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Die Handlung muss erkennbar bleiben

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Martina Janková ist keine Künstlerin, die sich nur für die Musik interessiert. Die 47-jährige tschechisch-schweizerische Sopranistin sitzt im Café des Berner Warenhauses Loeb und kommentiert pointiert die Politik in Tschechien. Seit über 25 Jahren lebt Jan­ková in der Schweiz, ist hier verheiratet und hat einen Sohn. Doch die Vorgänge in ihrer Heimat beschäftigen sie. So etwa, wenn Kommunisten in Tschechien wieder im Parlament sitzen. «Dafür haben meine Eltern und Václav Havel nicht gekämpft.» Auch die Abspaltung der Slowakei bedauert sie nach wie vor. «Eigentlich gehören wir zusammen.»

Doch eigentlich wollen wir über die Musik sprechen. Anlass dazu sind die 30. Murten Classics, die von heute Donnerstag bis am Sonntag, 2. September, dauern. Martina Janková wird am Festival als Artist in Residence drei Konzerte bestreiten (siehe Kasten).

 

Martina Janková, Sie sind in der kommunistischen Tschechoslowakei aufgewachsen. Wie muss man sich eine Kindheit im Kommunismus vorstellen?

Der grosse Unterschied zu Westeuropa war sicher, dass Mütter früh wieder zur Arbeit mussten. Der Vollbeschäftigung und Produktivität wurde im kommunistischen System alles untergeordnet. Dadurch verbrachte ich meine Kindheit unter der Woche bei meiner Grossmutter in einer anderen Stadt in Mähren.

 

Das stelle ich mir nicht einfach vor.

Weg von zu Hause zu sein, ist für ein Kind sicher nicht einfach. Andererseits hat mich diese Trennung auch zur Musik gebracht. Meine Grossmutter hatte während des Tages wenig Zeit für mich, so spielte ich oft alleine im Garten. Dabei hörte mich ein Nachbar singen, der Professor an der lokalen Musikhochschule war. Er begann, mich musikalisch zu fördern, und verschaffte mir als Vierjährige meinen ersten Auftritt. Später empfahl er meinen Eltern, ich solle die Musik zum Beruf machen.

«In Tschechien wäre ich wohl nicht die Sängerin geworden, die ich heute bin.»

Martina Janková

Sopranistin

 
 

Wie haben diese reagiert?

Meine Mutter war schnell überzeugt. Mein Vater hingegen war Ingenieur. Er stellte sich nicht dagegen, blieb aber jahrelang skeptisch. Erst als ich ihn zu Produktionen mit den grossen Dirigenten wie John Eliot Gardiner eingeladen habe, begann er zu realisieren, dass ich eine erfolgreiche Karriere verfolgte.

Anfang der Neunzigerjahre verliess Martina Janková Tschechien. Dank des Falls des Eisernen Vorhangs besuchte sie unter anderem Kurse in Österreich, wo sie erstmals von der Musikakademie in Basel hörte. Janková studierte in Basel sowie am Opernstudio in Zürich. 15 Jahre sang sie im Ensemble des Zürcher Opernhauses. Heute lebt sie als freie Sängerin in Bern.

 

Sie sagten, Sie seien der Schweiz dankbar.

In Tschechien wäre ich wohl, wenn überhaupt, nicht die Sängerin geworden, die ich heute bin. Denn aufgrund seiner Geschichte wurden in Tschechien vorwiegend Stücke des russischen oder tschechischen Fachs gespielt, wie etwa Dvořáks Oper «Rusalka». Stücke meines Stimmfachs, wie Oratorium, Lied oder Barock­opern, wurden nicht oder nur selten gespielt. Das war in der Schweiz ganz anders. In Westeuropa hatte ich somit Auftrittsmöglichkeiten, die ich in Tschechien nie gehabt hätte. Andererseits habe ich in der Schweiz auch meinen Traummann gefunden, mit dem ich heute einen Sohn habe.

 

Sie sind ein sogenannter lyrischer Sopran. Wie erkennt man sein Stimmfach und die entsprechenden Möglich­keiten und Grenzen?

Das ist ganz ähnlich wie im Fitnessraum. Sie sollten sich nicht 150 Kilogramm Gewicht auflegen, wenn ihre Muskeln nur 80 Kilogramm tragen können. Die Stimme besteht ebenfalls aus Muskeln. Opern von Strauss oder Wagner oder auch der russischen Komponisten beanspruchen diese Muskeln anders als etwa eine Mozart­oper. Singt man Opernpartien, die nicht dem eigenen Stimmfach entsprechen, droht eine falsche Belastung der Stimmmuskeln, was zu langwierigen Schäden der Muskulatur führen kann.

 

Die Murten Classics stehen dieses Jahr unter dem Motto «Unterwegs – En chemin». Auswandern und sich neu einzuleben ist oft nicht einfach. Wie haben Sie die Ankunft in der Schweiz erlebt?

Für mich war das aus zwei Gründen weniger schwierig. Ich konnte hier einerseits meinen Traumberuf leben. Andererseits war für mich der Wechsel auch sozial weniger einschneidend, als man denken könnte. Denn in der Musikakademie und am Zürcher Opernhaus waren wir zu einem gros­sen Teil Ausländer, die ihre Heimat für ihren Beruf verlassen hatten. Wir bewegten uns unter Gleichgesinnten, was uns auch Halt gab. Als ich später meinen Mann kennenlernte, knüpfte ich immer mehr Kontakte zu Einheimischen.

Operngänger beklagen sich zuweilen über allzu moderne Inszenierungen bekannter Opern wie etwa Mozarts Zauberflöte. Wie stehen Sie zu solchen Modernisierungen?

Einerseits muss man sehen, dass diese Werke oft vor mehreren 100 Jahren entstanden sind und ihre Welt den heutigen Opernzuschauer oft nicht mehr viel sagt. Ich begrüsse es deshalb, wenn sich Regisseure bemühen, die Geschichte einer Oper in der Gegenwart anzusiedeln. Ich sang zum Beispiel in einer Inszenierung von Mozarts «Nozze di Figaro», in der der Regisseur die Handlung in einer englischen Grafschaft der Zwanzigerjahre angesiedelt hatte. Das ist vielen Menschen eher ein Begriff, als die Welt des 18. Jahrhunderts. Die Grenzen liegen für mich dort, wo die Inszenierung der ursprünglichen Handlung der Oper zuwiderläuft. Ein Regisseur darf provozieren, aber die Grundzüge der Geschichte nicht vergewaltigen.

Was machen Sie, wenn Sie in einer solchen Inszenierung mitspielen?

Ich prüfe die Angebote für Engagements. Wenn die Inszenierung zu absurd ist, lehne ich ein Engagement ab. So musste ich auch einmal der Mailänder Scala absagen. Ich ging damit das Risiko ein, dass sie mich nicht mehr fragen. Glücklicher­weise wurde ich trotzdem wieder engagiert.

 

Nikolaus Harnoncourt, Sir Neville Marriner, Sir John Eliot Gardiner: Ihre Biografie liest sich stellenweise wie das «Who’s Who» der klassischen Musik. Wie fühlt es sich an, mit Männern zu arbeiten, die die klassische Musik revolutioniert haben?

Was diese Männer ausmacht, ist ihre reife Persönlichkeit. Sie haben eine unglaubliche Erfahrung. Und sie haben eine ganz eigene Art, sich der Partitur anzunähern. Sie haben sich mit einer unvorstellbaren Liebe zum Detail in die Probenarbeit vertieft. Oft trafen wir uns als Ensemble vor jeder Opern­aufführung mit Maes­tros wie Harnoncourt, um Details zu üben und einen homogenen Klang zu finden. Diese grossen Musiker haben meine Art des Übens geprägt. Ein grosser Name ist aber keine Voraussetzung, um ein guter Dirigent zu sein.

 

Dirigenten haben den Ruf, Egozentriker und Choleriker zu sein.

Man erlebt unter den Dirigenten das ganze Spektrum an Charakteren, wie die jetzige MeToo-Debatte in der klassischen Musik zeigt. Ich habe einen Dirigenten erlebt, der mir gedroht hat, er engagiere mich nicht mehr, wenn ich nicht mit ihm schlafe. Da musste ich mich vehement wehren. Andererseits gibt es tatsächlich die ungeduldigen und auch cholerischen Maestros. Oft möchten die genialen Dirigenten und Regisseure schneller vorankommen. Es fällt ihnen schwer, zu verstehen, dass andere ihren Gedankengängen nicht so schnell folgen können. Doch ich habe insgesamt mit den meisten Dirigenten positive Erfahrungen gemacht.

 

Worauf freuen Sie sich an den Murten Classics am meisten?

Der Liederabend vom Sonntag mit Liedern von Leoš Janáček wird für mich ein besonderes Erlebnis. Denn Janáček begleitet mich mit seinen Liedern seit meiner frühen Kindheit quasi durchs Leben.

Zum Programm

Zwei Konzerte sind ausverkauft

Martina Janková liest heute Abend Texte zu Bedřich Smetanas Zyklus «Mein Vaterland». In der Abschlussgala vom 2. September spielt sie in Mozarts «Zauberflöte» Pamina. Diese Konzerte sind ausverkauft. Am kommenden Sonntag gestaltet Janková zudem einen Abend mit Liedern von Frédéric Chopin und Leoš Janáček.

sos

 

Infos: www.murtenclassics.ch

 

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