Sanierung der IV überfällig – aber wie?
Autor: walter buchs
Während der vergangenen fünf Jahre verbuchte die IV jährliche Defizite von über 1,4 Milliarden Franken, dies obwohl die Zahl der Neurenten ab 2003 deutlich zurückging. Demzufolge werden seit Jahren verschiedene Massnahmen zur Sanierung diskutiert.
Befristet mehr Einnahmen
Um die IV einzig mit Sparmassnahmen sanieren zu können, müssten die Renten um 40 Prozent gekürzt werden. Diesen sozialpolitisch unverantwortlichen Schritt zieht aber kaum jemand in Betracht.
Vielmehr schlagen Bundesrat und Parlament nun vor, die Mehrwertsteuer (MwSt) vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2017 anzuheben. Die Erhöhung war ursprünglich auf Anfang 2010 geplant, wurde nun aber wegen der Wirtschaftskrise um ein Jahr hinausgeschoben.
Der Normalsatz, der für die meisten Güter und Dienstleistungen anwendbar ist, stiege damit um 0,4 auf 8,0 Prozent an. Der reduzierte Satz für Güter des täglichen Bedarfs von 2,4 auf 2,5 Prozent und der Sondersatz für die Hotellerie um 0,2 auf 3,8 Prozent. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schätzt die Zusatzeinnahmen aus der Erhöhung der MwSt auf 1,1 Mrd. Fr. pro Jahr.
Abkoppelung von der AHV
Zusätzlich zu dieser finanziellen Entlastung der IV führt die Annahme der Abstimmungsvorlage auch zur Einführung des Bundesgesetzes über die Sanierung der Invalidenversicherung. Dieses Gesetz ist nicht direkt Teil der Abstimmungsvorlage, bei der es um eine Verfassungsänderung geht, aber inhaltlich an diese geknüpft.
Das Gesetz legt unter anderem fest, dass der Bund für den Zeitraum der MwSt-Erhöhung den Zins bezahlt, den die IV der AHV für ihre Schulden zahlen muss. Das sind rund 360 Mio. Fr. Durch die beiden genannten Massnahmen soll der Ausgabenüberschuss ge-mäss BSV übergangsweise beseitigt und die Schuldenspirale der IV somit gestoppt werden.
Bestandteil des erwähnten Gesetzes ist auch die Entkoppelung der IV von der AHV. Ihre Schulden macht die IV heute beim AHV-Fonds, der Reserven der AHV. Dafür zahlt die IV auch Zinsen. Wird das erwähnte Gesetz nach Annahme der Vorlage in Kraft gesetzt, erhält die IV einen eigenen Fonds, der mit fünf Milliarden Franken aus dem AHV-Fonds dotiert wird. Damit würden die Ausgleichsfonds der beiden Sozialversicherungen getrennt.
Die befristete IV-Zusatzfinanzierung, über die in zehn Tagen abgestimmt wird, steht nicht für sich alleine da. Sie ist der zweite Schritt eines dreistufigen Sanierungsplans. Den ersten Schritt hatte das Schweizer Volk mit der Annahme der 5. IV-Revision im Jahr 2007 getan. «Eingliederung vor Rente» war damals die Devise, was sich allerdings erst im Laufe der Jahre in den Finanzen niederschlagen wird.
Den dritten und letzten Schritt bildet die zweiteilige 6. IV-Revision. Der erste Teil, der jährliche Einsparungen von 570 Mio. Fr. bringen soll, ist derzeit in der Vernehmlassung. Der zweite Teil soll 2010 vorgelegt werden. Ziel des Ganzen ist eine ausgeglichene IV-Rechnung ab dem Jahre 2017.