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Über die Geschwindigkeit des Lebens

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Über die Geschwindigkeit des Lebens

Autor: Irmgard Lehmann

Normalerweise schreiten auf dem roten Teppich Stars und Politikergrössen. Doch in Lenzburg ist er auch für gewöhnliche Sterbliche ausgelegt. Der rote Teppich als Symbol der Entschleunigung führt die Besucher direkt in die Ausstellung «nonstop».

In der Halle bittet mich die Empfangsdame Handy und Uhr in ein Schliessfach zu legen. Dort ticken und klingeln bereits eine Menge andere Uhren und Handys vor sich hin. Sich der Zeit hingeben – das ist der Sinn der Abgabe.

Ein Lärmangriff

Ich trete in die erste Kammer ein. Die Türen schliessen sich. Eingeschlossen, was geht hier ab? Ein Sammelsurium von Hintergrundgeräuschen trommelt auf mich ein: Menschen rennen, Schreibmaschinen rattern, Handys klingeln, Autos quitschen, Züge rollen: unheimlich.

Worte der Tempomacher

Endlich öffnet sich eine Tür und ich begebe mich – noch ganz benommen von diesem Lärmangriff – in ein überdimensioniertes Schneckenhaus. Hier haben Tempomacher das Wort: Der Leiter Telecom preist die Geschwindigkeit des Glasfaserkabels. In den Briefverteilzentren sortieren Roboter pro Tag 15 Millionen Briefsendungen. Die Migros setzt auf Fertigprodukte, für deren Zubereitung wir heute nur noch 5 Minuten brauchen. Der Bauer schickt den Melkroboter viermal pro Tag zur Arbeit. Und der Chefarzt bekämpft Tumore in Minimalzeit: ein spannender Dok-Film.

Tipps, wie mit der Zeit umzugehen ist, bekomme ich via Stethoskop zu hören. Philosophen, Schriftsteller und Psychologen informieren über positiven und negativen Stress. «Wir müssen lernen mit der Zeit besser umzugehen. Zeitinseln schaffen. Man hat das Gefühl, es ginge alles nach dem Motto ?Wer früher stirbt, ist länger tot?», sagt etwa der Zeitphilosoph Mark Riklin. Dass der Umgang mit der Zeit in der Schule kein Thema ist, bedauert er sehr. Und «Du bist zu schnell gerannt fürs Glück» heisst es etwa bei Nietzsche.

Zeit gewinnen

Wie sehr sich die Beschleunigung in unseren Alltag eingeschlichen hat, zeigen die Zeitgewinner: Reissverschluss (1923), Haartrockner, Pampers, Stabmixer, Fixleintuch Klettverschluss (1951) hat das letzte Jahrhundert hervorgebracht.

Aber auch in Zukunft wird alles, was Zeit spart, Erfolg haben. Vielleicht können wir künftig den Kochtopf vor dem Fernseher bedienen?

Immer wieder klagen wir über fehlende Zeit. Wir rennen und hasten, obwohl wir eigentlich verstehen, was Nietzsche meint: «Wer sich nicht auf der Schwelle des Augenblicks niederlassen kann, der wird nie wissen, was Glück ist.»

Mit der Zeit umgehen

Im Obergeschoss setze ich mich gemütlich an eine Bar. Serviert bekomme ich einen Kopfhörer. Aus der Menukarte darf man Langspielplatten auswählen. Da berichten Menschen in kurzen Statements über ihre Zeiterfahrung: Der 64-jährige Roland Rasi, Rechtsanwalt und Ex-Bankdirektor zu «Wenn die leere Agenda zum Stress wird». Die Lehrerin Kathrin Nadeler zu «Vom Entscheid, sich Zeit zu nehmen».

Die Zweitklässlerin Johanna Bösiger wiederum beklagt sich über Opa, der wenig Zeit hat und immer nur sagt: «Chasch schnell häbe, chasch schnell hole.» (Ja, warum sagen wir eigentlich nicht «chasch langsam häbe, chasch langsam hole?) Auch der Freizeitstress mit «Tschutte, Cello, Ufzgi mache» macht der Schülerin zu schaffen. Man hört aber auch vom Professor, der den Berg von Dossiers nicht mehr abtragen kann, von Frau Hess, die im Altersheim das Warten lernt, und vom Werber Hirsbrunner, der unter Zeitdruck erst richtig kreativ wird.

«Nonstop» zwingt zum Innehalten. Man muss sich Zeit nehmen. Spätestens nach drei Stunden habe auch ich die Zeit vergessen und habe erfahren, wofür es sich lohnt, Zeit zu nehmen – nämlich für die Ausstellung «Nonstop».

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