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Trotz Armutsprogramm wenig Fortschritte

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675 000 Menschen sind heute in der Schweiz von Armut betroffen. Sie arbeiten zu tiefen Löhnen, haben keine nachobligatorische Ausbildung, verlieren mit Mitte fünfzig ihre Stelle und finden keine neue mehr oder erziehen ihre Kinder allein. 103 000 Kinder sind von Armut betroffen. Armut in der Schweiz hat viele Gesichter. Was tut die Schweiz, um Armut zu bekämpfen? Wo stehen wir fast zehn Jahre nach 2010, dem europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung?

Ein Meilenstein

Die Armutsbekämpfung liegt historisch in der Kompetenz der Kantone. Ihr Engagement variiert stark. Während einige Kantone nicht einmal die Zahl der Armutsbetroffenen kennen, haben andere jüngst wirksame Instrumente gegen Familienarmut eingeführt. Die Unterschiede sind unverständlich und unsozial, aber das Thema ist komplex. Viel Druck aus Zivilgesellschaft und Politik führte 2014 zur Lancierung ei­nes nationalen Armutsprogramms. Damit wurde Armut erstmals überhaupt zu einem nationalen Thema und einer Bundesaufgabe: ein Meilenstein in der schweizerischen Armutspolitik.

Armutsprogramm jäh gestoppt

Zu den thematischen Schwerpunkten Bildung, berufliche und soziale Integration, Wohnen, Schulden und Familienarmut wurden wertvolle Grundlagen erarbeitet. Zudem wurde ein Konzept für ein nationales Armutsmonitoring erstellt, welches die Armutsentwicklung schweizweit beobachtet und Trends analysiert. Gleichzeitig hat das Programm den Austausch und die Vernetzung zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden, Städten, der Zivilgesellschaft und armutsbetroffenen Menschen vorangetrieben. Dies trug zum gegenseitigen Verständnis bei und hat armutspolitische Fragen geschärft. Umso unverständlicher ist die Tatsache, dass der Bundesrat vor einem Jahr entschied, sein finanzielles Engagement markant zu reduzieren und auf ein nationales Armutsmonitoring zu verzichten. Die beginnende Dynamik wurde jäh gestoppt. Das Folgeprogramm – die nationale Plattform gegen Armut – erscheint als zaghaftes Bemühen, der Armutsbekämpfung auf Bundesebene kein abruptes Ende zu bescheren.

Zwei Revisionen

Menschen, die in Not geraten, haben hierzulande einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Unterstützung und materielle Hilfe für ein menschenwürdiges Leben. Was das konkret bedeutet, darüber wurde in den letzten zwanzig Jahren heftig gestritten. In zwei Revisionen wurden die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) revidiert, und die materielle Unterstützung wurde kontinuierlich reduziert. Während die erste Revision 2005 noch eine bessere berufliche Integration bezweckte, fokussierte die zweite Revision 2015 auf das «Wohlverhalten» der Sozialhilfebeziehenden unter Androhung von einschneidenden Sanktionen.

Trotz den Revisionen der SKOS-Richtlinien wurde es um die Sozialhilfe nicht still. Im Zentrum stand meist die Höhe des Grundbedarfs. Der jüngste Angriff auf denselben ist im Mai in Bern gescheitert. Dort schickte das Stimmvolk eine Revision des Sozialhilfegesetzes bachab, die eine pauschale Kürzung des Grundbedarfs um 8 Prozent vorsah. Die Vorstellung, dass mehr Druck zu besserer Integration in den Arbeitsmarkt führe, konnte offenbar nicht überzeugen. Der Entscheid von Bern ist wichtig. Er ist ein Bekenntnis zum nationalen Konsens und zum untersten Netz in unserem System der sozialen Sicherheit, mehr aber nicht, denn letztlich wurde nur der Status quo verteidigt. Viel Energie und Geld sind in die Diskussion geflossen, wie die Schweiz mit den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft umgehen soll. Es geht dabei um Franken und Rappen und nicht um Lebensrealitäten und Zukunftsperspektiven von armutsbetroffenen Frauen, Männern und Kindern.

Rahmengesetz notwendig

Ein fünfjähriges nationales Armutsprogramm, eine Plattform gegen Armut auf Bundesebene, ein jahrelanger Kampf gegen Sozialhilfekürzungen in den Kantonen: Das ist die Ausbeute von zehn Jahren Armutsbekämpfung in der Schweiz. Einer kohärenten Armutsstrategie mit Zielen und Massnahmen ist man dadurch kaum nähergekommen. Dabei stehen dringende Probleme an: Kinderarmut ist eine Tatsache, Alleinerziehende haben heute kaum Möglichkeiten, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen, Bildung – von früher Förderung bis zur Weiterbildung – wird im Zuge der Digitalisierung immer wichtiger. Sie bleibt aber bis heute vor allem Gutverdienenden, Vollzeitarbeitenden und Kinderlosen vorbehalten, und wer in den Genuss guter früher Förderung kommt, hat entweder ein prall gefülltes Portemonnaie oder Glück gehabt. Es ist an der Zeit, dies zu ändern. Das Prinzip Hoffnung reicht nicht. Von allein wird Armut nicht verschwinden. Es braucht eine klare Strategie mit Zielen, Massnahmen und einer regelmässigen Wirkungsmessung zur Bekämpfung und zur Prävention von Armut. Zudem wäre es notwendig, ein Rahmengesetz Sozialhilfe auf Bundesebene einzuführen, das die Existenzsicherung landesweit regeln würde.

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Sozialhilfe kürzen?

Berner Stimmvolk sagte Nein

Die kantonale Abstimmung vom Mai in Bern über die Sozialhilfe war von nationalem Interesse. Bei einem Ja zum revidierten Sozialhilfegesetz hätte der Kanton Bern als erster Kanton den Grundbedarf der Sozialhilfe unter die Ansätze der SKOS gesenkt. Die Vorlage hätte vor allem für junge Erwachsene und vorläufig aufgenommene Ausländer zu markanten Kürzungen geführt. Die Kantonsregierung wollte erreichen, dass das Arbeiten wirtschaftlich attraktiver wird, als Sozialhilfe zu beziehen. Sozialhilfebezüger sollten stärker motiviert werden, sich möglichst schnell wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das Resultat fiel knapp aus: Die Bernerinnen und Berner lehnten die Kürzung der Sozialhilfe mit 52,6 Prozent ab.tr

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