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Tinguelys Antimuseum in Buchform

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Ob mit seinen frühen Zeichenautomaten, mit seinen selbstzerstörenden Maschinen oder seiner Aktionskunst: Der Freiburger Künstler Jean Tinguely war seiner Zeit stets voraus und eckte mit seinen Ideen immer wieder an. Das gilt auch für seine letzten Lebensjahre, als er in einer stillgelegten Glasfabrik in La Verrerie in der Nähe seines Wohnorts Neyruz sein «Torpedo Institut» aufbaute. Im Januar 1988 erwarb er das Gebäude. Von Anfang an wollte er dort nicht einfach ein Atelier einrichten, sondern eine Art Museum für seine eigenen Werke und die Arbeiten seiner Künstlerfreunde. Doch Tinguely wäre nicht Tinguely gewesen, hätte es sich dabei um ein ganz gewöhnliches Museum gehandelt. Er selbst sprach von einem «Antimuseum» und machte aus der Halle in den vier Jahren bis zu seinem Tod einen einzigartigen Ort: eine Mischung aus Ausstellungsraum, Werkstatt und Theaterbühne, einen Treffpunkt mit unergründlichen Einlassbedingungen, eine ganz eigene Welt mit ganz eigenen Regeln.

Viel neues Material

Für den Freiburger Künstler und Kunstlehrer Olivier Suter ist das «Torpedo Institut» viel mehr als ein Ort der Kunst, für ihn ist es nicht weniger als «das grösste Werk Tinguelys», eine Synthese seines Lebens und Schaffens. Es sei höchst bedauerlich, dass das «Torpedo Institut» nach Tinguelys Tod aufgelöst und zerstört worden sei–entgegen dem testamentarischen Willen des Künstlers und unter bis heute nicht vollständig geklärten Umständen (siehe Kasten). «In La Verrerie ist nichts von dem Projekt übrig geblieben; es taucht in keiner Werkliste auf und bleibt in der gesamten Literatur über Tinguely nahezu unerwähnt.»

Um dies zu ändern, hat Suter, der sich selbst als grossen Bewunderer Tinguelys bezeichnet, schon vor Jahren angefangen, Material über das «Torpedo Institut» zu sammeln. 2010 hat der Verein Pro Fribourg dieses in Buchform veröffentlicht (die FN berichteten). Jetzt hat die Edition Patrick Frey das Thema aufgegriffen und als Bildband in einer deutlich erweiterten Version herausgegeben. Über hundert zusätzliche Dokumente–Fotografien, Briefe und andere Schriftstücke–seien seit 2010 dazugekommen, so Olivier Suter. Zudem enthält der Band zahlreiche Presseartikel, die in den Neunzigerjahren rund um das «verratene Testament» Tinguelys erschienen sind.

Das neue Material habe zwar keine grundlegend neuen Erkenntnisse gebracht, sagt Suter, aber es bekräftige die Bedeutung des «Torpedo Instituts» und bestätige, was man heute über die Ereignisse nach Tinguelys Tod im Jahr 1991 wisse. Fast ein Vierteljahrhundert später scheine die Zeit nun reif, um die Geschichte des Antimuseums neu zu erzählen und der Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen. «Als ich mit der Arbeit angefangen habe, war ich nicht sicher, wie die Akteure von damals reagieren würden», so Suter.

Die Publikation von Pro Fribourg, die vor allem auf Gesprächen mit Weggefährten Tinguelys beruhte, sei eine Art Test gewesen. «Die Reaktionen waren positiv, auch vonseiten jener Leute, die damals für die Auflösung des ‹Torpedo Instituts› mitverantwortlich waren.» Das habe ihn ermutigt, einen Schritt weiterzugehen und Archive wie jene des Tinguely Museums Basel, der Niki Charitable Art Foundation in San Diego oder des Berner Galeristen Eberhard Kornfeld zu konsultieren. «Überall kamen neue Details zum Vorschein, die das Bild vervollständigt haben.»

«In Buchform weiterleben»

So fand Suter etwa einen Brief, den Tinguely noch im Januar 1988, unmittelbar nach dem Kauf des Fabrikgebäudes, an seinen Freund Pontus Hultén schrieb. Darin gratulierte er Hultén, unter anderem Gründungsdirektor des Moderna Museet in Stockholm und des Centre Georges Pompidou in Paris, zur Ernennung zum Leiter des «Torpedo Instituts». Der Brief enthält ausserdem Notizen und Fotos, die zeigen, dass Tinguely bereits sehr genaue Vorstellungen darüber hatte, wie sein Antimuseum aussehen sollte. Interessant ist auch der Statutenentwurf einer «Fondation Jean Tinguely La Verrerie» von Ende 1991, der klar Bezug nimmt auf den «letzten Willen» Tinguelys, sein Werk in La Verrerie zu sammeln und zugänglich zu machen.

«Das Buch soll zeigen, was Tinguely in La Verrerie machte und was er wirklich wollte», sagt Olivier Suter. «Es geht nicht darum, alte Geschichten aufzuwärmen oder Schuldzuweisungen zu machen, aber das ‹Torpedo Institut› soll wenigstens in Buchform weiterleben.» Weiter habe er mit dem Projekt noch keine konkreten Pläne. «Eine Ausstellung oder Ähnliches wäre sicher möglich.» Der 25. Todestag Tinguelys, der 2016 gefeiert wird, böte dazu Gelegenheit.

 Olivier Suter (Hg.): «Jean Tinguely–Torpedo Institut». Edition Patrick Frey. 256 Seiten, 205 Abbildungen. Für 68 Franken im Buchhandel erhältlich.

Tinguelys Erbe: Das Ende des Antimuseums

U nter der Überschrift «Der zweite Tod von Tinguely – Das verratene Testament» widmet Olivier Suter das letzte Kapitel im Buch den Ereignissen in den Jahren nach Tinguelys Tod 1991, die 1996 zur Auflösung des «Torpedo Instituts» und zur Gründung des Tinguely-Museums in Basel führten. Tinguely hatte in seinem Testament verfügt, dass die Werke in La Verrerie als Ganzes dort bleiben sollten und dass sich seine Gattin und Universalerbin Niki de Saint Phalle darum kümmern sollte. Dieses Testament gelangte allerdings erst 1996 durch einen Artikel in der Zeitschrift «L’Illustré» an die Öffentlichkeit – einen Tag nach der Eröffnung des Museums Tinguely in Basel. Zu diesem Zeitpunkt gab es das «Torpedo Institut» bereits nicht mehr; einen grossen Teil der Werke hatte Niki de Saint Phalle dem von Paul und Maja Sacher initiierten Basler Museum geschenkt. Ein Zusammenspiel von persönlichen Interessen, mangelndem Einsatz der Freiburger Behörden und einer möglichen Überforderung der gesundheitlich angeschlagenen Niki de Saint Phalle habe dazu geführt, dass Freiburg Tinguelys Antimuseum verloren habe, resümiert Olivier Suter. Vieles sei bis heute ungeklärt, doch stehe ausser Frage, dass Niki de Saint Phalle und ihre Anwälte ebenso wie die Freiburger Behörden schon 1991 von Tinguelys letztem Willen gewusst hätten. Immerhin: Im März 1998, knapp anderthalb Jahre nach der Eröffnung des Museums in Basel, erhielt Freiburg mit dem Espace Tinguely doch noch sein Tinguely-Museum, und Niki de Saint Phalle und ihre Erben beschenkten auch dieses grosszügig mit Werken von Tinguely und seinen Freunden. cs

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