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Pro und kontra Volkswahl

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Jean-François Rime, Sie sind für die Volkswahl des Bundesrates. Glauben Sie, dass die Landesregierung dadurch gestärkt würde?

Jean-François Rime:Die Demokratie würde gestärkt. Und die Regierung könnte auch gestärkt werden. Seit einigen Jahren gibt es bei den Bundesratswahlen Spielchen. Die SVP, aber auch die SP haben darunter gelitten–beispielsweise, als Liliane Uchtenhagen von der SP nicht gewählt wurde, oder als SVP-Bundesrat Christoph Blocher abgewählt wurde.

 

 Jean-François Steiert, leidet Ihre Partei unter dem aktuellen Wahlsystem?

Jean-François Steiert:Natürlich haben wir schon Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt, die dann nicht gewählt wurden. Wir sind auch nicht grundsätzlich gegen eine Volkswahl. Wir sind aber dagegen, im ganzen System nur ein Puzzle-Teil auszuwechseln und den Rest rundherum stehen zu lassen.

 

 Was stört Sie an der Volkswahl des Bundesrats?

Steiert:Das würde die Demokratie schwächen, nicht stärken. Denn die Parteizentralen in der Deutschschweiz würden zu den wichtigen Schaltstellen bei der Nominierung der Kandidaten. So gäbe es nicht weniger und nicht mehr Mischlereien als heute, sie fänden einfach in den Parteizentralen statt. Zudem brächte die Volkswahl einen permanent polarisierten Wahlkampf; und das würde es erschweren, unter den Parteien Kompromisse zu finden. Doch genau dies macht die Schweiz aus: Heute braucht eine Partei noch zwei weitere Parteien, will sie ein Anliegen durchbringen.

Rime: Wahlen finden alle vier Jahre statt. Ob wir da nur den National- und den Ständerat oder auch noch gleich den Bundesrat wählen, macht doch keinen Unterschied.

Steiert:Bei den National- und Ständeratswahlen müssen wir die Bevölkerung in unserem Kanton überzeugen. Du kannst dazu auf den Plaffeier Markt gehen, ich auf einen Markt im Süden. Die Leute wissen, wen sie wählen. Bei einer Bundesratswahl wäre das Gebiet viel grösser, und es benötigte massiv mehr Geld.

Rime:Das Parlament kennt nicht immer alle, die es wählt. Ich glaube nicht, dass die Appenzeller Abgeordneten die SP-Politikerin Micheline Calmy-Rey kannten, als sie sie in den Bundesrat wählten.

Steiert:In einer Volkswahl entscheiden die Leute aufgrund von Plakaten. Und was macht ein Westschweizer, der nicht genügend Deutsch für die Arena kann? Das Parlament hat seit 1848 kaum ein Dutzend Bundesratsmitglieder gewählt, die nicht im Parlament sassen: Wir wissen, wen wir holen.

Rime: Bei den Bundesratswahlen werden immer Spielchen gespielt. Die Parteien nominieren zwar zwei Personen–doch gibt es eine Wunschkandidatur und eine Alibikandidatur.

 

 Wäre das nicht auch so, wenn die Parteien ihre Kandidaten für die Volkswahl nominieren?

Rime:Bei der Volkswahl gibt es immer eine Auswahl.

 

 Was ist denn am jetzigen Wahlprozedere so falsch, dass Sie es ändern wollen?

Rime:Seit 1959 hatten wir die Zauberformel für die Zusammensetzung des Bundesrates. Doch dieses Gleichgewicht unter den Parteien wurde gebrochen, als die SVP immer stärker wurde, aber keinen zweiten Sitz in der Landesregierung erhielt. Die stärkste Partei ist damit nicht angemessen im Bundesrat vertreten. Darum machen wir nun einen anderen Vorschlag.

 

 Bisher wurden SVP-Vertreter kaum in die Kantonsregierungen gewählt. Ist Ihr Vorschlag der Volkswahl nicht ein Schuss ins eigene Bein?

Rime:Das glaube ich nicht. Wir müssen das Volk entscheiden lassen. Auch bei der Linken sind viele für die Volkswahl, wie Micheline Calmy-Rey oder der Waadtländer SP-Regierungsrat Pierre-Yves Maillard. Andere sagen, dass sie zwar für die Volkswahl sind, aber sie stimmen nicht dafür, weil der Vorschlag von der SVP kommt.

Steiert:Es geht nicht darum, dass der Vorschlag von der SVP kommt. Aber bei einer Volkswahl möchten wir neun Bundesratsmitglieder, so dass der Kanton Tessin auch die Möglichkeit hat, vertreten zu sein. Beim jetzigen Initiativtext wird es zwei Romands oder einen Romand und einen Tessiner geben.

Rime:Das ist nicht gesagt.

Steiert:Kommt die Initiative durch, müssen wir im Kanton Freiburg festlegen, welche Gemeinde deutsch- und welche französischsprachig ist. Es gibt keine Zweisprachigkeit.

Rime:Das ist doch ein Detail, das betrifft nur ganz wenige Leute.

Steiert:Nein, das ist kein Detail. Das bedeutet: Es gibt Deutsch oder Welsch und nichts dazwischen. Gerade für uns an der Sprachgrenze ist die Zweisprachigkeit wichtig.

Rime:Es stimmt, CVP-Nationalrat Urs Schwaller hätte sich mit dieser Initiative bei seiner Bundesratskandidatur als Deutschschweizer bezeichnen müssen. Und das ist richtig so.

Steiert:Es gibt Leute, die nicht das eine oder das andere sind. Genau mit einer solchen Teilung in Französisch und Flämisch hat es in Belgien auch begonnen, und heute ist das Land gespalten.

 

 Der Ruf nach der Volkswahl kommt ursprünglich von der SP. Was hat sich in den letzten hundert Jahren geändert, dass Sie sich nun dagegen aussprechen?

Steiert:Die Volkswahl wurde bereits bei der Verfassungsgebung 1848 diskutiert. Die Befürworter wollten damit Bundesbern stärken; es war also eine Diskussion zwischen Zentralisten und Föderalisten. Und das ist noch heute so: Mit der Volkswahl würden die Parteizentralen mehr Gewicht erhalten. Die SP hat 1942 eine Initiative zur Volkswahl des Bundesrats lanciert–wie die SVP heute aus einer Enttäuschung heraus. Solche Reaktionen führen aber selten zu einer guten Politik.

 

 Jean-François Rime, wird bei einer Volkswahl nicht anstelle eines hart arbeitenden Team-Players der grösste Schwätzer gewählt?

Rime: Wer vom Volk gewählt werden will, muss kämpferisch sein. Heute fehlt uns ein Leader im Bundesrat; vielleicht wird der Freiburger SP-Bundesrat Alain Berset einer. Heute ist es aber so, dass die einzelnen Bundesräte sich nicht in die Geschäfte der anderen Departemente einmischen. Das wäre aber nötig.

 

 Und eine Volkswahl würde dies ändern?

Rime:Wer gewählt werden will, müsste kämpfen und das beweisen.

Steiert: Wenn du recht hättest, hätten wir in allen 26 Kantonsregierungen nur Kämpfer; das stimmt so aber nicht. Ich erwarte vom Bundesrat, dass er arbeitet und nach Lösungen sucht–und nicht, dass er in der Schweiz herumtingelt und Hände schüttelt.

Rime:Die erste Kandidatur wäre eine harte Arbeit, das stimmt. Einmal gewählt, hätte ein guter Bundesrat jedoch kaum mit einer Abwahl zu rechnen. Das sehen wir doch überall in der Schweiz.

Steiert:Ich denke nicht, dass durch eine Volkswahl nur noch Personen in den Bundesrat gewählt würden, die sich verantwortlich für das Ganze fühlen. Es ist offen, ob die, die im Volk gut ankommen, auch immer die Richtigen für dieses Amt sind. Ich mache mir aber auch Sorgen um die finanziellen Auswirkungen einer Volkswahl. Wollen wir Freiburger ins Bundesparlament, reichen zwei bis drei Monatslöhne für die Kampagne. In Zürich braucht es dazu schon mehrere 100 000 Franken. Für eine schweizweite Kampagne bräuchte es Millionen–das ist nicht gesund. Darum bräuchte es bei einer Volkswahl zumindest eine Transparenz bei der Finanzierung.

Rime:Ich bin immer erstaunt, wenn ich diese Argumente höre. Wir haben gesehen, dass man auch Kampagnen verlieren kann, für die man viel Geld ausgegeben hat. Die politischen Ideen sind wichtiger als das Geld.

«Seit einigen Jahren gibt es bei den Bundesratswahlen Spielchen.»

Jean-François Rime

Freiburger SVP-Nationalrat

«Die Volkswahl brächte einen permanent polarisierten Wahlkampf.»

Jean-François Steiert

Freiburger SP-Nationalrat

«Enttäuschungen führen selten zu einer guten Politik.»

Jean-François Steiert

Freiburger SP-Nationalrat

«Das Parlament kennt nicht immer alle, die es in den Bundesrat wählt.»

Jean-François Rime

Freiburger SVP-Nationalrat

Zur Person

Jean-François Rime, SVP, Bulle

Der 63-jährige Nationalrat Jean-François Rime ist Unternehmer in Bulle und seit einem Jahr Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands. 1989 bis 1991 war er Gemeinderat in Bulle–damals noch als FDP-Politiker. 2002 wechselte er zur SVP und wurde bereits 2003 in den Nationalrat gewählt. Rime hat Erfahrung mit Bundesratswahlen: Er hat 2010 und 2011 für das höchste Amt kandidiert.njb

Zur Person

Jean-François Steiert, SP, Freiburg

Der 52-jährige Nationalrat Jean-François Steiert ist Delegierter für interkantonale Angelegenheiten der Waadtländer Erziehungsdirektion. Von 1993 bis 1998 war er Zentralsekretär für Presse und Information der SP Schweiz, danach SP-Generalsekretär. Er sass von 1991 bis 2001 im Freiburger Generalrat; von 2002 bis 2007 gehörte er dem Grossen Rat an. Im Juni 2007 rutschte er in den Nationalrat nach.njb

Die Initiative: Bundesratswahl mit Minderheitenschutz

V or bald zwei Jahren hat die SVP die eidgenössische Volksinitiative «Volkswahl des Bundesrates» eingereicht. Am 9. Juni stimmt die Bevölkerung darüber ab.

Zwei «Lateiner»

Die Initiative will, dass künftig nicht mehr das Parlament die Bundesratsmitglieder bestimmt, sondern das Volk. Gleichzeitig schreibt sie vor, dass mindestens zwei Bundesratsmitglieder aus den Kantonen Tessin, Waadt, Neuenburg, Genf oder Jura, den französischsprachigen Gebieten der Kantone Bern, Freiburg oder Wallis oder den italienischsprachigen Gebieten des Kantons Graubünden stammen müssen. Neu würde der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin vom Bundesrat bestimmt. National- und Ständerat lehnen die Initiative ab – ebenso alle Parteien ausser der SVP.

1942: Initiative der SP

Bei der Gründung des Bundesstaates entschied sich die Verfassungskommission ganz knapp gegen die Volkswahl, und im Rahmen der Verfassungsrevision wurde sie 1874 erneut abgelehnt. 1900 fand die erste Volksabstimmung statt. Sie scheiterte ebenso wie ein Anlauf der Sozialdemokraten 1942.

In den Kantonen gilt heute die Volkswahl der Regierung; bei der Verfassungsgebung 1848 war dies erst in Genf so. In den anderen Kantonen bestimmte das Parlament die Regierung – das änderte sich zwischen 1847 und 1921. njb

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