Autor: Carolin Foehr
Auf dem Marktplatz geht es hektisch zu: Verkäuferinnen preisen lautstark ihre Waren an, Passanten schlendern zwischen den Ständen entlang, und auf der Terrasse tummeln sich jene, deren Einkaufstaschen bereits gefüllt sind. Doch die Idylle täuscht. Denn der Marktplatz ist begehrt – jeder will ihn für sich beanspruchen.
Wie ein Polizist mit dieser Situation fertig wird und welche Rolle dabei der Direktor des Verbands St. Camille spielt, kann das Publikum ab dem 1. Juni erfahren. Dann führen die Bewohner und Mitarbeiter von St. Camille ihr neuestes Stück «Place du marché» auf. Die Komödie hat der Schriftsteller Nicolas Bussard aus Marly geschrieben.
Konzentration ist gefragt
Alle fünf Jahre führen die Camill’acteurs ein Theaterstück auf. Die Vorbereitungen für das aktuelle Stück laufen seit 2009. «Es braucht viel Kraft und Geduld», sagt Maryse Sautel, Leiterin des Wohnheims in Marly. Die Schauspieler und Musiker sind körperlich behindert, manchen fällt es schwer, sich Texte und Gesten zu merken. Doch für alle sei es eine «reichhaltige Erfahrung» gewesen, so Sautel.
Für die Theateraufführung hat St. Camille alle seine Bereiche mobilisiert: Das Bühnenbild stammt aus der Schreinerwerkstatt, den Flyer hat ein Bewohner gezeichnet, den Druck übernahm die Informatikabteilung.
Wohnen und arbeiten
Die vier Aufführungen sind Teil der 50-Jahr-Feierlichkeiten des Verbands St. Camille (siehe Kasten). Das Anfang der sechziger Jahre im Freiburger Juraquartier untergebrachte Heim zog bereits 1968 nach Marly um. Hier entstanden auch die ersten Ateliers, in denen bald vierzig Mitarbeiter Vorhänge nähten, Plastik trennten und Flaschenöffner herstellten. Ende 1997 eröffnete in Villars-sur-Glâne das «Foyer Ateliers des Préalpes». Das zusätzliche Angebot an Betten und dreissig Arbeitsplätzen entlastete den Standort in Marly und schuf neue Tätigkeitsbereiche in den Werkstätten.
Heute sind etwa 180 Mitarbeiter in sieben verschiedenen Arbeitsbereichen tätig. Die Werkstätten funktionieren nach den gleichen Regeln wie die restliche Wirtschaft. «Wenn viele Aufträge reinkommen, dann stehen unsere Angestellte auch unter Zeitdruck», sagt Claude Chassot, Direktor des Verbands. Nach der Wirtschaftskrise von 2009 gebe es nun fast mehr Arbeit, als zu bewältigen sei. «Aber ich bin froh um jeden Franken, den wir nicht vom Kanton fordern müssen», so Chassot.
«Gesunde Grösse erreicht»
Mit rund 300 Bewohnern, Mitarbeitern, Betreuern und Pflegepersonen gehört der Verband St. Camille zu den grössten Einrichtungen für behinderte Erwachsene im Kanton Freiburg. «Wir haben eine gesunde Grösse erreicht», sagt Chassot und meint damit, dass er trotz der Grösse noch die Namen der meisten Bewohner und Angestellten kenne. Die künftigen Investitionen betreffen denn auch «nur» Renovierungsarbeiten in den Werkstätten.
Route de la Gérine 27,Marly. «Place du Marché», 1., 3. und 4. Juni um 20 Uhr, 5. Juni um 17 Uhr. Eintritt frei.
50 Jahre
Rollstuhlrennen und alte Erinnerungen
Morgen Samstag lädt der Verband St. Camille die Bevölkerung ein, an einem Tag der offenen Tür die beiden Heime und die sieben Ateliers zu entdecken. In Marly entsteht ein Rollstuhl-Parcours, zudem gibt eine Fotoausstellung Einblicke in alte Zeiten. cf
Führen Anfang Juni eine Komödie auf: 24 Camill’acteurs und 28 Camill’singers.Bild Corinne Aeberhard