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Psychologe Peter Wilhelm sagt: «Die momentane Unsicherheit ist schwer auszuhalten»

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Die Impfungen gegen Corona sind ein Licht am Ende des Tunnels. Aber für viele scheint der Tunnel noch sehr lange zu sein.
Corinne Aeberhard/a

Ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie leben wir noch immer mit Einschränkungen und stehen vor der dritten Welle. Die FN haben Psychologe Peter Wilhelm gefragt, was das mit uns macht.

Als Dozent am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Freiburg untersucht Peter Wilhelm in einer Studie, wie sich die Corona-Pandemie auf die Psyche auswirkt. Die Studie ist noch nicht beendet. Dennoch erklärt Peter Wilhelm im Gespräch, was die Pandemie mit uns macht und wie wir ihr begegnen können.

Peter Wilhelm, der Bundesrat spricht von der dritten Welle, wann es nächste Lockerungsschritte gibt, weiss man nicht. Welchen Einfluss auf die Psyche hat die aktuelle Situation?

Nicht zu wissen, was demnächst geschehen wird, führt zu Verunsicherung und dem Gefühl, ausgeliefert zu sein. Wir wissen nicht, wie lange es noch dauern wird, bis die Bedrohung, zu erkranken, vorbei ist und wir wieder zu unserem gewohnten Leben zurückkehren können. Das ist schwer auszuhalten.

Warum ist diese Unsicherheit so schwierig für uns?

Sie befördert das Gefühl, wichtige Bereiche unseres Lebens nicht mehr richtig unter Kontrolle zu haben. Eines unserer Grundbedürfnisse ist es aber, unser Leben selber steuern zu können.

Was können die Folgen dieser Unsicherheit sein?

Das allgemeine Befinden kann sich durch das Gefühl der mangelnden Kontrolle verschlechtern. Viele Aktivitäten, die uns Freude bereiten, sind schon lange nicht mehr möglich und Kontakte sind eingeschränkt. Wenn man Freunde und Familie nicht vor Ort hat, ist es sehr schwer, sich nicht einsam zu fühlen. Das sind Faktoren, die Resignation und Depression begünstigen. Manche Menschen konsumieren mehr Alkohol oder Drogen, um die negativen Gefühle zu dämpfen. Es wird mehr als sonst gegessen, weil gutes Essen eine Quelle positiver Gefühle ist. Es gibt auch Menschen, die aggressiv reagieren; Gewalt in der Familie hat zugenommen.

Stichwort Aggressivität und Widerstand: Lassen sich damit die Demonstrationen der Corona-Gegner erklären?

Menschen demonstrieren gegen die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie aus verschiedenen Motiven. Einige glauben nicht an die Existenz des Virus und vermuten, dass hinter den Massnahmen eine Verschwörung steht. Solche Auffassungen sind ein Versuch, das komplexe und zufällige Geschehen der Pandemie zu erklären und ihm einen Sinn zu geben. Andere sind durch die Massnahmen in ihrer wirtschaftlichen Existenz getroffen und protestieren deshalb. Eine andere Meinung öffentlich zum Ausdruck bringen zu können, gehört zum Wesen der Demokratie, auch in Pandemiezeiten. Nicht in Ordnung sind gewalttätige Proteste.

Warum ist es für uns so wichtig, Menschen im realen Leben und nicht nur über Video-Calls zu sehen?

Wir sind biologisch dafür programmiert, mit anderen Menschen in engem Kontakt zusammenzuleben. Der Mensch ist alleine kaum überlebensfähig. Kontakte vermeiden zu müssen, fällt uns schwer. Wir haben zwar technische Mittel, um in Kontakt zu bleiben. Aber verloren gehen dabei nonverbale Signale, Berührung und Geruch: All das liefert uns Information, ohne dass wir darauf bewusst achten.

Momentan lässt sich daran nicht viel ändern. Wie können wir besser mit der Situation umgehen?

Wie wir die Dinge betrachten und bewerten, ist wichtig. Es kann helfen, die Situation in einen anderen Bezugsrahmen zu setzen. Pandemien sind Naturkatastrophen und gehören zur Menschheitsgeschichte. Wir haben Glück, dass wir heute leben. Wir sind so gut gewappnet wie noch nie zuvor. Wir wissen sehr viel über dieses Virus und haben in kurzer Zeit Impfungen entwickeln können. Und wir leben in der Schweiz, einem reichen Land mit einem guten Gesundheitssystem und Politikern, die sich bemühen, die Krise in den Griff zu bekommen.

Menschen, die gerade wegen der Pandemie ihre wirtschaftliche Existenz verlieren, haben wahrscheinlich Mühe, das Ganze positiv zu sehen.

Es ist schlimm und sehr belastend, wenn die wirtschaftliche Existenz bedroht ist. Wenn jeder Tag Verluste bringt, ist der Wunsch, möglichst bald zur Normalität zurückzukehren, nur zu gut verständlich. Aber auch in dieser schwierigen Situation kann es helfen, den Blick zu verändern, zumal man die Situation selbst ja nicht verändern kann. Es gibt in der Schweiz staatliche Unterstützung und die Pandemie wird enden.

Ab wann ergibt es Sinn, sich professionelle Hilfe zu holen, wenn man sich sehr schlecht fühlt?

Wenn länger als zwei Wochen lang die Stimmung sehr getrübt ist, die Energie fehlt und man weniger Lust hat, Sachen zu machen, die früher Spass gemacht haben, ist es sinnvoll, Hilfe zu holen. Es gibt Online-Ressourcen und -Übungen. Wenn das nichts hilft oder man die Energie dazu nicht hat, sollte man die Hilfe einer Psychologin oder eines Psychologen in Anspruch nehmen.

Gibt es momentan überhaupt noch freie Termine bei Psychologen?

Die Nachfrage ist tatsächlich gestiegen, auch an der Psychotherapeutischen Praxisstelle des Psychologischen Departements. Aber es ist bei uns dennoch möglich, zeitnah einen ersten Termin zu erhalten.

Das zeigt, wie schwierig die Situation für viele Menschen ist.

Das stimmt. Es trifft Personen am stärksten, die bereits eine Verletzlichkeit aufweisen. Der mit der Pandemie einhergehende Stress und der Rückgang oder Verlust an Kontakt und Unterstützung sind Auslöser, die zu psychischen Problemen führen. Mit Abstand gesehen, ist die Pandemie eine globale Naturkatastrophe. Im Gegensatz zu Generationen vor uns, die in Europa Krieg und Verfolgung erlebt haben, kennen wir solche schwerwiegenden Krisen nicht. Die Corona-Pandemie ist unsere historische Herausforderung, die wir bewältigen müssen. Wir können aber optimistisch sein. Mithilfe der Impfstoffe werden wir die Pandemie bald überwinden.

Angebote

Hilfe bei Stress und Deprimiertsein

Wenn Sie merken, dass sich Ihre Stimmung verschlechtert, wenn Sie zu nichts mehr Lust haben oder sich Ihr Verhalten ungünstig verändert hat, können Sie sich an die Psychotherapeutische Praxisstelle des Psychologischen Departements wenden (Telefon 026 300 76 55).
https://www.unifr.ch/psycho/de/psychotherapie 

Online Hilfsangebote: https://bag-coronavirus.ch/hilfe/
https://www.psych.mpg.de/2628420/psychisch_gesund_bleiben_w_hrend_social_distancing.pdf  
https://starkdurchdiekrise.de/ 

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