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Schlechte Noten in politischer Bildung

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Schlechte Noten in politischer Bildung

Eine internationale Vergleichsstudie attestiert Schweizer Jugendlichen geringe politische Kenntnisse

Schweizer Jugendliche sind politisch weniger interessiert, engagiert und informiert als ihre Altersgenossen in anderen Ländern. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Vergleichsstudie unter der Leitung des Freiburger Pädagogik-Professors Fritz Oser.

Von CAROLE SCHNEUWLY

Rang 19 von 28 in Sachen «politisches Verstehen», Rang 21 beim «Interesse für Politik», Rang 25 bei der Bereitschaft, sich vor einer Wahl über die Kandidaten zu informieren, Rang 28 gar bei der Absicht, als Erwachsene überhaupt wählen zu gehen: Die dieses Jahr veröffentlichte Studie «Jugend ohne Politik» (siehe Kasten) stellt den Schweizer Jugendlichen im internationalen Vergleich kein gutes Zeugnis aus.

«Die Schweiz liegt bei vielen Ergebnissen zur politischen Bildung […] unter dem Durchschnitt.» Diese Feststellung nimmt Fritz Oser bereits im Einführungskapitel vorweg. Und weiter heisst es: «Diese Ergebnisse werden zwar keinen Schock auslösen, weil wir es schon lange gewohnt sind, demokratisch zu schlafen. Aber traurig ist es allemal, dass wir dort, wo wir politische Werte und Sensibilitäten bei der nächsten Generation entwickeln sollten, eher Gleichgültigkeit praktizieren.»

Gutes Demokratieverständnis

Oser und vier weitere Autoren (Horst Biedermann, Andrea Haenni Hoti, Carmine Maiello und Bernd Kersten) präsentieren die Ergebnisse der Schülerbefragung auf 240 Seiten, aufgeteilt in sechs Teilbereiche:
l Das «politische Wissen» ist bei den Schweizer Schülern durchschnittlich ausgeprägt, die «politische Interpretationsfähigkeit» hingegen unterdurchschnittlich. Beispiel: Nur 29 Prozent erkannten unter vier Möglichkeiten das zentrale Merkmal einer freien Marktwirtschaft (internationaler Durchschnitt: 47 Prozent).
l Das Demokratieverständnis von Schweizer Jugendlichen ist überdurchschnittlich; sie erkennen gut, was eine Demokratie fördert und was sie behindert. Interessante Ausnahme: Wenn von Ausländern erwartet wird, Sprache und Gewohnheiten ihres Herkunftslandes aufzugeben, so finden die Schweizer Befragten dies signifikant weniger demokratiehinderlich als ihre Altersgenossen in anderen Ländern. Unterdurchschnittlich ausgeprägt sind bei den Schweizern die Wertschätzung des Staatsbürgertums sowie die Bereitschaft zur staatsbürgerlichen Partizipation.
l Hinsichtlich ihrer Einstellung zu den Rechten der ausländischen Bevölkerung landet die Schweizer Jugend auf dem zweitletzten Platz (vor Deutschland). In Sachen Frauenrechte klassiert sie sich demgegenüber auf Rang fünf, gleichauf mit Finnland und Deutschland.

l Die Schweizer Schüler haben sehr grosses Vertrauen in staatliche Institutionen und liegen im Ländervergleich an dritter Stelle. Das Vertrauen in die Zeitungen liegt im Bereich des Durchschnitts, jenes in Fernsehen und Radio ist unterdurchschnittlich.

Wenig Interesse für Politik

l Schweizer Jugendliche interessieren sich wenig für Politik (33 Prozent), sind politisch unterdurchschnittlich aktiv und haben auch nicht die Absicht, dies als Erwachsene zu ändern.
l Die Schweizer Befragten lernen in der Schule, mit anderen zusammenzuarbeiten, Menschen mit anderen Ideen zu verstehen oder freie Meinungsäusserung zu praktizieren. Das Vertrauen in die Wirksamkeit dieser schulischen Partizipationsprozesse ist aber unterdurchschnittlich; die Schweiz liegt hier an drittletzter Stelle.

Ein separates Kapitel des Buches befasst sich mit der politischen Bildung in der Schule und den diesbezüglichen Einstellungen von Lehrpersonen. In seiner Schlussanalyse stellt Fritz Oser Forderungen an ein zeitgemässes System politischer Bildung in der Schweiz (siehe Interview).

Tessiner sind die «besten» Schweizer

Über die gesamtschweizerischen Ergebnisse hinaus erweist sich auch ein Vergleich zwischen den Sprachregionen als interessant. Oser gegenüber den FN: «Sehr grob vereinfacht könnte man sagen: Die Tessiner sind die Schweizer, die Romands die kritischsten und die Deutschschweizer die kapitalistischsten.»

Dem Staatsbürgertum etwa wird von den Tessinern die grösste, von den Romands die geringste Bedeutung beigemessen. Den Deutschschweizern ist die Verantwortung der Regierung für die Wirtschaft am wenigsten wichtig, die Welschschweizer haben am wenigsten Vertrauen in die Medien, für die Tessiner ist die Gleichstellung der Frauen am wenigsten bedeutsam.

«Politik ist nicht schmutzig»

Problem erkannt, Problem gelöst? Studienleiter Fritz Oser fordert eine systematische politische Bildung in den Schweizer Schulen.

Mit FRITZ OSER
sprach CAROLE SCHNEUWLY

Welches ist die Haupterkenntnis der Studie?

Das Erschütternde ist, dass die Schweiz im Vergleich zu 27 anderen Ländern in vielen Bereichen unter dem Durchschnitt liegt. Interessant sind aber auch die Ausschläge in die andere Richtung, etwa das grosse Vertrauen in Gerichtsbarkeit und Regierung. Viele scheinen zu denken: «Die da oben machen es schon richtig.» Das Problem ist nicht nur eine allgemeine politische Erosion oder Apathie, sondern liegt zu einem grossen Teil auch bei der Erziehung.

Die Politabstinenz der Jungen hat also verschiedene Ursachen?

Die Forschung kann natürlich nur Hypothesen aufstellen. Ich denke, es handelt sich tatsächlich um eine Mischung aus verschiedenen Ursachen: postmoderne Grundhaltungen («Ich mache, was mir gefällt»), ein Manko an politischer Bildung in der Schule und das wachsende Gefühl, dass Mitbestimmung nicht die Wirkung hat, die man erwartet.

Was ist nun aus pädagogischer Sicht zu tun?

Wir brauchen eine systematische und einheitliche politische Bildung in den Schweizer Schulen. Im Buch schlagen wir mindestens zwei Zeitfenster im neunten und im zwölften Schuljahr vor. Den Schülern muss ein positives Schweiz-Bild vermittelt werden. Sie müssen lernen, was demokratische Mitbestimmung ist und wie sie sich gesellschaftlich engagieren können. Man muss sich ja nicht einmal positiv engagieren. Engagement kann auch negativ sein. Aber wer sich gar nicht engagiert, hat kein Demokratieverständnis.

Also lieber punktuelles Engagement als gar kein politisches Interesse…

Ja. Dazu gehört auch, dass man die Politik nicht immer als etwas Schmutziges darstellt, sobald Menschen unterschiedlicher Meinung sind. Dass Menschen sich einsetzen und sich wehren, ist wichtig. Junge Menschen übersehen oft, dass es neben der Regierung auch noch die Öffentlichkeit gibt. Diese funktioniert als Korrektiv gegenüber Regierung und Parlament. Die Öffentlichkeit muss die Regierung hinterfragen und kritisch begutachten.

Studie mit 90 000 Jugendlichen

28 Länder aus vier Kontinenten haben sich an der internationalen Vergleichsstudie «Civic Education» beteiligt. In diesen Ländern wurden im Jahr 1999 insgesamt 90 000 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 14 und 15 Jahren auf ihr politisches Verstehen, ihr Demokratieverständnis, ihr politisches Engagement und ihre politischen Einstellungen gete

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