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Wirklich ein alter Zopf?

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Wer religiös heiraten will, muss zuvor eine zivile Ehe eingehen. So will es das Gesetz bis heute. Nun wollen mehrere politische Vorstösse daran etwas ändern – dies der Anlass für ein Podiumsgespräch, welches kürzlich im Haus der Religionen in Bern über die Bühne ging. In seinem Einstiegsreferat erläuterte René Pahud de Mortanges, Professor für Rechtsgeschichte und Kirchenrecht an der Universität Freiburg, wie es zur heutigen Regelung kam: Die seit 1875 obligatorische Zivilehe wurde 1912 im Zivilgesetzbuch in Form eines Voraustrauungsverbots verankert. Vorangegangen waren Verbote einzelner katholischer Kantone, konfessionell gemischte Ehen einzugehen. Mit dem Gesetzesartikel wurde das Recht auf Ehe auch gemischt-konfessioneller Paare unter den Schutz des Bundes gestellt.

Blick über die Grenzen

Genau diesen «alten Zopf aus der Zeit des Kulturkampfs» möchte der Zürcher SVP-Nationalrat Claudio Zanetti mit einem Vorstoss abschneiden. Ihm geht es um die Freiheit der Einzelnen, die Lebensform zu wählen, die sie möchten. Dass jemand, der eine verbindliche religiöse Ehe eingehen will, dafür zuerst beim Staat vorbeigehen muss, während jemand, der im Konkubinat leben möchte, dies nicht muss, empfindet er als «Diskriminierung», wie er auf dem Podium sagte.

Ein Blick in andere Länder zeigt laut Pahud de Mortanges, dass ein Drittel der Menschen weltweit keine obligatorische Zivilehe kennt – «und sie überleben auch», so der Freiburger Professor. Er erwähnte unter anderem das italienische System, in welchem eine religiöse Eheschliessung ohne staatliche Registrierung möglich ist. Dies führe allerdings zu Problemen mit Polygamie und Zwangsheiraten. In Deutschland sei das Gesetz zur obligatorischen Zivilehe 2009 gestrichen worden; im Zuge der jüngsten Flüchtlingswellen sei 2017 jedoch wieder ein Verbot für die religiöse Trauung Minderjähriger eingeführt worden.

Seine Ausführungen nahmen vorweg, was auch in der anschliessenden Podiumsdiskussion deutlich wurde: Eine ausschliesslich religiöse Eheschliessung ohne «korsettierende staatliche Normen», welche unerwünschte Wirkungen verhindern, sei problematisch. Letztlich gehe es um eine Güterabwägung zwischen der Religionsfreiheit, dem Sozialschutz, Frauenrechten und der Autonomie des Individuums.

Alexandra Jungo, Professorin für Zivilrecht an der Universität Freiburg, zeigte den zivilrechtlichen und soziologischen Kontext der Fragestellung auf. Anhand einer Grafik, die einen Zusammenhang von Alter, Beziehungsform und Anzahl Kinder herstellte, zeigte sie auf, dass Schutz einer der Hauptgründe für eine Heirat sei: Menschen heiraten zum Schutz der Kinder, um im Alter geschützt zu sein oder um Erbschaften zu schützen.

«Hocherfreut» und «stutzig»

Ein besonderes Schlaglicht warf die Professorin auf das Thema Zwangsheirat. Hiervon betroffen seien meist Frauen unter 25  Jahren, Ausländerinnen mit prekärem Aufenthaltsstatus und geringer Bildung. «Wenn die religiöse Ehe ohne Zivilehe möglich wird, fällt die Kontrolle des Staates zum Schutz dieser Betroffenen weg», resümierte Jungo. Entsprechend müsse an dieser festgehalten werden, solange für nicht-eheliche Lebensformen wie etwa das Konkubinat nicht dieselben Rechte und Pflichten gelten würden.

Zanetti zeigte sich «hocherfreut» darüber, was sein Vorstoss ausgelöst hat. «Stutzig» mache ihn allerdings die Sache mit den Zwangsheiraten. «Da muss man etwas machen», so der SVP-Nationalrat, der aber dennoch daran festhielt, die Freiheit des Einzelnen, seine Lebensform zu wählen, höher zu gewichten als den Schutz einzelner Betroffener.

«Bei potenziell Zwangsverheirateten ist es zynisch zu sagen, auch eine Nichtheirat sei freiwillig», wandte David Rüetschi vom Bundesamt für Justiz ein. Eigenverantwortung funktioniere bei dieser Bevölkerungsgruppe nicht.

«Der Staat muss gewisse dispositive Normen zur Verfügung stellen.»

Claudio Zanetti

Zürcher SVP-Nationalrat

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