Vier Gartenstühle mit gelben Kissen stehen am Holzzaun vor der Alphütte Untere Recardets, eine halbstündige Wanderung von Schwarzsee Bad entfernt. Der Zweck der Stühle ist klar: Hier sollen Besucherinnen und Besucher die Aussicht auf den Schwarzsee geniessen. Die ist von der Alphütte aus wahrlich fantastisch. Nicht nur der Schwarzsee ist im Blick, sondern auch die Kaiseregg. Rund um die Gartenstühle pickt ein Huhn am Boden herum. Es hat keine Augen für die Aussicht – oder sich schon längst daran gewöhnt.
Aus dem Büro auf die Alp
Peter Wyss betrachtet das Huhn und sagt: «Gestern hatten wir noch fünf Hühner, heute nur noch vier. Da hat wohl der Fuchs oder der Adler eins geholt.» Sorge liegt in seiner Stimme, genauso wie zuvor Begeisterung in der Stimme seiner Frau Margrit lag, als sie von den 78 Rindern erzählte, welche die beiden auf der Alp sömmern. Man merkt: Den beiden liegt viel an den Tieren, die sie hier auf 1260 Metern über Meer betreuen.
Dabei hatten Margrit und Peter Wyss bis vor wenigen Jahren noch keine Kuh von nahem gesehen. Die beiden kommen aus dem Solothurnischen und haben ihr Leben lang im Büro gearbeitet, bis sie sich vor einigen Jahren frühpensionieren liessen. Letztes Jahr waren sie erstmals als Hirten auf der Alp Untere Recardets und sind es nun in der zweiten Saison. «Wir haben uns damit einen Traum erfüllt», sagt Peter Wyss. «Klar ist es körperlich anstrengend, aber wir sind immer in der Natur und unser eigener Chef. Wir sind sehr gerne hier.»
Margrit Wyss ergänzt: «Man hat manchmal das Gefühl, man müsse weit weg, dabei liegt das Interessante grad vor der Haustür.» Sie meint damit besonders die Rinder, die sie betreuen. «Wir sind beeindruckt davon, wie sensibel die Tiere sind und wie fein sie auf unsere Körpersprache reagieren», sagt Margrit Wyss. Die Tiere leben auf der Alp nahe bei den Menschen: Von der Küche können Margrit und Peter Wyss durch eine verglaste Tür direkt in den Stall blicken.
Buvette nebenbei
«Mit den Tieren sind wir einen grossen Teil des Tages beschäftigt, die Buvette betreiben wir nebenbei», sagt Peter Wyss. Sie ist von Mittwoch bis Sonntag geöffnet; Getränke und kleine Snacks zur Selbstbedienung gibts aber im kleinen Chalet Seeblick neben dem Haus auch an den Ruhetagen – oder wenn Peter und Margrit Wyss gerade auf den Weiden beschäftigt sind und die Gäste nicht sofort sehen. Weils in der Alphütte keinen Stromanschluss hat, gibt es in der Buvette keine grossen Menüs. «Fondue und Raclette machen wir nur auf Voranmeldung», sagt Margrit Wyss. Ihre Spezialität ist das kalte Recardets-Plättli mit Käse und Fleisch. «Es ist uns wichtig, dass wir frische und regionale Produkte verwenden», betont Peter Wyss. So stammt die Wurst von Hochlandrindern von der Alp Hürli auf der anderen Seite des Schwarzsees.
Dazu empfiehlt sich besonders an heissen Tagen der selbst gemachte, erfrischende Holunderblütensirup des Paars. Mit ihm haben die beiden ein kleines Stück Heimat mit auf die Alp genommen: Der Holunder für den Sirup kommt nämlich aus dem Solothurnischen.
Wenn Wanderer gerade zur Mittagszeit vorbeikommen, dürfen sie gegen ein Entgelt von 15 Franken ein Mittagessen mit dem Hirtenpaar teilen. «Wir kochen sowieso immer für vier, und wenn uns jemand Gesellschaft leistet beim Zmittag, finden wir das schön», sagt Margrit Wyss. «Da entstehen interessante Gespräche.»
Die FN besuchen im Rahmen einer Sommerserie verschiedene Alphütten im Kanton Freiburg. Die Alphütte Untere Recardets liegt ca. 30 Minuten Fussmarsch von Schwarzsee Bad entfernt; Wegweisern Richtung Charmey/Untere Recardets folgen.
Video
Zu Besuch bei Margrit und Peter
Die beiden Gastgeber haben die FN in der Alphütte herumgeführt und ihre Spezialitäten aufgetischt.
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