Es gibt Menschen, die können kein Rad schlagen. Oder auch nur im Schneidersitz hocken. Oder Laufen, ohne über die eigenen Füsse zu stolpern. Diese Art von Tollpatschigkeit hat im Geräteturnen nichts verloren: Haltung, Selbstbeherrschung, Eleganz lauten hier die Schlüsselbegriffe. Die Mädchen, die bei den Regionalmeisterschaften Nord in der Turnhalle Le Mouret dabei waren, haben diese Begriffe verinnerlicht: Jeder Sprung, jedes Abrollen, jede Drehung sieht graziös aus. Sie gehören noch zum Nachwuchs, an diesem Samstag treten nur die Anfänger-Kategorien K1 und K2 an. Sie messen sich in vier Disziplinen: Boden, Ringe, Sprung und Reck. Während den Wettkämpfen herrscht Totenstille in den Zuschauerrängen: «Das ist ja wie in der Kirche hier», murmelt eine Mutter ihrem Ehemann zu. Marisa Schweizer, die Wettkampfverantwortliche, kennt den Grund dafür: «Beim Geräteturnen ist äusserste Konzentration gefragt. Wenn es da laut ist, können sich sowohl die Turnerinnen wie auch die Wertungsrichter nicht konzentrieren.» Denn auch die Jury hat eine schwierige Aufgabe: Kleinste Abweichungen von der Figur, leichteste Krümmungen der Gliedmassen geben sofort einen Abzug.
Typischer Schweizer Sport
Geräteturnen ist dank den glitzernden Turndressen und den fliessenden Bewegungen ein ästhetischer Sport. Doch die beinlosen Anzüge sind in erster Linie praktisch: «Hätte man weite T-Shirts oder Trainerhosen an, könnte man sich am Reck verheddern. Ausserdem spannt man sich automatisch besser an, wenn die Beine nackt und der Anzug eng sind», sagt Marisa Schweizer. Die 20-Jährige weiss, wovon sie spricht: Sie turnt seit der vierten Klasse selber, zuerst im Turnverein Wünnewil, nach dessen Auflösung dann bei Getu Sense. Mittlerweile ist sie nicht nur selbst Turnerin, sondern auch Trainerin, Wertungsrichterin und Wettkampf-Verantwortliche des Freiburgischen Turnverbandes. Allgemein ist Geräteturnen im Kanton Freiburg ziemlich populär, etwa im Vergleich zu anderen Schweizer Kantonen. Ein Ländervergleich wäre wenig sinnvoll: Geräteturnen ist eine Abspaltung des Kunstturnens, eine Breitensportform, und die gibt es als solches nur in der Schweiz und in Liechtenstein. «Kunstturnen ist einfach noch elitärer», erklärt Schweizer. Die korrekte Ausführung der Übungen wird in ihrem Sport stärker gewichtet als der Schwierigkeitsgrad.
Den eigenen Körper spüren
Rückwärtsrolle, Handstand, sich elegant vorüberfallen lassen und abrollen, dann ein Rad oder einen Spagat–so ungefähr sieht eine Übung bei der Kategorie Bodenturnen aus. Eine grosse Herausforderung für die jüngeren Turnerinnen sei es, ihren eigenen Körper zu spüren, erklärt die Wettkampf-Verantwortliche. «Gerade bei einer Abfolge von fünf Bewegungen ist es schwierig, alles zu korrigieren. Sie vergessen es gleich wieder.» Daher gelte es, die Übungen langsam und stetig zu wiederholen. Währenddessen turnen die Mädchen fleissig weiter: Schliesslich kann man sich bei diesem Turnier für die kantonalen Meisterschaften im Mai in Düdingen qualifizieren.