«So naiv sind Sie nicht»
18 Monate Gefängnis bedingt für Hanfbauer aus dem Seebezirk
Ein Landwirt ist vom Bezirksgericht See am Mittwoch zu einer bedingten Haftstrafe von 18 Monaten verurteilt worden. Vom beschlagnahmten Vermögen von 1,2 Millionen, das er durch Hanfanbau erzielt hatte, behält der Staat 780 000 Franken zurück.
Von PATRICK HIRSCHI
Von 1997 bis 1999 hatte ein Gemüseproduzent aus dem Seebezirk sein Glück mit dem Anbau von Hanf versucht. Vor allem im letzten der drei Jahre war er damit recht erfolgreich: Sein Ertrag aus dem Verkauf von
getrockneten Hanfpflanzen belief sich allein 1999 auf über 900 000 Franken.
Insgesamt hatte er mit Hanf rund 1,2 Millionen Franken eingenommen. Doch knapp zwei Drittel davon muss er nun dem Staat abliefern.
Verkauf nach Bösingen und Thun
Das Strafgericht des Seebezirks befand, dass der 42-Jährige gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen habe. Bei einer Probe seiner 99er-Ernte wurde ein THC-Wert von zehn Prozent festgestellt. Gemäss einem Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2000 sind maximal 0,3 Prozent erlaubt. «Das Bezirksgericht hatte in der Vergangenheit diesen Grenzwert auch schon das eine oder andere mal angezweifelt», sagte Gerichtspräsident Markus Ducret in der Urteilsbegründung, «doch dann wurden wir stets von höheren Instanzen zurückgepfiffen».
Seine Ware hatte der Mann im ersten Jahr an das «CannaBioland» in Litzistorf bei Bösingen geliefert, später an eine Firma in Thun, die ihm einen besseren Kilopreis angeboten habe, so der Angeklagte. Dieser Firma verkaufte er nicht nur seine eigene Ernte, sondern auch jene von zwei anderen Hanfbauern.
Wiederholt beteuerte er am Mittwoch vor Gericht, dass ihm seine jeweiligen Abnehmer sogar schriftlich zugesichert hätten, dass mit seinem Hanf nichts Illegales produziert werde. «Heute weiss ich natürlich, dass der Hanfanbau problematisch ist», versicherte er.
Doch damit kam er nicht durch. «So naiv sind Sie nicht, wie Sie sich vor Gericht geben», befand Ducret. Der Mann sei ein erfolgreicher und dynamischer Unternehmer, der Risiken und Erfolgsaussichten abzuwägen verstehe.
Auch liess das Gericht nicht gelten, dass in den fraglichen Jahren noch nicht so viel über Hanf und seine Wirkungen bekannt gewesen sei. «Die Diskussionen über Legalität oder Illegalität von Hanf hatten sich damals nicht von einem Tag auf den anderen eingestellt, sondern kam nach und nach auf», meinte der Gerichtspräsident.
Er wunderte sich, dass der Angeklagte nicht stutzig geworden war, als just 1997 in den Medien von einem grossen Polizeieinsatz beim «CannaBioland» berichtet wurde. Ausserdem war der Angeklagte von 1998 bis 1999 Präsident eines Hanfproduzentenvereins. Da sei er doch sicher mit der rechtlichen Problematik konfrontiert worden, vermutete Ducret.
Untersuchung wurde verzögert
Bezüglich Freiheitsstrafe folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Substitutin Alessia Chocomeli forderte 18 Monate, bedingt auf zwei Jahre. Markus Ducret befand, dass angesichts der umgesetzten Hanfmenge sogar 21 Monate angemessen gewesen wären. Mildernd für den Angeklagten war laut Ducret die Tatsache, dass der Fall gut drei Jahre verzögert worden sei. Verteidiger Alain Gautschi machte dafür den Untersuchungsrichter verantwortlich.
Anders als die meisten Hanfbauern hatte der Angeklagte die Einnahmen aus dem Hanfverkauf nicht sofort investiert, sondern auf ein separates Bankkonto überwiesen. Aus diesem Grund wurde das Guthaben Ende 1999 beschlagnahmt. Um ihn nicht schlechter zu stellen als Hanfbauern ohne beschlagnahmtes Vermögen, berücksichtige man den Arbeitsaufwand und behalte nur zwei Drittel des Vermögens zurück, befand das Gericht.