Was die rund 750 000 Migrantinnen in der Schweiz an ihrem eigenen Leib erleben, bestätigt eine Studie, welche die Berner Geografin Yvonne Riano zusammen mit Nadja Baghdadi und Doris Wastl-Walter im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 51 «Integration und Ausschluss» geführt hat.
Mehrheit mit Uniabschluss
Die Studie zeigt: Entgegen aller Vorurteile sind viele Migrantinnen aus lateinamerikanischen und arabischen Ländern gut ausgebildet. Die Mehrheit hat einen Universitätsabschluss. Dennoch sind sie schlecht in den Schweizer Arbeitsmarkt integriert. Kommen die Migrantinnen in die Schweiz, sprechen sie oft nicht sehr gut deutsch – es entsteht der Eindruck, sie seien nicht intelligent. Dabei sprechen sie oft mehrere Sprachen und haben internationale Berufserfahrung. Trotzdem können die Migrantinnen diese Fähigkeiten nur selten einbringen. Ein Drittel von ihnen ist nicht erwerbstätig, die Hälfte hat eine Stelle weit unter ihren Qualifikationen und arbeitet Teilzeit. Nur etwa zehn Prozent finden eine Stelle, die ihrer Ausbildung entspricht.
Mundart als Barriere
Migrantinnen treffen auf mehrere Hindernisse. Ihre Diplome, Abschlüsse und Berufserfahrungen werden oft nicht anerkannt. Die wenigsten können es sich finanziell leisten, die Ausbildung in der Schweiz zu wiederholen. Dass in der Deutschschweiz Mundart gesprochen wird, erschwert die berufliche Integration zusätzlich. Und wie die meisten Frauen stehen Migrantinnen vor dem Problem, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen.
Um die Situation zu verbessern, sollten Migrantinnen ihre berufliche Zukunft besser planen, sich weiterbilden und sich politisch, beruflich und privat vernetzen, empfehlen die Autorinnen der Studie. Vom Staat fordern sie einheitliche Instanzen und Richtlinien, um die Anerkennung der ausländischen Diplome zu regeln, und bessere Angebote in der Kinderbetreuung. Nützlich seien zudem Stipendien und spezifische Weiterbildungsangebote.
Klischees in der Amtsstube
Studienleiterin Riano hat selber erlebt, wie Migrantinnen wahrgenommen werden. Als die Kolumbianerin bei der Ausländerbehörde als Beruf «Raumplanerin» angab, sagte der Beamte: «Sie meinen wohl Raumpflegerin.» njb