Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Die Kontrolle

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Heute, wenn du das liest, habe ich eine Kontrolle. Also nicht ich kontrolliere, sondern ich werde kontrolliert. Es ist eine jener Kontrollen, die alle über sich ergehen lassen müssen, die eine Krankheit hinter sich haben, die man wohl eindämmen konnte, aber nie ganz sicher sein kann, ob sie nicht immer noch irgendwo schlummert und plötzlich wieder aufwacht und noch härter zuschlägt, als je zuvor. Nach, mit Hängen und Würgen, überstandener Chemo- und Strahlentherapie, nachdem ich wieder schlucken konnte, Essen und Trinken nach Essen und Trinken schmecken und nicht nur nach Karton und Sägemehl, auf dem Kopf die Haare spriessen und das Gesicht, das dir im Spiegel entgegen schaut, immer mehr deinem eigenen gleicht, muss ich jetzt erneut zur Kontrolle. Ich erinnere mich gut, als ich die «situationsbedingt» äusserst aggressiven Therapien überstanden hatte. Es war Frühling geworden, die Tage wurden länger, am Bach spross der Bärlauch, in der Hand hielt ich die erste Forelle, und bald schon wuchsen die ersten Spargeln. Nach all dieser finsteren und kalten Zeit war ich einfach nur glücklich.

Und dann kamen die Kontrollen, alles schien auf gutem Weg. Ich schöpfte Hoffnung und fand wieder Vertrauen in meinen eigenen Körper. «Bin ich jetzt geheilt?», fragte ich den Herrn Professor. Der schaut mich verwundert an und antwortete sehr ernst: «Bei dieser Art von Krankheit sprechen wir nicht von Heilung, wir sprechen von einer Remission. Als Arzt sollte Ihnen dies eigentlich bekannt sein». Natürlich weiss ich das, als Arzt, aber ich bin hier als Patient und möchte einfach nur hören, dass alles wieder gut wird!

Wörtlich übersetzt heisst Remission nachlassen, zurückschicken (wo wohnt der Absender?); in diesem spezifischen Fall bedeutet es einfach ein gutes Behandlungsergebnis. Gerade deswegen sind regelmässige Kontrollen notwendig …. zu Beginn ziemlich engmaschig, dann in immer grösseren Abständen. Mit der Grösse der Abstände wächst auch die Hoffnung, der Mut und manchmal leistet man sich gar eine Prise Übermut.

Doch irgendeinmal kommt wieder ein Kontrolltermin. Was ich lange erfolgreich verdrängt hatte, ist plötzlich wieder da. Wir Menschen sind nun einmal «Weltmeister» im Verdrängen. Ob Tiere auch verdrängen können? Haben wir darum überlebt, weil wir, egal, was passiert, versuchen vorwärtszuschauen? Doch bei so einem Termin holt uns die Vergangenheit unerbittlich wieder ein. Plötzlich bekommen «Allerwelt-Beschwerden» eine ganz andere Bedeutung. Das Schluckweh, das Nasenbluten, irgendein Unwohlsein, Appetitlosigkeit, es wird doch nicht? Hat es damals nicht genauso angefangen? Heimlich, vor allem nachts, wenn drängende Fragen den Schlaf rauben, taste ich meinen Hals, meinen Nacken ab. Spüre ich da eine Verhärtung? Ist da nicht eine Drüse geschwollen? Wenn der Termin doch schon vorbei wäre! Zuerst aber muss ich in die «Röhre». Da liege ich nun, hilflos, fühle mich ausgeliefert. Ich schliesse die Augen, versuche zu träumen. Fühle mich nur noch einsamer, keine Träume, nur das aggressive, monotone Klopfen der Maschine. Warum dauert es bloss so lang? Letztes Mal ging es doch viel schneller. Warum bloss ist diese hinterhältige Krankheit ausgerechnet bei mir ausgebrochen? Anderseits, warum sollte sie ausgerechnet bei mir nicht ausbrechen? Werde ich bestraft? Gibt es irgendwo im unendlichen All nicht nur den liebenden Gott? Gibt es da auch einen bösen rachsüchtigen Geist? Ja gut, ich habe gefehlt, ich habe Strafe verdient. Aber dann soll er mir doch auch die Zeit lassen, die Strafe «abzusitzen», oder noch besser, er soll mir doch wenigstens eine Chance geben, einiges wiedergutzumachen. Aber das braucht doch Zeit … viel Zeit. Ob ich es mit Beten versuche? Hört dieses Klopfen denn nie auf? Wurde etwas entdeckt? Doch nicht etwas Negatives? Selbstverständlich etwas Negatives, drum macht man ja die Kontrollen. Remission oder Progression? Mir fällt auf, wie die gleichen Worte in einem anderen Zusammenhang eine ganz andere Bedeutung bekommen.

Plötzlich Stille! Von ganz weit her höre ich eine Stimme, wie von einem Engel: «Monsieur, ça va? On a fini!»

Zum grossen Glück ist es die Stimme eines irdischen Engels. Und nun sitze ich im Warteraum und warte auf das Ergebnis der Untersuchung.

PS: Das Lied zum Text: Pete Seeger «Both Sides Now».

Der Düdinger Franz Engel ist pensionierter Arzt und verbringt seine freie Zeit mit Fischen und dem Hüten der Enkelkinder. Als Gastkolumnist bearbeitet er im Auftrag der «Freiburger Nachrichten» in regelmässigem Rhythmus selbst gewählte Themen.

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema