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So verschwanden Bäche aus der Stadt

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Noch vor hundert Jahren flossen in der Stadt Freiburg Bäche, wo dies heute niemand mehr vermuten würde: direkt beim Bahnhof zum Beispiel, oder mitten durchs Perollesquartier. Sechs Kilometer Fliessgewässer hat die Stadt in den letzten 130 Jahren verloren, weil man sie unter die Erde versetzt oder trockengelegt hat. Das hat eine Studie des Naturhistorischen Museums Freiburg und des Departements für Geowissenschaften der Universität Freiburg ergeben, die kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift «Urban Ecosytems» veröffentlicht wurde.

International beachtet

Der Publikation liegt die Masterarbeit von Loraine Bondallaz zugrunde, welche die Auswirkungen der Urbanisierung im 20. Jahrhundert auf die städtischen Feuchtgebiete von Freiburg, Lausanne, Basel und Zürich untersuchte. Angeregt hat die Arbeit der Freiburger Biologe Gregor Kozlowski. Dieser hatte vor zehn Jahren zusammen mit Christian Purro eine umfassende Flora der Stadt Freiburg veröffentlicht, die erste Stadtflora der Westschweiz.

Das Vorliegen einer solchen Flora, die nicht nur detaillierte Angaben über den heutigen, sondern auch über den früheren Zustand der Pflanzenwelt bietet, war Voraussetzung für die Untersuchung–in Kombination mit historischem Kartenmaterial. Aus dieser Datenlage habe sich die Wahl der vier Städte ergeben, erklärt Gregor Kozlowski. Die Studie sei dadurch zwar kleinräumig angelegt, habe aber dennoch nationale und internationale Beachtung gefunden, weil sie in dieser Form einzigartig sei.

«Schockierend deutlich»

Und die Ergebnisse sind eindrücklich: Die sechs Kilometer Fliessgewässer, welche die Stadt Freiburg im Untersuchungszeitraum eingebüsst hat, entsprechen einem Rückgang um 33 Prozent. Den grössten Verlust erlitt die Stadt Lausanne mit einem Minus von 55 Prozent, in Zürich waren es 40, in Basel 30 Prozent. Total sind in den vier Städten gut 240 Kilometer Bäche und Flüsse verschwunden.

«Wir gehen davon aus, dass die Situation in der übrigen Schweiz und in Mitteleuropa vergleichbar ist», sagt Gregor Kozlowski. «Rechnet man unsere Ergebnisse hoch, dann ergibt sich allein für die Schweiz eine Einbusse von rund 10 000 Kilometern an Fliessgewässern.» Diese Zahlen hätten ihn selber überrascht, so der Pflanzenexperte. «Über die Tendenz wussten wir Bescheid, aber die Deutlichkeit der Resultate ist schockierend.»

Künstliche Seen sind arm

Kommt dazu, dass die grösste Welle an Trockenlegungen schon im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert passierte: Die neuen Maschinen machten es möglich, die Wasserläufe, die man als stinkend und gefährlich empfand, aus den Städten zu verbannen. «Diese Phase konnten wir wegen der mangelhaften Datenlage nicht einmal erfassen», präzisiert Kozlowski.

 Neben den Fliessgewässern hat sich die Studie auch mit Stehgewässern und mit dem Vorkommen von Wasserpflanzen befasst. Bei den Seen und Teichen wirke die Lage weit weniger dramatisch, sagt Kozlowski. Die Fläche ist hier in den vier Städten gesamthaft nur um 2,4 Prozent zurückgegangen. Durch den Bau der Staumauern am Perolles-See (1872) und am Schiffenensee (1963) zählt Freiburg sogar zu den Gewinnern. Diese künstlichen Seen sind laut dem Biologen aber botanisch verarmt: «Für Wasserpflanzen sind sie nicht attraktiv, entweder weil sie zu jung oder weil sie verschmutzt sind.» Darum hat Freiburg im Vergleich der vier Städte auch überdurchschnittlich viele Wasserpflanzen eingebüsst, nämlich 46 Prozent aller Arten die es vor 130 Jahren noch gegeben hat. In Basel beträgt dieser Wert sogar 60 Prozent; in Lausanne sind es 45, in Zürich 26 Prozent.

Gregor Kozlowski will mit solchen Zahlen auf Vorgänge in der Natur aufmerksam machen, die vielen verborgen bleiben. Er wolle aber nicht primär schockieren oder dramatisieren, sondern zu einem Umdenken beitragen. «Raumplaner, Stadtplaner und Politiker sind gefordert.» Es gehe darum, die Entwicklung zu stoppen oder gar rückgängig zu machen. Das Bewusstsein sei in den letzten Jahren schon viel grösser geworden, und man beginne auch in den Städten, Bäche wieder freizulegen oder Teiche anzulegen.

«Städte sind ein besonderer Lebensraum mit einem grossen Potenzial», betont Kozlowski. Die Artenvielfalt sei in Städten zum Teil grösser als in intensiv genutzten Landwirtschaftszonen oder Wäldern. Gerade für Freiburg gelte das in besonderem Mass: Die Stadt sei topografisch und botanisch einzigartig und habe einst an die 40 Bergpflanzen beherbergt. «Der Bau der Magerau-Staumauer hat diese Einzigartigkeit zerstört.» Doch auch hier gibt es Zeichen der Hoffnung. Einzelne Bergpflanzen haben in Freiburg laut Kozlowski bis heute überlebt: «Das Alpen-Fettblatt zum Beispiel gibt es in kaum einer anderen Stadt.»

Die Saane ist das fliessende Wahrzeichen der Stadt Freiburg. Ihr Lauf war früher aber viel wilder, was die Artenvielfalt begünstigte. Bild Charles Ellena

«Städte sind ein besonderer Lebensraum mit einem grossen Potenzial.»

Gregor Kozlowski

Biologe

Museum: Eine Ausstellung über Wasserpflanzen ist geplant

D ie Untersuchung zu den städtischen Feuchtgebieten ist auch Teil einer Sonderausstellung mit dem Titel «Flora aquatica», die das Naturhistorische Museum Freiburg im Mai eröffnen wird. Diese Ausstellung ist eine Eigenproduktion rund um Wasser- und Sumpfpflanzen in Freiburg und auf der ganzen Welt. Sie beschäftigt sich mit den feuchten und nassen Lebensräumen und zeigt, wie sich die Pflanzen diesen angepasst haben. Zahlreiche Fotografien werden Wasserpflanzen in ihrer natürlichen Umgebung zeigen, wie man sie sonst kaum zu sehen bekommt. Das Publikum kann seltene Pflanzen und wertvolle Feuchtgebiete der Region ebenso entdecken wie Seegräser aus dem Mittelmeer oder Wasser-Nadelbäume aus Neuseeland. «Pflanzen, besonders Wasserpflanzen, erhalten oft wenig Beachtung», sagt Biologe Gregor Kozlowski. «Die Ausstellung soll zeigen, dass Pflanzen genauso spannend sind wie kuschelige Tiere.» cs

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