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Schweigegelübde: Einfach mal die Klappe halten

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Für dich Erlebt

Autor: Yannick Schaller

Schweigegelübde: Einfach mal die Klappe halten

Es ist eine dieser Situationen, in denen man sich wünscht, niemanden zu treffen, den man kennt. Sei es, weil man nach einer durchzechten Nacht erst morgens nach Hause schleicht, weil die Friseuse ein Tick zu kreativ war oder weil man einfach nicht in Stimmung ist. Wie es diese Situationen aber so an sich haben, trifft man eben genau auf die Leute, die man meiden will. In meinem Fall sind das alle Leute, die ich kenne. Denn ich habe beschlossen, für diese Kolumne zwei Tage lang zu schweigen. Wie ein Mönch, ein Schweigegelübde, nur ohne Kloster und ohne Bibel.

 

Dabei hatte das Experiment sehr angenehm angefangen. Bis zur ersten Kaffeepause verlangte nämlich niemand wirklich nach einem vertieften Gespräch. Anstatt «Guten Morgen» zu murmeln, muss ich einfach ein breites Grinsen mit einem energischen Kopfnicken kombinieren und die Leute sind zufrieden.

 

Doch wenn die Zeitungen durchgelesen und die ersten paar Arbeitsstunden überstanden sind (natürlich ohne Telefon), verlangen die Menschen nach Worten. Also schreibe ich. Alles, was sich nicht mit einfachen Gesten (Daumen hoch, Daumen runter, Mittelfinger) oder Gesichtsausdrücken mitteilen lässt, muss auf Papier. Nach zwei Stunden merke ich, dass ein paar Standardantworten ausreichen. «Es ist ein Experiment. Für die Zeitung.» «Zwei Tage.» «Ja, das mach ich freiwillig.» «Nein, wirklich.»

 

Damit ist das Interesse an meiner Person auch schon erschöpft. Die Leute wenden sich lieber den Tagesthemen zu und debattieren angeregt über Schiedsrichter-Fehlentscheide und Atomkraftwerke, während ich in die Isolation abdrifte. Ich frage mich allmählich, wie es wohl meiner Stimme geht. Das Verlangen, einfach einen Ton von mir zu geben, wird stärker. Nicht, dass ich meine Stimme mag. Aber ich will wissen, ob noch alles funktioniert. Ich kämpfe dagegen an. Still.

 

Nach zwei Tagen Schweigen habe ich keine Lust mehr. Auf das Gelübde, auf die Menschen und vor allem die stillen Selbstgespräche. Denn ich muss feststellen, dass ich mir nicht gerade viel zu sagen habe ausser «Hast du die gesehen?» oder «Hunger! Besorg uns mal was zu essen!» und «Wo hast du nur die Schlüssel liegen lassen?» Es ist frustrierend und einsam. Und wer das nicht glaubt, der soll jetzt einfach mal die Klappe halten.

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