Autor: Anton Jungo
Der 54-jährige Hubert Zurkinden ist ausgebildeter Theologe. Während seines Studiums in Freiburg und Tübingen war er mit der Befreiungstheologie in Lateinamerika in Kontakt gekommen und beschäftigte sich intensiv mit wirtschaftsethischen und gesellschaftspolitischen Themen. Nach der Zeit als Pastoralassistent und Religionslehrer wandte er sich der Politik zu. «Die Anliegen, die mir als Theologen wichtig sind, konnte ich bei den Grünen voll einbringen», betont er. Hubert Zurkinden ist verheiratet und nebst dem auch ein erfolgreicher Musiker und Organist.
Während Ihrer mehr als neunjährigen Zeit als Generalsekretär haben die Grünen ihre Sitze im eidgenössischen Parlament mehr als verdoppelt. Was macht die Partei so erfolgreich?
Zu Beginn meiner Amtszeit zählte die Bundeshausfraktion zehn Mitglieder. Jetzt sind es 24: Zwanzig Grüne im Nationalrat, zwei im Ständerat. Dazu kommen zwei Mitglieder aus anderen Parteien.
Für den Erfolg der Grünen gibt es verschiedene Gründe. In der Bevölkerung hat das Bewusstsein für Umweltprobleme – vor allem wegen der Klimaerwärmung – stark zugenommen. Ausser der SVP sind sich heute alle Parteien dieser Probleme bewusst. Die Grünen gelten aber als jene Kraft, die sich seit jeher konsequent für Umweltschutz engagiert und die Meinung vertritt, dass ein wirtschaftliches Wachstum auf Kosten der Umwelt nicht möglich ist.
Das genügt aber nicht, um auch wahrgenommen zu werden.
Es ist uns in den letzten Jahren gelungen, in allen Kantonen grüne Parteien zu gründen. Die jüngste Gründung fand in Obwalden statt. Kurz nach der Gründung hat diese junge Partei das Referendum gegen die Sonderbauzonen für Reiche ergriffen.
Die Gründung neuer Kantonalparteien habe ich begleitet. Ich habe interessierte Personen unterstützt und ermutigt.
Es war mir aber auch ein wichtiges Anliegen, dass alternative Gruppen wie zum Beispiel das Grüne Bündnis Bern zu den Grünen stossen. Heute sind alle grün-alternativen Parteien bei den Grünen Schweiz.
Die Grünen haben bewiesen, dass sie gute und fähige Leute in ihren Reihen haben. Ausser in St. Gallen sind wir in der Exekutive aller grossen Städte vertreten. Die grünen Exekutivpolitiker gelten als Personen, die frei und unabhängig politisieren.
Wie steht es mit dem Nachwuchs?
Bestens. Im Jahr 2004 wurden die Jungen Grünen gegründet. Sie sind heute mit Bastien Girod bereits im Nationalrat vertreten und sind in vielen Kantonen sehr aktiv. Ich habe dafür gesorgt, dass für sie innerhalb der Partei ein eigenes Budget vorgesehen wurde.
Wann ziehen die Grünen in den Bundesrat ein?
Wir hätten eigentlich mehr Anspruch auf einen Bundesratssitz als die FDP und die CVP auf einen zweiten Sitz. Zurzeit wollen uns die anderen Parteien aber nicht im Bundesrat. Sie werden dies solange verhindern, bis es nicht mehr geht. Unsere Chance wird aber kommen. Ob es schon 2011 soweit sein wird, wird sich zeigen.
Nötig wäre es, dass wir im Bundesrat vertreten sind. Wir haben die grösste Kompetenz in Umweltfragen und für einen ökologischen Umbau der Wirtschaft. Die anderen Parteien springen jeweils auf unseren Zug auf, wenn eine Frage reif ist.
Wie hat Ihre Herkunft von der Theologie die Arbeit als Generalsekretär beeinflusst?
Die Anliegen, die mir als Theologe wichtig sind, konnte ich bei den Grünen voll einbringen. Sie lassen sich in den Stichworten des ökumenischen Prozesses «Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung» zusammenfassen. Genau dieses Programm vertreten die Grünen. Natürlich nicht in einer theologischen Sprache.
Es war mir in diesem Sinne wichtig, dass die Grünen Umweltpolitik, Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik als Ganzes betrachten und verbinden. Das tut keine andere Partei. Sobald es um die Wirtschaft geht, lässt die SP beispielsweise die Umweltanliegen oft fallen. Und die bürgerlichen Parteien opfern soziale Anliegen den Profitinteressen der Wirtschaft.
Als Journalist hatte ich im übrigen gelernt, die Sache auf den Punkt zu bringen.
War es eine bewusste Wahl, da Sie eher im Hintergrund blieben?
Ich stehe bei Debatten oder bei Wahlen durchaus gerne im Vordergrund. Und es ist für mich auch kein Problem, öffentlich aufzutreten. Es ist aber nicht Aufgabe eines Generalsekretärs, im Vordergrund zu stehen. Er muss dafür sorgen, dass es der Partei gut geht und sie eine kohärente Politik vertritt. Ich habe meine Aufgabe darin gesehen, die Arbeit der Parteigremien zu koordinieren und die Gewählten und die Parteimitglieder so zu unterstützen, dass sie eine gute, glaubwürdige Politik machen können.
Was werden Sie jetzt machen?
Ich werde nach Ostern 2010 mit meiner Frau Regula Strobel in St. Antönien im Prättigau das Hotel-Restaurant Rhätia übernehmen. Wir kennen das Rhätia von Wanderferien. Es ist eine glückliche Fügung, dass dieser Betrieb gerade jetzt frei geworden ist.
Bevor wir den Betrieb übernehmen, werde ich die Gastroausbildung und den einen oder anderen Arbeitseinsatz in einem Gastrobetrieb absolvieren.