Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Psychologe Jörg Wetzel: «Sportler sind es gewohnt, flexibel und agil zu sein»

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Die Coronavirus-Pandemie rüttelt nicht nur die Wirtschaft und den Alltag der Menschen durcheinander. Auch in der Welt des Sports stand von heute auf morgen so gut wie alles still: keine Olympischen Spiele, keine Fussball-EM, keine Playoffs, keine Eishockey-WM und auch kein Wimbledon.

Im Gespräch mit den FN erklärt der Sportpsychologe Jörg Wetzel, welche Auswirkungen dieser jähe Wettkampfstopp auf die Psyche der Spitzensportler mit sich bringt, wie sie sich neue Ziele setzen müssen und weshalb diese Krise auch eine Chance sein kann.

Jörg Wetzel, welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf Sie ganz persönlich und Ihre Arbeit als Sportpsychologe?

Wenn der Sport so wie jetzt schläft, ist die Sportpsychologie natürlich auch mit einbezogen. Aufträge und Mandate fallen weg. Ich arbeite mit High­performern im Sport und in der Geschäftswelt zusammen. In der Wirtschaft ist es genau das Gleiche. All dies ist jetzt weg. Ich habe Angestellte und da wird die Kurzarbeit ein Thema. Zum Glück aber habe ich das Privileg, einen Teil meiner Arbeit für das Bundesamt für Sport ausüben zu können. Das gibt mir doch noch eine gewisse Sicherheit.

Ist es denn nicht so, dass Sie in Ihrem Beruf in diesen auch für Sportler schwierigen Zeiten umso mehr gefragt sind?

Im Moment befinden wir uns alle in einer Phase der Unsicherheit, Ungewissheit und Angst. Zunächst muss jeder selber damit zurechtkommen, ehe man anderen helfen und sie unterstützen kann. Ich persönlich erlebe es zurzeit so, dass Firmen und Sportverbände insbesondere Videobotschaften von mir wollen. Ich habe darum das Gefühl, dass viel Arbeit da ist, weil ich sehr viel digitalisieren muss und gerade in diesem Bereich vorgeprescht wird.

Spitzensportler können aktuell ihren Beruf nicht ausüben. Wie wirkt sich das auf die Psyche aus?

Die Situation für die Sportler unterscheidet sich nicht gross zu der von Otto Normalbürger – in dem Sinn, dass auch er sich in einem Stadium der Ungewissheit und Unsicherheit befindet. Was aber hinzukommt, ist, dass der Sportler sehr stark von einem Leistungsmotiv getrieben wird und auf ein sehr klar definiertes Ziel hinarbeitet. Dieses Ziel fällt nun plötzlich weg – und es ist nicht möglich, sich irgendein neues Pseudoziel zu setzen. Ich bezeichne den momentanen Zustand deshalb als lauwarmen. Die Sportler müssen sich zunächst finden und neu orientieren, das benötigt seine Zeit. Und es gilt abzuwarten, bis die Verbände neue Perspektiven anbieten können, in Form von Wettkämpfen.

Mit welchen Reaktionen von Sportlern sind Sie in Ihrer Arbeit konfrontiert?

Das ist verschieden. Im Grossen und Ganzen aber reagieren die Spitzensportler sehr positiv auf die Krise. Natürlich finden sie die Situation alles andere als toll, aber sie sind in dieser Phase meist positiv eingestellt, weil sie es als Sportler gewöhnt sind, flexibel und agil zu sein. Das ist eben die Natur der Spitzensportler. Die mentalen Fähigkeiten der Athletinnen und Athleten sind eine Trumpfkarte, die sie nun ausspielen können. Es gibt nicht wenige, die erklären, dass es eine Möglichkeit ist, sich selber noch besser kennenzulernen und um herauszufinden, wie sie in einer Stresssituation reagieren. Viele Sportler nutzen diese Krise deshalb als Selbstprojekt.

Die Coronavirus-Pandemie als Chance also?

Ich sage immer, dass wir in einer freizeitliebenden Ablenkungsgesellschaft leben. Jetzt fallen all die äusseren Störfaktoren für die Sportler weg. Sie können ihren Fokus nur noch nach innen richten. Das ist tatsächlich eine Chance.

Inwiefern können Sie die Sportler dabei unterstützen?

Natürlich kann ich ihnen dafür Inputs geben. Aber das hat Zeit. Sie sollen zuerst eine Periode der Orientierungslosigkeit durchleben und diese emotionale Achterbahn durchmachen. Wenn sich die Sportler gesammelt und neu orientiert haben, gilt es, sich wieder Ziele zu stecken. Von der psychologischen und mentalen Seite her können die Sportler zu einem Prozess in Richtung Ziel angeregt werden. Es kann aber auch der Entspannungs- oder Achtsamkeitsbereich gefördert oder lanciert werden. Eine Variante dafür sind unsere Beiträge für Sportverbände, in welchen wir ein ABC für mentale Stärke abliefern.

Gibt es weitere Möglichkeiten, um die Krise sinnvoll zu nutzen?

Die emotionale Intelligenz ist zum Beispiel ein anderer Aspekt. Ich arbeite etwa eng mit Daniel Burger, dem Chef Leistungssport bei Swiss Shooting, zusammen. Er hat sich das Ziel gesteckt, die innere Stärke seiner Schützen zu stärken. Sie erhielten die Aufgabe, jeden Tag mental an sich zu arbeiten.

Für viele Sportler ist mit der Absage von Grossanlässen wie den Olympischen Spielen ein Traum geplatzt. Wie gelingt es diesen Athleten, die Enttäuschung möglichst schnell hinter sich zu lassen?

Sie dürfen eben genau nicht das Ziel haben, das möglichst schnell hinter sich zu lassen. Es gibt unterschiedliche Reaktionen. Es gibt Ernüchterung oder Anschiss, aber vielleicht auch Erleichterung. Die Ungewissheit und so zu tun, als ob die Spiele doch noch stattfinden würden, war ebenso schwer. Ich empfehle den Sportlern zuerst einmal anzukommen, um dann sicher nicht komplett runterzufahren, sondern strukturiert zu bleiben. Es soll aber nicht mehr mit der gleichen Intensität weiter trainiert werden, sondern eher nach Lust und Laune. Vielleicht können sie einige Dinge ausprobieren, die sonst nicht möglich sind. Aus psychologischer Sicht ist jetzt auf keinen Fall der Augenblick, um eine Pause zu machen. Warum aber nicht zu dem Zeitpunkt, wenn die Olympischen Spiele stattgefunden hätten?

Gibt es Sportler, die im Zuge der Corona-Krise gar Existenzängste haben?

Ich persönlich kenne keine, das ist auch nicht das Thema. Das liegt daran, dass in der Schweiz nur gerade fünf Prozent vom Sport leben können. Der ganze Rest ist gut organisiert und baut sein Leben nicht nur auf dem Sport auf. Für die wenigsten ist der Sport existenziell, so wie es die Arbeit für einen Maurer ist. Klar müssen auch sie finanzielle Einbussen hinnehmen. Aber wir sprechen hier – salopp gesprochen – nur von der Spielzeugabteilung des wahren Lebens. Gesellschaftspolitisch geht es in dieser Krise um wichtigere Dinge.

Um den Sport muss man sich also längerfristig keine Sorgen machen?

Der Umgang der Sportwelt mit dem Coronavirus erlebe ich grundsätzlich als positiv. Natürlich sind wie überall Zweifel und Ängste vorhanden. Aber ich möchte das Ganze nicht zu negativ betrachten. Oft werden die Athleten in der totalen Opferrolle wahrgenommen. Dem ist nicht so. Die Sportler sind alle mental sehr stark und belastbar. Jetzt ist einfach noch mehr Resilienz gefordert. Ich verleihe der ganzen Krise eine positive Konnotation.

Zur Person

Psychologe der Olympiadelegation

Jörg Wetzel ist Gründer und Inhaber der Firma Sport Psychologie Wetzel GmbH und Autor des Buches «Gold – mental stark zur Bestleistung». Als Sportpsychologe begleitet der in Kerzers wohnhafte Berner im Spitzensport seit rund zwanzig Jahren verschiedene Top-Athleten und Top-Teams (u.a. den SC Bern und die Berner Young Boys) sowie Verbände wie zurzeit den Schiesssport- und Segelverband. Seit 2006 ist Wetzel Psychologe der Schweizer Olympiadelegationen. Zudem leitet er Kaderausbildungen, Seminare und Workshops in der Wirtschaft. Vor seiner Tätigkeit als Sportpsychologe hat er das Sportlehrerdiplom absolviert und eigene Erfahrungen im Spitzensport als Mitglied der Schweizer Nationalmannschaft im Militärischen Fünfkampf gesammelt. Nebst seiner Tätigkeit in der angewandten Sportpsychologie arbeitet er für das Bundesamt für Sport in Magglingen sowie für die Swiss Olympic Association.

 

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema