Eigentlich ist es nur ein weiterer von bisher vier Ausbauschritten der Kompostieranlage Seeland: Gestern eröffnete die Firma eine 3,5 Millionen Franken teure neue Anlage, die aus Kompost Biogas produziert und diesen wieder der Kompostierung zuführt. Sie ist die grösste offene Kompostieranlage dieser Art; und eine Zwischenetappe hin zu Haldimanns Vision eines Biomassen- und Energieparks. Kostenpunkt: geschätzte 30 Millionen Franken. Die Planung für das Grossprojekt begann das Unternehmen vor sechs Jahren. Doch nach rechtlichen Komplikationen zog die Firma von Christian Haldimann die Notbremse. «Eigentlich wollten wir die kleine Anlage ja gar nicht bauen», räumt der Murtner Entsorgungs-Unternehmer an. Das dicke Dossier wurde aber zurückgestellt. Haldimann entschied sich wohl oder übel, die kleinere Anlage zu bauen. Sie ist die einzige dieses Umfangs in der Schweiz.
Erneuerbare Energie
Die neue Anlage wurde ab Sommer 2014 auf dem Areal des Kompostierungsbetriebs im Galmizer Chablais gebaut. Dafür wurden über 2000 Kubikmeter Erde ausgehoben und 85 Pfähle in den Boden gerammt. Im Frühling wurde die Anlage mit den ersten 20 Kubikmetern Rindergülle in Gang gesetzt und hochgefahren. Das gehe nicht von heute auf morgen, sagte Haldimann. «Das ist nicht ein Motor, den Sie auf Knopfdruck starten.» Die Biologie müsse erst aufgebaut werden. Nach ersten Tests und dem Start der Energieproduktion im Sommer begann gestern der Normalbetrieb.
Aktuell verarbeitet die Anlage 4500 bis 9000 Tonnen Kompost pro Jahr. Das Kernelement sind vier Boxen, die je 120 Kubikmeter Grüngut pro Füllung fassen. In diesen wird in einem rund drei Wochen dauernden Prozess Biogas produziert. Dann wird der Inhalt ausgetauscht. Die Biogasanlage liefert über ein Blockheizkraftwerk Strom für den Betrieb und kann den Verbrauch von 150 bis 300 Einfamilienhäusern ins Netz speisen. «Es war uns klar, dass wir nur von der Kompostierung allein langfristig nicht leben können und auch auf die Produktion von erneuerbaren Energien setzen müssen», so Haldimann. Zumal dieser Prozess politisch von den Lieferanten erwünscht sei. «Sonst würden wir langfristig Kunden verlieren, statt neue zu gewinnen.» Ausserdem fällt bei der Produktion Wärme an. Zurzeit wird diese auf dem Gelände selbst eingesetzt, unter anderem für die Trocknung von Kompost und Holzschnitzeln. Mittelfristig hofft Haldimann, die Wärme zu verkaufen. Erste Kontakte bestehen mit der Nachbargemeinde Bas-Vully.
Die 1991 gegründete Firma Kompostieranlage Seeland AG begann mit der Verarbeitung von 1000 Tonnen Grünabfällen auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern. Heute verarbeitet sie pro Jahr 30 000 Tonnen Abfälle auf einer Betriebsfläche von 17 000 Quadratmetern. Die Anlage ist eine der wenigen, die Kompostier- und Biogasanlage auf demselben Standort zusammenfasst. Das Unternehmen nimmt Grünabfälle an und liefert den Kompost an die Landwirtschaft, Private und den Gartenbau. Laut Haldimann ist die Nachfrage nach Kompost gross und kann kaum gedeckt werden. Deshalb und weil die Energiegewinnung aus Kompost heute als zukunftsträchtig betrachtet wird, sei die Umsetzung des Grossprojekts (siehe Kasten) nötig.
Zahlen und Fakten
25 Jahre Zeithorizont für das Grossprojekt
Für das Biomassezentrum plant die Kompostieranlage Seeland die Vervierfachung der Fläche von heute 17000 auf 67000 Quadratmeter. Die Anlage könnte im Endausbau 75000 Tonnen Grüngut verarbeiten und würde 11,8 Millionen Kilowattstunden Strom liefern. Genug, um 2400 Einfamilienhäuser mit Strom sowie 1100 Häuser mit Wärme zu beliefern. Zudem sind Solarzellen und eine Holzschnitzelheizung geplant. Weitere Elemente seien denkbar, doch: «Das ist eine Vision für die nächsten 25 Jahre. Bei einer so langfristigen Planung bestehen Unsicherheiten», sagt Firmenchef Christian Haldimann. Das Verfahren sei langwierig, kompliziert und vielschichtig. Er will Anfang 2016 das Gesuch für die Zonenänderung und für die erste Baubewilligung der Erweiterung einreichen. «Wir sind politisch auf einem guten Weg.» Er hoffe, 2018 bauen zu können.fca