Sie kämpft für ein längeres Leben von Kleidern und Alltagsgegenständen

Der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit ist auch beim alltäglichen Konsumverhalten in vollem Gang. Statt bei jeder Gelegenheit ein neues Kleidungsstück oder Smartphone zu kaufen, macht es Sinn, Gegenstände länger zu benutzen oder sie zumindest weiterzuverkaufen. Das Märit-Lädeli in Zollhaus lebt genau diese Philosophie.

Tausende Kleider, Elektronikgeräte oder Spielzeuge werden in der Schweiz jedes Jahr entsorgt, obwohl sie jemand anderes noch gebrauchen könnte. Das ist alles andere als nachhaltig. Am Samstag wirbt deshalb der nationale Secondhand Day für einen sinnvolleren Konsum. Dieser Wiederverwendung verschrieben, hat sich auch das Märit-Lädeli in Zollhaus in der Gemeinde Plaffeien.

Wir geben der Ware ein zweites Leben, und das ist ein schönes Gefühl.

Das sagt die Betreiberin des Ladens Sylvia Zbinden. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen an diesem Donnerstagnachmittag. Ein Ehepaar bringt ein paar alte Küchenutensilien vorbei, während zwei Frauen die im Laden angebotenen Kleider durchstöbern. «Man kennt uns hier langsam», sagt die 66-jährige Zbinden, «viele Kundinnen und Kunden kommen regelmässig vorbei.» Die Kundschaft sei bunt durchmischt, auch Jugendliche seien sehr an Secondhand-Kleidung interessiert. «Das scheint im Trend zu liegen.»

Aus der Not geboren

Angefangen, Secondhand-Artikel zu verkaufen, hat sie vor mehr als 40 Jahren. «Wir hatten damals nicht viel Geld und sammelten Kleider für unsere Kinder», erzählt die ehemalige Bäuerin aus Guggisberg. «Es ist dann aber so viel zusammengekommen, dass wir eine Kleiderbörse veranstalteten.» Daraus sei dann nach und nach ein Laden entstanden, der ursprünglich nur zweimal pro Woche geöffnet war.

Der Laden ist inzwischen täglich offen, viel verdienen würde sie aber nicht, so Zbinden. «Wir verkaufen die Artikel sehr günstig. Es muss einfach reichen, um die Miete zu bezahlen», sagt Zbinden. Und ab und zu spende sie etwas den Schulen für ein Lager oder der Spitex. «Ich mache das alles aus Freude, reich werde ich dadurch nicht.»

Coup d’Pouce mit Rekord

Dass die Wiederverwendung von Gegenständen im Trend liegt, merkt auch die Stiftung Emploi Solidarité, welche im Kanton Freiburg fünf Secondhand-Läden unter dem Namen Coup d’Pouce betreibt. Sie hat in den letzten Monaten mehr Artikel denn je verkauft, wie der Direktor der Stiftung, André Bovigny, auf Anfrage sagt: «Wir haben im Jahr 2021 mehr als eine halbe Million Artikel verkauft, das ist ein absoluter Rekord.» Während der Corona-Zeit seien die Menschen wohl für das Thema Nachhaltigkeit sensibler geworden, sagt Bovigny als Begründung. «Andererseits sind viele Leute auch in finanzielle Schwierigkeiten geraten und waren deshalb auch auf günstige Alternativen angewiesen.»

Allgemein würde er aber feststellen, dass das Interesse an Secondhand-Artikeln in den letzten zwei Jahren zugenommen hat. «Vor allem junge Leute sind sehr sensibel, was das Thema Nachhaltigkeit betrifft», so Bovigny. «Unsere Klientel ist nach meiner Einschätzung eher jünger geworden in den vergangenen Monaten.»