Untertitel: Die Judenfrage im Zentrum eines Theaterstücks
Die Menschen laufen heutzutage zunehmend Gefahr, sich durch die täglichen Kriegs-und Katastrophenbilder in den Medien abstumpfen zu lassen. Dem will Paul Mommertz mit seinen dokumentarischen Theaterstücken entgegenwirken. So hat er die Protokolle der Wannseekonferenz genauestens studiert und daraus 1985 ein Fernsehspiel verfasst, das die Zuschauer auch heute noch packt und erschüttert.
Am 20. Januar 1942 trafen sich 15 gutgelaunte Männer in einer Villa am Grossen Wannsee in Berlin zu einer Besprechung mit anschliessendem Frühstück. Der Gastgeber war Obergruppenführer Reinhard Heydrich, das zu behandelnde Thema: die so genannte «Endlösung der Judenfrage». Die Folgen sind bekannt: In eineinhalb Stunden wurde über Schicksal und Tod von elf Millionen Menschen befunden.
Die Entscheidungsträger bildeten ein verschworenes Team von Schreibtischtätern, die ruhig und sachlich ihre Aufträge entgegennahmen. Keine kalten Finsterlinge, sondern ganz gewöhnliche Befehlsempfänger.
Wie kann sowas geschehen?
Mommertz’ Stück leistet einen Beitrag zur Frage: Wie konnte so etwas geschehen? Wer waren diese Männer, die die grössten Verbrechen der Menschheitsgeschichte planten? Die Antwort des Stückes ist beängstigend:Diese Leute hatten nicht viel mehr im Kopf als ihre Karriere und den Stolz auf ihre intellektuellen Fähigkeiten.
Auch heute wird bürokratisch über das Schicksal von Millionen von Menschen entschieden. Wer sind die Leute, die die Kriege von heute und morgen planen? Was denken sie sich dabei? Peter Sodann, dem Intendanten des «neuen theaters halle», ist eine tief beeindruckende Inszenierung des Stückes gelungen, keine trockene Geschichtslektion, sondern eine eindringliche Gewissensfrage: Und was haben wir daraus gelernt?