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«Mir war lieb, wenn das Publikum lachte»

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In diesen Tagen hätte Kaspar Zehner zum letzten Mal als künstlerischer Leiter das Festival Murten Classics in Angriff genommen. Doch die diesjährige Ausgabe fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Im Interview mit den FN blickt Zehnder zurück auf seine Arbeit in Murten.

 

Kaspar Zehnder, warum geben Sie die künstlerische Leitung gerade jetzt nach 22  Jahren ab?

Ich übernahm die Murten Classics mit 29 Jahren. Dieses Jahr werde ich 50-jährig. Das ist auch als Dirigent ein gutes Alter, um noch einmal etwas ­Neues zu wagen.

 

Nun fällt ausgerechnet Ihre letzte Festivalausgabe der Corona-Pandemie zum Opfer. Was ging Ihnen durch den Kopf, als sich die Situation immer mehr zuspitzte?

Ich hatte lange Zeit, mich auf eine Absage vorzubereiten. Man sah ja im Frühjahr immer deutlicher, was auf die Schweiz zukommt. Damals dachten wir noch, wir könnten mit einem Entscheid bis im August zuwarten. Schliesslich sagten wir das Festival aber schon Anfang Mai ab. Der Druck aus dem Umfeld war zu gross geworden. Sponsoren und Publikum wollten Klarheit. Aber wenn ich sehe, wie viele Klassikfestivals diesen Sommer stattfinden können, frage ich mich schon, ob wir uns nicht doch zu früh festgelegt haben. Das schmerzt.

 

Was verpassen wir mit der Absage dieses Festivals?

Ich hatte für dieses Festival das Motto «Meilensteine» ausgesucht. Ich bezog mich dabei einerseits auf Meilensteine der Musikgeschichte, aber auch auf Meilensteine der Murten Classics und aus meiner persönlichen Festival-Geschichte. So hätte ich in der Abschlussgala zum ersten Mal Beethovens neunte Sinfonie dirigiert. Dieses Werk hatten wir in Murten noch nie. Auf der anderen Seite hatten wir etwa das Violinkonzert von Beethoven mehrmals im Festivalprogramm. Dann gibt es Stücke mit einer speziellen Beziehung zu Murten: Robert Radecke etwa war der Urgrossvater des verstorbenen Murtner Pfarrers.

 

Nun gibt es im Januar ein Mini-Festival, um Sie gebührend zu verabschieden. Was bedeutet Ihnen diese Geste?

Ich finde es schön, dass ich mich doch noch mit einigen Konzerten von Murten verabschieden kann. Anders als bei den abgesagten Murten Classics steht im Januar mein Abschied im Zentrum. Ich werde bei den meisten Konzerten irgendwie mitwirken. Dabei spiele ich oft mit musikalischen Weggefährten zusammen. Das Mini-Festival wird eine Konzertreihe, die ich ohne Druck geniessen kann. Das ist der Vorteil der Situation: Der Abschied wird so weitaus entspannter als mit einem normalen Festival, bei dem ich stets unter Strom stehen würde.

Wie haben sich die Murten Classics in den letzten 22  Jahren verändert?

Das Festival war 1999 viel kleiner und dauerte nur drei Tage. In der Zwischenzeit wurden die Murten Classics grösser und auch selbstbewusster. Wir konnten das Festival professionalisieren, ohne die familiäre Atmosphäre zu verlieren.

 

Wie haben Sie sich verändert? Haben Sie die Festivals in den letzten Jahren anders vorbereitet als in den ersten Jahren?

Als ich das Festival 29-jährig übernahm, war ich künstlerisch ein Heisssporn. Ich konnte in Murten vieles ausprobieren. Nicht alles hat funktioniert. Das ist wie bei einem Kind. Man muss auch einmal auf die Nase fallen. Viele Werke habe ich in Murten zum ersten Mal dirigiert. Wenn man sie später neu erarbeitet, klingen sie reifer als beim ersten Mal. Zu Beginn war ich auch unsicherer. Ich war nervös gegenüber dem Orchester, gegenüber dem Publikum, aber auch gegenüber der Presse. Mit der Erfahrung lässt man sich auch durch Misserfolge weniger aus der Ruhe bringen. Man darf scheitern, so lange man gut vorbereitet ist.

 

Welche künstlerischen Ideen funktionierten besonders gut?

Einmal programmierten wir «Die Jahreszeiten» von Joseph Haydn im Murtner Schlosshof. Die Kombination der Naturstimmungen in diesem Oratorium und im Schlosshof war ein Erlebnis. Unvergesslich bleibt auch die Meditationsnacht im KiB. Meine Frau und ich spielten abwechselnd die «Chants de Nectaire» von Charles Koechlin. Das sind 96 Stücke für Flöte solo. Das Publikum sass oder lag am Boden und konnte sich wie bei einer Prozession mit Fruchtsaft bedienen. Sie tranken quasi den Nektar, der den Stücken den Namen gibt.

 

Gibt es auch Ideen, die nicht so funktionierten, wie Sie sich das vorgestellt hatten?

In unserem Format «Offen für Neues» gingen wir immer Risiken ein. Wir wagten uns oft an interdisziplinäre Projekte und kombinierten zum Beispiel Musik mit Videos oder Text. Längst nicht alle dieser Ideen waren erfolgreich. Probleme gab es oft, wenn die künstlerische Idee und deren Interpretation nicht von der gleichen Person kamen.

 

Welche Konzerte bleiben Ihnen in Erinnerung?

Geht es um Namen, denke ich spontan an Mihaela Ursuleasa. Die rumänische Pianistin war 2011 als Artist in Residence bei uns zu Gast. Ein Jahr später starb sie nur 33-jährig. So etwas vergisst man nicht. Ansonsten erinnere ich mich aber eher an einzelne Programme als an Künstler. Denn wir stellten immer das Programm in den Vordergrund, nicht die illustren Namen. Zu meinen persönlichen Highlights gehören Opernaufführungen wie Mozarts «Zauberflöte», Donizettis «Elisir d’amore» oder Bizets «Carmen». Auch in der Kammermusik hatten wir oft Perlen, spontan denke ich an die berührende «Winterreise» mit Christoph Prégardien.

Nach 22 Jahren als künstlerischer Leiter können Sie wohl viele Anekdoten ­erzählen.

Oh ja! Mir war immer lieb, wenn das Publikum lachte. Der Schlosshof bot dazu viele Gelegenheiten. Normalerweise sollten die Schiffe während der Konzerte nicht «hornen». Manchmal interagierte aber trotzdem ein Schiffshorn mit der Musik. Oder auch ein Feuerwerk. Einmal hatte das Publikum nur Augen für einen Zeppelin, der ganz langsam über den Schlosshof flog. Als wir endlich das Konzert fortsetzen wollten, machte der Zeppelin kehrt und flog noch einmal über den Schlosshof. Solche Momente machen den Charme der Freiluftkonzerte aus. Zu diesem Charme gehören natürlich auch Wetterkapriolen. Zuweilen war ein Gewitter heftiger als vorausgesagt, und wir mussten während des Konzerts in die Deutsche Kirche zügeln. Für die Musiker war das einerseits anspruchsvoll, andererseits brachte es auch eine gewisse Lockerheit. Anekdoten gab es auch neben der Bühne: Nach dem Konzert fuhren wir oft mit den Künstlern in einem Motorboot auf den See hinaus. Einmal starb der Motor ab, und wir mussten oder durften den Sternenhimmel länger geniessen, als wir das eigentlich geplant hatten.

Was werden Sie an den Murten Classics vermissen?

Ich werde vor allem die Menschen in Murten vermissen. Dann aber natürlich auch die schönen Sommerabende. Ausserdem hatte ich mit den Murten Classics eine Spiel­wiese, auf der ich viel Freiraum hatte, mehr als fast überall sonst.

 

Was sollte Ihr Nachfolger erhalten, damit das Festival erfolgreich bleibt?

Die Murten Classics sind stark in der Region verankert. Diese Verankerung sollte auch er pflegen. Ich würde ihm auch raten, die Vielfalt der Gefässe zu erhalten. Inhaltlich und in der Auswahl der Künstler soll Christoph-Mathias Müller aber viele eigene Akzente setzen.

 

Wie geht es für Sie persönlich weiter?

Mit dem Wegfall der Murten Classics wird ein Pensum von rund 40 Prozent frei. Die Lücke ist mit Konzerten, Tourneen, Opern-Produktionen und Aufnahmen mittelfristig gefüllt. Ich bleibe noch weitere zwei Jahre Chefdirigent in Biel-Solothurn und leite nach wie vor die Philharmonie im tschechischen Hradec Králové. Was ich nach 2022 mache, wird sich in der nächsten Zeit zeigen.

Das Porträt über Kaspar Zehnders Nachfolger Christoph-Mathias Mueller lesen Sie am kommenden Montag in den FN.

Ersatzprogramm

Ein Winterfestival als Abschied

Die Murten Classics 2020 fallen dem Coronavirus zum Opfer. Wie die Organisatoren in einer Mitteilung schreiben, wollen sie den abtretenden künstlerischen Leiter Kaspar Zehnder mit einem kleinen Ersatzfestival verabschieden. So finden zwischen dem 27. und dem 31. Januar fünf Konzerte in der Deutschen und der Französischen Kirche in Murten statt. Geplant sind drei Kammermusikkonzerte, ein Barockkonzert und ein Tag mit acht Uraufführungen zeitgenössischer Komponisten, die vor Ort anwesend sein werden. Den Abschluss bildet ein Orchesterkonzert. Das genaue Programm geben die Organisatoren mit dem Beginn des Vorverkaufs bekannt.

Auf der Website der Murten Classics findet sich zur Zeit ein Link «Das digitale Festival 2020». Als die Organisatoren das diesjährige Sommerfestival absagen mussten, war der ausführliche Festivalführer bereits fertiggestellt. Wie Festivaldirektorin Jacqueline Keller erklärt, habe man die Programmtexte trotz Absage auf der Website aufgeschaltet, um sie nicht ungenutzt verfallen zu lassen. Auf diese Weise könnten Interessierte zum Beispiel die entsprechenden Werke auf Youtube hören und dazu die Texte aus dem Festivalführer lesen.

sos

 

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