Am Rand des neu angefertigten Sumpfes im Papiliorama in Kerzers warten die kleinen Sumpfschildkröten darauf, ihr neues Zuhause erkunden zu können. Sie gehen fast unter in dem Getümmel von Leuten, die an diesem Samstag alle ihretwegen gekommen sind. Die Hitze ist gross, die Begeisterung der Leute ebenso. Caspar Bijleveld, Biologe und Direktor des Papilioramas, begrüsst die Versammelten und bedankt sich bei allen, die beim Bau des Tümpels mitgeholfen haben.
Die dunkle Kühle des Teiches, der voll ist mit Fröschen und Wasserpflanzen, ist perfekt für die Sumpfschildkröte, denn ihr ursprünglicher Lebensraum sind grosse Teiche und Seen. Die kleinen Tiere sind in der Schweiz fast verschwunden, nur noch ganz wenige leben in freier Wildbahn, und diese wurden meist von ihren Besitzern ausgesetzt. Einige Sumpfschildkröten wurden noch in den Kantonen Genf und Tessin gefunden.
Teil eines grossen Projekts
Schon im Mittelalter begann sich der Bestand an Sumpfschildkröten drastisch zu verringern. Denn die einzige einheimische Schildkrötenart der Schweiz wurde dazumal in grossen Mengen als Delikatesse verzehrt. Durch die Zerstörung ihrer Lebensräume wurde später auch der restliche Teil der Tiere fast ausgerottet. Das Papiliorama hat sich nun zur Aufgabe gemacht, die Art wieder zu züchten und ihr einen neuen Lebensraum zu bieten.
Mit der Anlage ist das Papiliorama Teil des Projekts Emys Schweiz (siehe Kasten), das sich für die Erhaltung und Wiederansiedlung der Sumpfschildkröte, die auf Lateinisch Emys orbicularis heisst, einsetzt. «Wir arbeiten schon jahrelang zusammen», äussert sich Bijleveld zur Zusammenarbeit des Papilioramas mit Emys Schweiz.
Und die Anlage in Kerzers ist nur der Anfang; viele Projekte, welche die Zucht von reinen Jungtieren dieser Art fördern, sind im Gange.
Ein neues Zuhause
Ein Strahlen geht über die Gesichter der anwesenden Kinder, als Papiliorama-Direktor Bijleveld verkündet: «Nun dürfen die Kleinen die Schildkröten freilassen. Den künftigen Generationen soll gezeigt werden, dass für die Erhaltung dieser kleinen Wesen gekämpft wird.»
Gespannt schauen alle zu, als die Kinder behutsam die Schildkröten in ihr neues Reich entlassen–und diese fühlen sich sofort sichtlich wohl. Mit einer für Schildkröten überraschenden Geschwindigkeit schwimmen sie zappelnd durch den Teich und verschwinden kurz in dessen dunklen Tiefe.
Emys: Die Sumpfschildkröte wieder ansiedeln
D as Projekt Emys Schweiz hat seinen Namen vom Tier, dessen Schutz es sich zum Ziel gesetzt hat, der emys orbicularis, der Sumpfschildkröte. Es steht unter der Leitung der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz und wurde 1999 gegründet. Ziel der Organisation ist es unter anderem, die Erhaltung der Sumpfschildkröten zu gewährleisten. Dies wird durch die Zucht reiner Jungtiere realisiert. Auch soll die Sumpfschildkröte langfristig in allen geeigneten Lebensräumen in der Schweiz wieder angesiedelt werden. In einer Testphase werden die Tiere in den Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin ausgewildert. kf