfang 2008 an. Die Untersuchung ergab, dass er zumindest der Angriffe auf die sexuelle Freiheit und Ehre schuldig war – dass die Taten aber verjährt waren und er darum nicht mehr angeklagt werden konnte. Der Priester fand, diese Verordnung verletze die Unschuldsvermutung; er ging deswegen bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser verurteilte die Schweiz denn auch wegen Verstosses gegen die Menschenrechte.

Im Juli 2009 eröffnete die katholische Kirche eine kanonische Untersuchung gegen den Priester. Die Offizialität der Diö­zese beauftragte einen Psychiater, aufgrund des Dossiers eine Persönlichkeitsanalyse des Mannes zu erstellen.

Die Richter der Offizialität entschieden im Februar 2011, der Priester sei des sexuellen Missbrauchs von Frauen schuldig, ebenso der Anstiftung zu sexuellen Handlungen während der Beichte. Die Kongregation für die Glaubenslehre entliess den Priester aus dem klerikalen Stand; dieser wehrte sich dagegen. Daraufhin konnte er Priester bleiben, unterliegt aber seither Auflagen und Einschränkungen.

Mitte 2012 zeigte der Priester den Psychiater an, der ein Gutachten über ihn erstellt hatte: Dessen Bericht sei verleumderisch. Das Kantonsgericht wies diese Klage ab: Die Sprache im Gutachten sei im medizinischen Jargon gehalten und habe nicht dieselbe abwertende Bedeutung, wie sie es in der Alltagssprache haben könne. Das Bundesgericht bestätigte diese Ansicht.

In der Würde eingeschränkt

Im November 2014 rief der Priester die Freiburgische Kommission für die Aufsicht über die Berufe des Gesundheitswesens und die Wahrung der Patientenrechte an: Der Psychiater habe sein Gutachten erstellt, ohne dass er davon gewusst habe – nur aufgrund des Dossiers, ohne ihn je gesehen oder ihn darüber informiert zu haben. Seine Aussagen seien nicht nur erlogen, sondern schränkten ihn auch in seiner Würde ein.

Im Mai 2016 entschied die Kommission, der Psychiater habe gegen die Patientenrechte über die Information verstossen und das Berufsgeheimnis verletzt. Sie sprach eine Verwarnung gegen den Arzt aus – dies, weil er seinen Bericht der Offizialität übergeben hatte.

Der Psychiater wehrte sich: Er habe seinen Bericht jener Instanz übergeben, die ihn beauftragt habe. Das Arztgeheimnis habe er nicht verletzt, weil gar keine therapeutische Beziehung zum Priester bestanden habe. Das Kantonsgericht hat in einem vor kurzem veröffentlichten Urteil dem Rekurs des Arztes stattgegeben. Allerdings befand es, der Psychiater sei sehr wohl dem Berufsgeheimnis unterstanden. Dieses sei sehr breit zu fassen. Er habe den psychischen Gesundheitszustand des Priesters analysiert – damit sei dieser sein Patient, auch wenn er das Gutachten nur aufgrund von Dossierwissen erstellt habe. Jede Patientin und jeder Patient habe das Recht, über seine Behandlungen zu entscheiden; deshalb müssten sie auch informiert werden, wenn ein Gutachten erstellt werde. Dies hätte aber die Diözese tun müssen, nicht der Arzt.

Das Kantonsgericht hält aber auch fest, dass ein Gutachter von seinem Berufsgeheimnis entbunden wird, wenn er einen Auftrag eines Gerichts erhalte: Er müsse diesem ein Gutachten abliefern. Daher habe der Psychiater nicht gegen das Berufsgeheimnis verstossen, als er der Offizialität sein Gutachten vorgelegt habe.

njb

Freiburger Kantonsgericht, Entscheid 603 2016 112

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