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Stressfaktor Lärm

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Die einen freuen sich ab spielenden Kindern, andere nerven sich ab deren Geschrei. Die einen hören gerne etwas lauter Musik, die anderen nicht. Was ist Lärm?

Mark Brink:Die einfachste Definition von Lärm ist: unerwünschter Schall. Ob ein Schall als Lärm gilt, ist auch vom Kontext abhängig.

 

 Es gibt aber Verordnungen, die festlegen, wann etwas gegen den Lärm zu unternehmen ist. Also gibt es doch objektive Kriterien?

Es gibt eine physikalische Definition der Lärmbelästigung, ja. Doch Lärm ist auch ein facettenreiches psychologisches Phänomen. In der Lärmschutzverordnung–dem wichtigsten Regelwerk zu Lärmfragen–sind die Grenzwerte für Lärm festgelegt, und zwar in Dezibel. Lärm-Grenzwerte werden basierend auf wissenschaftlichen Kriterien festgelegt. Da einige Lärmarten lästiger sind als andere, wird der Grenzwert nicht bei allen Lärmquellen gleich hoch angesetzt.

 

 Ist es denn nicht subjektiv, welche Lärmart lästig ist?

Welche Lärmarten im Bevölkerungsdurchschnitt lästiger empfunden werden als andere, wurde mit empirischen Studien ermittelt. So wissen wir, dass Fluglärm lästiger ist als Eisenbahnlärm. Darum erhält die Eisenbahn im Gesetz einen sogenannten Bonus.

 

 Und es darf nicht überall gleich laut sein.

Genau, es gibt in der Gesetzgebung vier verschiedene Empfindlichkeitsstufen. Bei Spitälern und beispielsweise in Naturschutzgebieten gilt die Empfindlichkeitsstufe 1, dort muss es am ruhigsten sein. Dann gibt es die Wohnzone mit Empfindlichkeitsstufe 2. Die Empfindlichkeitsstufe 3 gilt in gemischten Zonen wie Innenstädten oder Gebieten mit Gewerbebetrieben und Wohnungen. Reine Industriezonen sind der Empfindlichkeitsstufe 4 zugeteilt. So sind trotz Lärmschutz weiterhin wirtschaftliche Aktivitäten möglich. Ein Recht auf absolute Stille sieht die Gesetzgebung nicht vor.

 

 Auch nicht auf einem Berggipfel?

Nein, die Stille ist im Gesetz nicht definiert.

 

 Ab welchem Lärmpegel reagiert der Körper mit gesundheitlichen Problemen?

Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Auch gibt es keinen eigentlichen Schwellenwert, unter welchem Lärm keine Wirkungen mehr hat. Die Belästigung nimmt mit dem Lärmpegel mehr oder weniger kontinuierlich zu.

 

 Was ist am Lärm eigentlich schädlich: die Lautstärke?

Grundsätzlich ja. Je lauter, desto stärker die Wirkung, das ist klar. Bei Lärmwirkungen kann man zwei unterschiedliche Mechanismen unterscheiden: aurale Wirkungen, welche direkt das Gehör beziehungsweise das Innenohr betreffen, und extraaurale Lärmwirkungen. Direkte Auswirkungen auf das Hörvermögen ergeben sich nur bei hohen Pegeln: an Industriearbeitsplätzen oder durch zu lauten Musikgenuss. Extraaurale Lärmwirkungen sind solche, die nicht das Ohr schädigen, aber trotzdem lästig oder auf lange Sicht sogar gesundheitsschädlich sind. Lärm ist nämlich schlicht ein biologischer Stressfaktor.

 

 Welchen Einfluss hat dieser Stress auf die Lebensqualität?

Es wurden verschiedene Auswirkungen auf die Gesundheit und die Lebensqualität untersucht. So kann Lärm Schlafstörungen auslösen. Auf diese Weise kann Lärm Langzeitwirkungen erzeugen: Der Körper reagiert mit Stress, so dass am Schluss Bluthochdruck und kardiovaskuläre Erkrankungen auftreten können–bis hin zum Herzanfall. Epidemiologen haben dies in langjährigen Studien mit grossen Gruppen nachgewiesen. Der Stress ist eine normale Reaktion des Körpers: Ein Geräusch deutet auf eine äussere Bedrohung hin, also setzt der Körper einen biologischen Prozess in Gang. Der Blutdruck steigt, das Herz schlägt schneller, Hormone werden ausgeschüttet.

 

 Warum können einige Menschen Lärmquellen quasi aus dem Bewusstsein ausschalten, andere nicht?

Lärmempfindlichkeit ist eine überdauernde Persönlichkeitseigenschaft. Was genau diese beeinflusst, ist noch nicht vollständig erforscht. Es gibt wahrscheinlich eine genetische Determinante; das wird in der Wissenschaft diskutiert.

 

 Man kann also nicht lernen, Lärm auszuschalten?

Ja und Nein. Die grundsätzlichen biologischen Mechanismen können kaum abtrainiert werden. Man kann aber bis zu einem gewissen Grad psychologische Bewältigungsstrategien üben–also die Fähigkeit, mit dem Lärm umzugehen. Vieles hängt mit der Einstellung zur Lärmquelle zusammen.

 Welcher Lärm ist in der Schweiz am störendsten?

Das ist der Strassenlärm. Rund 1,45 Millionen Menschen sind schweizweit Belastungen durch Strassenlärm ausgesetzt, die über den Immissionsgrenzwerten liegen. Beim Bahn- und Fluglärm sind es deutlich weniger. Es gibt aber auch den Nachbarschaftslärm: Der regt die Menschen am meisten auf und wird in Befragungen über Lärmbelästigungen am häufigsten genannt.

 

 Was stört denn da alles?

Das kann die Wärmepumpe sein, die brummt. Oder die Maschine des Gewerbebetriebs nebenan, die sich periodisch ein- und ausschaltet. Oder der Hund, der bellt; eine Gartenbeiz; der Hahn, der zu früh am Morgen kräht: die Kirchenglocken, die auch nachts schlagen.

 Gesetze schützen die Menschen vor Lärm. Sind diese Gesetze einfach umzusetzen?

Lärmschutz ist nur ein Teil der Aufgaben der öffentlichen Hand. Er liegt manchmal im Widerstreit mit anderen Interessen. Das Gesetz sieht auch vor, dass Lärmschutzmassnahmen wirtschaftlich tragbar sein müssen. Der Lärmschutz kostet viel Geld. Gleichzeitig verursacht der Lärm auch viele Kosten–alleine der Verkehrslärm verursacht im Jahr rund 1,58 Milliarden Franken externe Kosten–also Kosten, für welche die Verursacher nicht aufkommen: Beispielsweise wenn der Wert eines Hauses sinkt, das an einer stark befahrenen Strasse steht, oder Behandlungskosten im Gesundheitswesen.

 

 Wie wird Lärm bekämpft?

Im besten Fall mit dem Quellenprinzip: Man sollte dort ansetzen, wo der Lärm entsteht. Bei Strassenlärm kann das beim Strassenbelag sein. Zudem gibt es lärmarme Reifen. Die Geschwindigkeit macht auch einiges aus: Wer mit 30 statt mit 50 Stundenkilometern fährt, ist leiser. Auch wer niedertourig fährt, ist leiser. Heute sind die Motoren deutlich weniger laut als noch vor einigen Jahrzehnten. Leider wurde diese für den Lärmschutz positive Entwicklung dadurch zunichtegemacht, dass Autos heute schwerer sind und breitere Reifen haben: Dies verursacht mehr Reibung auf der Strasse und damit wieder mehr Lärm.

 

 Was kommt zum Quellenprinzip hinzu?

Lärmschutzwände verhindern, dass der Lärm sich ausbreitet. Und Schallschutzfenster schützen Wohnungen. Es ist aber die schlechteste Variante, wenn nichts anderes bleibt, als beim Empfänger anzusetzen. Wir stehen heute vor der Frage, wie Gebäude und Städte optimal gebaut werden sollten, um mit dem Lärmproblem umzugehen.

 

 Wie meinen Sie das?

Heute reden alle vom verdichteten Bauen. In Städten sind die zentrumsnahen Gebiete aber meist lärmvorbelastet. Aus Sicht des Lärmschutzes müssten die Häuser gegen die Strassen hinzu abgeschottet und zu ruhigen Innenhöfen hin ausgerichtet sein. Das entspricht aber nicht ästhetischen und städtebaulichen Wünschen: Gebäude sollen offen wirken und sich zu den Strassen hin orientieren, sonst wirkt ein Stadtgebiet abweisend und wird unattraktiv. Lärmschutz und Raumplanung haben also nicht immer die gleichen Anliegen.

Weitere Informationen:Vereinigung der kantonalen Lärmschutzfachleute: www.laerm.ch; Bundesamt für Umwelt: www.bafu.admin.ch/laerm

Lärmschutz und Raumplanung haben nicht immer die gleichen Anliegen.

Ein Geräusch deutet auf eine äussere Bedrohung hin, also setzt der Körper einen biologischen Prozess in Gang.

Der Nachbarschaftslärm regt die Menschen am meisten auf.

Forschung: Gesundheitliche Auswirkungen

S irene heisst eine interdisziplinäre Studie des Schweizerischen Nationalfonds, welche erforscht, wie akute und mittelfristige Auswirkungen von Lärmbelastungen zu langfristigen Gesundheitsproblemen führen. Zum einen berechnen die Forscher den Verkehrslärm: Schweizweit bestimmen sie an Fassaden von über 1,8 Millionen Gebäuden die Lärmbelastung. Diese Belastungsdaten werden danach mit epidemiologischen Daten, etwa zu Häufigkeiten von Krankheiten oder zu Todesursachen, verglichen. Damit wollen die Forschenden klären, inwiefern die Lärmbelastung an der Entstehung von Krankheiten beteiligt ist.

Bewältigungsstrategien

Zum anderen wird in einem Schlaflabor ermittelt, wie sich Verkehrslärm auf den Schlaf und die kognitive Leistung auswirkt. In einem weiteren Modul ermitteln Forschende, wie die Schweizer Bevölkerung die Lärmbelastung von Strasse, Schiene und Luftverkehr subjektiv empfindet und welche Bewältigungsstrategien gegen den Lärm sie entwickelt. njb

Zu dieser Serie

Die FN lassen es krachen

In der Sommerserie «Jetzt krachts» beleuchten die Freiburger Nachrichten verschiedenste Aspekte rund um das Thema Lärm. Wie ist es, an einer dicht befahrenen Strasse zu wohnen und mit Strassenlärm einzuschlafen und aufzuwachen? Wie gehen Bauarbeiter mit dem Lärm um, den sie täglich bei der Arbeit um sich haben? Wie fühlen sich Personen, die nichts hören? Wie reagiert die Polizei auf laute Partygänger? Diesen und weiteren Fragen gehen die FN nach. Den Auftakt macht das Interview mit Mark Brink, der weiss, wie der Mensch auf Lärm reagiert.ak

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