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«Wenn ein Bär hinter dir her ist, fluchst du einfach»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Mit bitterbösem Scharfsinn, aber auch mit erfrischender Schlitzohrigkeit schaut Simon Enzler den Leuten auf den Mund und die Finger – und hält dem Publikum den Spiegel vor. Der Kabarettist aus Appenzell Innerrhoden ist nächste Woche mit seinem Programm «Wahrhalsig» zu Gast in Tafers.

 

Simon Enzler, den meisten Leuten kommt nie ein Witz in den Sinn, wenn sie einen erzählen sollen. Ihnen schon, habe ich einmal gelesen. Hätten Sie uns gerade einen?

Jesses. Nein. Da müsste ich tatsächlich zuerst studieren …

Das ist ja das Bild, das wir vom Appenzeller haben: schlagfertig, immer einen Spruch parat. Die verschiedenen Figuren, die Sie auf der Bühne spielen, sind aber eher griesgrämig, zynisch. Wie ist er denn, der Appenzeller?

Er ist eigentlich ein interessierter Mensch. Es nimmt ihn wunder, was abgeht und läuft. Der Grat zwischen Interessiertheit und «Gwonder» ist aber schmal. Die Appenzeller kippen gerne in den «Gwonder», wollen alles wissen. Gleichzeitig geben sie aber nicht gerne etwas von sich selber preis. Da hätte ich jetzt anstatt eines Witzes eine Anekdote: Treffen sich zwei Appenzeller. Fragt einer: «Wie häässisch du?» Der andere: «Manser.» Der eine: «Jä, Manser, von wo?» Der andere: «Vom Dorf.» Der eine: «Jä, aber von wo vom Dorf?» Der andere: «I will ke Bsuech.»

Ihr neues Stück heisst «Wahrhalsig». Ein Wortspiel?

Ja, aus «Wahrheit» und «waghalsig». Wahrheit ist im Zeitalter von Donald Trump ja eine neue Kategorie geworden. Wahrheit ist nicht das, was stimmt, sondern das, was anderen glaubhaft gemacht werden kann. Und überhaupt: Den Mut zu haben, die Wahrheit zu sagen, kann auch ein Risiko sein, etwas Waghalsiges. Die Leute haben es manchmal lieber, wenn sie angelogen werden, weil sie die Wahrheit nicht hören wollen. Auch darum geht es im neuen Stück.

Donald Trump hat Ihnen also beim Schreiben auf die Sprünge geholfen?

Ja. Einen grossen Sprung habe ich seinetwegen aber nicht gemacht! Ich habe schon politischere Programme geschrieben. Hier geht es vielmehr um den Menschen, die Menschheit und deren Entwicklung, den täglichen Wahnsinn.

Typisch für Ihre Stücke sind Figuren, die sich in einen Wutanfall hineinsteigern, bis es ihnen den Deckel lupft – und dann nach Herzenslust fluchen. Manche Leute kommen ja gerade darum zu Ihren Vorstellungen.

Es gibt auch die anderen, die sagen: Ich gehe nicht, der flucht mir zu viel. Es ist aber schon so: Ich fluche in diesem Stück weniger als auch schon, und da sind Leute gekommen und haben gesagt: Schade!

Wieso dieses Fluchen?

Ich fluche nicht einfach, damit die Leute lachen. Es gibt schlicht und ergreifend Situationen, in denen eine Figur die Contenance verlieren muss. Die Figuren, die ich auf der Bühne darstelle, bestechen dadurch, dass sie menschlich sind, dass sie eine Fallhöhe haben. Wer nicht ab und zu die Fassung verliert, ist nicht ehrlich. Gut, es muss ja nicht gerade jeder so flippen wie ich …

Darf man denn im Zeitalter der politischen Korrektheit überhaupt noch fluchen?

Ja, mein Gott! Wenn ein Bär hinter dir her ist, dann singst du keine Arie. Dann fluchst du einfach. Dieser Kontrollverlust hat eine enorm wichtige Funktion. In England haben sie eine Studie gemacht, bei der die Probanden ihre Hand möglichst lange in einen Kübel mit Eiswasser halten mussten. Die einen durften fluchen, die anderen nicht. Wer fluchte, hielt es länger aus. Es ist also wissenschaftlich bewiesen: Wer mit Schmerz umgehen kann, indem er flucht, ist schlag­kräftiger.

Es gibt ja Gemeinsamkeiten zwischen Innerrhoden und dem Sensebezirk: ländlich, katholisch, eher konservativ. Sie haben schon mehrfach in Tafers gespielt. Haben Sie das Gefühl, Ihre Figuren kommen hier besonders gut an?

Die Lage in einem schwarzkatholischen Randbezirk, eine bemerkenswerte Sprache: Das hat sicher zur Folge, dass wir ähnlich ticken. Ein ausgewanderter Appenzeller, der im Freiburgischen lebt, hat mir erzählt, er fühle sich da gerade deshalb sehr wohl. Der einzige Unterschied zwischen Freiburg und Appenzell ist vermutlich: Wir in Appenzell haben keine Uni.

Die Appenzeller und die Freiburger haben ja noch etwas gemeinsam: Man macht Witze über sie. Hätten Sie uns denn vielleicht einen Witz über die kleinen Appenzeller?

Nein … Aber eine Beobachtung: Ich kann mir jetzt erklären, warum die Appenzeller so klein sind. Wir haben unlängst das Elternhaus meines Vaters renoviert, ein altes Bauernhaus. Da haben wir fünf alte, übereinandergelegte Böden herausgerissen. Immer wieder war offenbar ein neuer Boden eingebaut worden. Da haben sich die Appenzeller irgendwann wohl gedacht: Am besten wachsen wir nicht mehr, sonst schlagen wir nur den «Grend» an der Decke an.

Tafers, Aula OS. Sa., 1. Februar, 20 Uhr.

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