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Symbol für das soziale Chaos Israels

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Symbol für das soziale Chaos Israels

Ein Jahr nach «Jenin, Jenin»: David Ofeks Film aus anderer Optik

Der eine Film wurde verboten, der andere erhielt Preise von Israeli Film Academy und Tel Aviv Documentary Festivals. Der eine zeigt den Palästina-Konflikt aus den besetzten Gebieten, der andere aus israelischer Perspektive. Der eine heisst «Jenin, Jenin» und wurde 2003 am Freiburger Filmfestival gezeigt, der andere ist «Hehaarug Ha-17» und läuft in diesem Jahr.

Von URS HAENNI

Die Präsentation von «Jenin, Jenin» hatte am vergangenen Freiburger Festival für viel Kontroversen gesorgt. Jüdische Organisationen drohten dem Festival mit einer Klage, ein jüdischer Kinobesitzer aus Neuenburg kündigte dem Festival seine Zusammenarbeit.

Die Debatte um «Jenin, Jenin» reichte weit über das Festival hinaus. Der Fernsehsender Arte annullierte eine geplante Ausstrahlung des Streifens, und in Israel hob das oberste Gericht die Zensur des Filmes erst auf, muss sich aber erneut mit einem Rekurs dagegen auseinander setzen.

Regisseur Mohammed Bakhri hatte in seinem Film die Zeit unmittelbar nach der israelischen Intervention in der palästinensischen Siedlung Jenin dokumentiert und in dieser Form eine monumentale Anklage gegen Israel erhoben.

Auch David Ofek hat «Jenin, Jenin» gesehen: während eines «private screenings». «Ich glaube nicht, dass ein Massaker stattfand», sagt der Regisseur von «Hehaarug Ha-17» (deutscher Titel «Nr. 17»). «Das Massaker ist umstritten, sogar Araber sind geteilter Meinung. Ich denke, dass Kämpfe stattfanden, bei denen aber auch 15 israelische Soldaten umkamen», sagt Ofek.

«Wenn Sie nach Israel reisen,
nehmen Sie keinen Bus!»

Den Film seines Kollegen Bakhri wegen dessen einseitiger Optik verteufeln, das möchte David Ofek nicht. «Jeder Film zum Konflikt ist wichtig», zeigt er sich überzeugt. «Jeder Film zeigt etwas, was von den Behörden blockiert wird. Das Publikum braucht dies.»

Ofek ist sich auch bewusst, dass Mohammed Bakhri mit «Jenin, Jenin» bedeutend mehr riskiert hat als er selbst mit «Nr. 17» oder irgendeinem anderen seiner Filme. Bakhri habe Todesdrohungen erhalten und müsse jetzt um sein Leben fürchten. Auch der Regisseur von «Galoot», Asher de Bentolila Tlalim, habe für seinen Wettbewerbsfilm über den israelisch-palästinensischen Konflikt einiges riskiert. Ofek selber hingegen sagt, dass er sein Leben nicht für einen Film aufs Spiel setzen würde. Einen Tag habe er einmal in den besetzten Palästinensergebieten gedreht, aber er habe Angst gehabt, bekennt er.
«Wenn Sie einmal nach Israel reisen, nehmen Sie keinen Bus», gibt David Ofek auch gleich einen Rat mit auf den Weg. Er selber habe wie viele andere ein Fahrrad gekauft; die Anzahl Fahrräder habe sich zuletzt in Israel verfünffacht. Die Opfer des in seinem Film behandelten Bus-Attentats gehörten denn auch mehrheitlich unteren sozialen Schichten an, sagt er. Wer Geld hat, nimmt Taxis.

«Israeli haben genug von
politischen Filmen»

Dies brachte es wohl mit sich, dass im Juni 2002 beim Bombenattentat auf den Bus von Tel Aviv nach Tiberias eines der 17 Opfer – Nr. 17 – unidentifiziert blieb. «Es war das erste Mal, dass ein Attentatsopfer nicht identifiziert werden konnte», sagt David Ofek. «Nr. 17 wurde in Israel zu einem Symbol für das soziale Chaos im Land.»

Kritik also auch am eigenen System? «Das Land macht wirtschaftlich schwere Zeiten durch», sagt Ofek. «Viel Geld wurde ins Militär gepumpt; die Polizei hat kein grosses Budget mehr.» Dies war auch die Chance für den in Israel renommierten Dokumentarfilmer. Statt der Polizei schlüpfte er nämlich in die Rolle des Ermittlers der Identität des 17. Opfers.

Ofek nahm dabei ein beträchtliches unternehmerisches Risiko in Kauf. Drei bis vier Monate arbeiteten er und sein kleines Team auf eigene Kosten; erst danach konnte er eine Fernsehanstalt für die Unterstützung gewinnen. «Andere sagten mir ab, weil sie nicht schon wieder einen Film über Terroranschläge wollten.»
Der palästinensisch-israelische Konflikt sei wohl ein Thema für die Dokumentarfilmer, allerdings vorwiegend für den ausländischen Markt, sagt Ofek. Die Israeli selber hätten dagegen genug von Filmen mit politischen Botschaften: «Die meisten Feature-Filme sind nicht politisch. Man steht mehr auf Melodramen. Der Trend zeigt klar Richtung Eskapismus.» Flucht vor der Realität des (blutigen) Alltags.

Kein Gesicht für den Attentäter

«Nr. 17» scheint politisch Stellung zu beziehen. Die Palästinenser sind komplett ausgeblendet. Dem 17. Opfer, einem Juden, gibt der Film seine Identität zurück; dem Attentäter, einem Palästinenser, verweigert der Streifen dies.

David Ofek begründet dies mit rein filmtechnischen Argumenten. Auf der Suche nach dem 17. Opfer habe eine Spur auch in die Palästinenser-Gebiete geführt. Der Regisseur heuerte dafür sogar ein palästinensisches Filmteam an. Doch die Spur führte in die Sackgasse. «Zu viele Sackgassen würden für Verwirrung sorgen. Wir haben uns für eine Sackgasse entschieden – diejenige mit dem indischen Gastarbeiter.»
Auch den Einbezug des Selbstmordattentäters in den Film habe er erwogen. Ofek liess die Mutter des Attentäters aufsuchen, doch die verstrickte sich in die hinlänglich bekannten Märtyrer-Theorien. «Dies wäre für Israel reine Propaganda gewesen», erklärt der Regisseur.
Der Film endet nicht mit einer politischen, wohl aber mit einer religiösen Note. Gott habe die Identifizierung des 17. Opfers gewollt, das Filmteam sei dabei nur Botschafter gewesen. David Ofek: «Uns kam die Entstehung des Filmes wie eine Mission vor. Uns alle überraschte, wie es herauskam. Wir trafen immer im richtigen Moment auf die richtige Person. Von Beginn weg kamen so viele Zufälle zusammen. Und am Schluss fanden wir heraus, dass Nr. 17 einer von uns ist.»
«Hehaarug Ha-17» – «Nr. 17»

Im Juni 2002 kommen bei einem Attentat auf einen israelischen Bus 17 Personen ums Leben. Nur 16 Tote können identifiziert werden; einer bleibt unbekannt. Der Regisseur nimmt dies zum Anlass, sich auf die Suche nach der Identität von Nr. 17 zu machen. Wie bei einem Puzzle beginnt er, den Bus mit Gesichtern der Toten und der Überlebenden zu füllen.

Vermutete man zuerst einen illegalen Einwanderer, engt sich der Kreis der Möglichkeiten allmählich auf zwei Personen ein: ein französischsprachiger Tourist oder ein Einheimischer mit zweifelhaftem Hintergrund. Nach unzähligen Befragungen und der Fahndung mit zwei Phantombildern kann Nr. 17 schliesslich identifiziert werden. Der anonyme Tote kann vom nichtjüdischen Teil des Friedhofs ausgegraben und im Kreise seiner Familie am richtigen Ort beerdigt werden.
Im Stile eines spannenden Kriminalfilms gedreht, zeigt der Dokumentarfilm auch die teils humorvollen mechanischen und bürokratischen Seiten eines Landes im Schatten des Terrors. uh
Noch eine Dokumentation zum Nahost-Konflikt

Mit «Route 181» wurde kurzfristig ein weiterer Film über den Nahost-Konflikt ins Programm des Freiburger Filmfestivals aufgenommen. In Frankreich hat der Streifen jüngst heftige Diskussionen ausgelöst.

Von CAROLE SCHNEUWLY

Der Dokumentarfilm «Route 181 – Fragments d’un voyage en Palestine-Israël» ist ein Gemeinschaftswerk des Palästinensers Michel Khleifi und des Israeli Eyal Sivan. Die beiden Filmemacher sind seit

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