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«Rumhängen ist ja nichts Schlechtes»

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«Rumhängen ist ja nichts Schlechtes»

Autor: Marc Kipfer

Ein von dieser Zeitung lancierter Testkauf hat im Sommer aufgezeigt, dass sich selbst unter 16-Jährige in Murten problemlos mit Alkohol eindecken können (siehe FN vom 15. Juli 2008). Hinweise aus der Bevölkerung zeugen davon, dass sich Jugendliche regelmässig auf öffentlichen Plätzen betrinken. Die FN haben sich bei der Präventionsfachfrau Silvia Friedrich nach der aktuellen Lage im Seebezirk erkundigt.

Silvia Friedrich, wie lange dauert es noch bis zum ersten Botellón im Seebezirk?

Diese Veranstaltungen werfen tatsächlich die Frage auf, wo das mit der Trinkerei unter Jugendlichen noch hinführt. Glücklicherweise scheint sich das Konzept Botellón aber nicht durchzusetzen. Zeigen wird sich das nach dem Winter, wenn die Temperaturen draussen wieder ansteigen.

Solche Aufrufe zum Massenbesäufnis müssen für Sie als Präventionsfachfrau doch ein Horrorszenario sein.

Am Anfang hat mich das wirklich wütend gemacht, weil diese Entwicklung absehbar war. Es gab in den letzten 15 Jahren etwa 15 Liberalisierungsmassnahmen, massive Preissenkungen und eine ganze Palette attraktiver Getränke. Ich fragte mich, was passiert, wenn es nun jedes Wochenende so weitergehen sollte.

Haben Sie selber schon ein Botellón miterlebt?

Vor einem Monat war ich zufällig in Winterthur und hatte die Gelegenheit, mich am dortigen Botellón umzusehen. Um 23 Uhr war die Veranstaltung offiziell zu Ende. Viele sind danach nach Hause gegangen und waren nicht betrunken. Ich schätze, dass etwa ein Viertel anschliessend weitergetrunken hat.

Stimmen die Meldungen, wonach der Alkoholkonsum bei Jugendlichen rückläufig sei?

Laut einer landesweiten, repräsentativen Umfrage konsumieren die 12- bis 15-Jährigen etwas weniger. Die Umsatzmenge hat aber seit der Steuersenkung bei den Spirituosen zugenommen. Neuerdings auch wieder beim Bier.

Vor allem am Wochenende kommen viele Jugendliche betrunken nach Hause. Welche Fragen beschäftigen die Eltern, die an Ihre Diskussionsabende kommen?

Häufig wird gefragt, welche Grenzen man den Jugendlichen bezüglich Ausgang und Alkohol setzen soll. Und wie man am besten reagiert, wenn die Kinder betrunken nach Hause kommen. Wir sagen dann, dass es für Eltern wichtig ist, mit den Kindern im Kontakt zu bleiben und den Umgang mit Alkohol zu thematisieren. Es sollten gemeinsame Regeln und Abmachungen ausgehandelt werden.

Auch gut erzogene Jugendliche trinken doch, wenn sie Gruppendruck verspüren.

Es ist sinnvoll, solche Szenarien zu Hause durchzuspielen. Es kann einer Gruppe auch Eindruck machen, wenn jemand zu seiner Meinung steht. Wahrscheinlich werden solche Jugendliche nur einen Moment lang ausgelacht, falls überhaupt.

Man hört oft von zu vielen Freizeitangeboten für die Jugendlichen. Dennoch hängen diese nur rum …

Rumhängen ist ja nicht grundsätzlich etwas Schlechtes. Viele Jugendliche sind mit ihren Schulen und Lehrstellen so ausgelastet, dass sie sich in ihrer Freizeit nicht hundertprozentig engagieren möchten. Trotz des angeblichen Überangebots höre ich häufig von Jugendlichen, ihnen werde nichts geboten.

Gibt es im Seebezirk Orte, an denen dieses Problem besonders offensichtlich ist?

Wir hören immer wieder von der Seepromenade in Murten und vom Schulhausplatz in Kerzers. Dort konsumieren Jugendliche gemeinsam Alkohol. Das ist ein Problem, das typischerweise in regionalen Zentren auftritt.

Wer kann den Jugendlichen im Seebezirk etwas bieten, das ihren Bedürfnissen gerecht wird?

Eine Möglichkeit ist die Jugendarbeit, die es jedoch nicht in jedem Dorf gibt. Jugendliche brauchen Jugendräume und andere Treffmöglichkeiten, wo sie zusammen etwas unternehmen können, aber nicht müssen. Nach dem OS-Alter gehen viele allerdings nicht mehr dorthin.

Was kann konkret in Murten und Kerzers getan werden?

An allen Festen sollten die gesetzlichen Jugendschutzbestimmungen umgesetzt werden. Man könnte sich auch eine Intervention vor Ort überlegen, um mit den betroffenen Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Zudem muss man gelegentlich Anlässe organisieren, die sich an unter 18-Jährige richten. Es gibt nationale Programme wie etwa Midnight Basketball – ein zentraler Treffpunkt, wo man mitspielen, sich austauschen oder einfach zuschauen kann.

Ausserhalb solcher Veranstaltungen werden sich die Jugendlichen immer noch mit Alhohol eindecken können, wie unsere Testkäufe vom Juli gezeigt haben.

Die Verfügbarkeit ist ein zentrales Thema. Wir überlegen uns, an Alkoholtestkäufen mitzumachen, um die Geschäfte für ihre Verantwortung zu sensibilisieren. Für Verkaufspersonal bieten wir Schulungen an, die leider bisher nie in Anspruch genommen wurden.

Gibt es etwas, das Sie von der Politik erwarten?

Ganz klar stärkere Regulierungen. Nach Meinung der Fachleute müssten alle alkoholhaltigen Getränke teurer werden. Bier sollte zumindest etwas mehr kosten als Coca-Cola. Damit das Selbermixen aufhört, würde ich eine Besteuerung aller Ge-tränke pro Gramm Alkohol begrüssen. Auch die verlängerten Öffnungszeiten müssten wegen dem Alkoholeinkauf wieder rückgängig gemacht werden. Alkohol ist kein gewöhnliches Konsumgut.

Noch einmal zurück zu den Eltern. Glauben Sie, dass diese ihre Verantwortung wahrnehmen?

Teils, teils. Es gibt leider auch Eltern, die selber nicht wenig Alkohol trinken und das Thema verharmlosen. Allen Eltern sollte klar sein, dass Jugendliche schneller abhängig werden können. Und dann laufen sie Gefahr, dies ein Leben lang zu bleiben.

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