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Vertrauenskrise in Bellechasse

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Der Direktor von Belle­chasse, Franz Walter, spricht von einem «Unwohlsein», Sicherheits- und Justizdirektor Erwin Jutzet (SP) nennt es eine «Krise» (siehe Kasten), und die Gewerkschaft spricht von «Vertrauensverlust zwischen dem Personal und dem Direktor» der Anstalten Bellechasse.

Das Klima innerhalb der Anstalten Bellechasse ist angespannt: Vier Mitarbeiter der Strafanstalt haben sich zusammen mit dem Gewerkschaftssekretär des Verbands des Personals öffentlicher Dienste, Gaétan Zurkinden, an die Presse gewandt, um ihre Sorgen kundzutun. Es herrsche ein Gefühl der Angst, das Personal sei besorgt um seine Zukunft, und es wolle aufrütteln, damit sich die Situation bessere, sagte Zurkinden im Namen der anwesenden Mitarbeiter. Die zum Teil Jahrzehnte in Bellechasse arbeitenden Personen, welche nicht namentlich genannt werden wollen, verlangen ein Eingreifen der Behörden. Gemäss einem der Mitarbeiter vertreten sie mit ihrer Position «mindestens 90 Prozent des Personals». In Bellechasse gibt es rund 140 Vollzeitstellen, davon 90 für Gefängniswärter.

Umstrittenes Dienstsystem

Auslöser der Unzufriedenheit war die geplante Einführung eines neuen Dienstsystems, so Zurkinden. Dieses ist nun aber am starken Widerstand des Personals gescheitert. Die Restrukturierung sah zwei wesentliche Änderungen vor: neue Dienstzeiten und eine Spezialisierung.

Bisher ist der Betrieb der Anstalten in einem «Brigadesystem» organisiert: Ein Wärter arbeitet während einer Woche sieben Tage am Stück durchschnittlich 6,5 bis 6,75 Stunden als Aufsicht, und in der darauffolgenden Woche 4,5 «normale» Tage in den Ateliers der Anstalt. Nach dem neuen System wären im Sicherheitsdienst Schichten von zwölf Stunden bis zu sechs Tage hintereinander möglich geworden.

Zudem sah das neue System vor, die bisherige duale Aufgabe der Wärter aufzuteilen: Ein Teil des Personals sollte sich nur um Sicherheit und der andere Teil nur um Resozialisierung und die Arbeit in den Werkstätten kümmern.

Dagegen wehrte sich das Personal in der Vernehmlassung. Die Reform würde negative Auswirkungen auf die Gesundheit und das soziale Umfeld der Angestellten haben. Auch würde die Sicherheit unter den Änderungen leiden. Bei Schichten von mehr als acht Stunden lasse die Aufmerksamkeit nach, zudem erlaube die bisherige duale Aufgabe, die Gefangenen zu kennen und einzuschätzen.

Vorwürfe im Raum

In einem Brief an das Personal von Bellechasse vom 11.­November teilte Staatsrat Erwin Jutzet schliesslich mit, die Verwaltungskommission habe mit dem Einverständnis des Direktors von Bellechasse den geplanten Systemwechsel gestoppt.

Der zehnmonatige Prozess zur Erarbeitung eines neuen Systems hat dennoch Wunden hinterlassen. Darauf geht Anstaltsdirektor Franz Walter in einem Schreiben ans Personal ein, das den FN vorliegt: «Die Direktion der Anstalten und die Arbeitsgruppe weisen jegliche Gerüchte über Lügen und Manipulationen von sich, welche sie betreffen.» Er fordert von den Mitarbeitern, dass sie «schädliches und verleumderisches Verhalten gegenüber Personen unterlassen», welche an der Ausarbeitung des neuen Systems mitgearbeitet haben.

Um was es bei den Manipulationsvorwürfen geht, präzisiert ein Mitarbeiter. Der Anstaltsdirektor habe den Wechsel zum neuen System erzwingen wollen; dabei habe er argumentiert, das bisherige Dienstsystem widerspreche dem Arbeitsgesetz. «Die angestrebte Reform basiert auf falschen Voraussetzungen: Das Strafvollzugspersonal unterliegt gar nicht dem Arbeitsgesetz», so der Mitarbeiter. Auch als Direktor Walter darauf aufmerksam gemacht wurde, habe er sich nicht vom Reformprozess abbringen lassen.

Abgänge und Ausfälle

Schliesslich obsiegte doch die Erkenntnis, dass das Arbeitsgesetz im Strafvollzug nicht angewendet werden muss. In seinem Schreiben ans Personal schreibt Walter, der juristische Kontext habe sich zwischen zwei Sitzungen geändert.

Ein Personalvertreter sagt: «Viele Mitarbeiter fühlten sich durch den Prozess unter Druck gesetzt und haben bis heute Angst, ihre Meinung zu sagen. Wer die Meinung des Direktors infrage stellt, wird barsch zurechtgewiesen.» Dies habe zu einer Spaltung geführt, welche bis auf Direktionsstufe reiche.

Die Diskussionen um das neue Arbeitssystem hätten auch einen autoritären Führungsstil des Direktors zutage gebracht. Bereits Walters Vorgänger, Philippe Tharin, wurde sein autoritärer Führungsstil vorgeworfen, was zu einem Audit und schliesslich zu dessen Abgang führte. «Bei Tharin wussten wir aber, woran wir waren», so ein Mitarbeiter. Walter aber habe zwei Seiten und sei unberechenbar: «Oft werden wir gemassregelt wie kleine Kinder.»

Das angespannte Klima zeige Auswirkungen auf das Personal, heisst es. So seien mehrere Personen über längere Zeit krankgeschrieben, und sowohl 2015 als auch 2016 habe es gegen zehn Entlassungen und Demissionen gegeben. «Im Strafvollzug gibt man seine Stelle nicht einfach so auf», bemerkt ein Mitarbeiter.

Franz Walter

«Ein Ventil für jahrelange Übermüdung»

Die Idee eines neuen Dienstsystems sei entstanden, um die bestehende Funktionsweise von Grund auf zu verbessern. Dies sagt Franz Walter, Direktor der Anstalten Bellechasse, auf Anfrage der FN. Er betont, dass in der ganzen Planungsphase das Personal voll einbezogen worden sei. Er habe als Direktor nicht in der Arbeitsgruppe mitgewirkt. «Ich wollte, dass dieses Projekt von Personen aus der Praxis erarbeitet wird, und ich habe meine Meinung nicht vorgeben.»

Wie Walter sagt, habe er das sehr negative Echo auf das ausgearbeitete Projekt zur Kenntnis genommen und selber der Verwaltungskommission vorgeschlagen, es nicht umzusetzen. «Ich habe dabei zu einer Denkpause angeregt.»

Dass er in seinem Brief vom 21. November das Personal bittet, «schädliches und verleumderisches Verhalten» zu unterlassen, sei in Bezug auf die Personen zu verstehen, die am Projekt mitgearbeitet haben. «Sie sind zum Teil persönlich angegriffen und beleidigt worden», so Walter.

Die jetzige Situation in den Anstalten Bellechasse bezeichnet Walter als «Unwohlsein.» Sie sei in erster Linie in der Ermüdung und Ermattung des Personals begründet, welche mit einem latenten Personalmangel zu tun haben. «In jedem Budgetprozess habe ich ein Gesuch um mehr Personal gestellt», so Walter. «Das war letztlich auch ein Grund für das Reformprojekt: um den Betrieb effizienter zu machen. Aber es stand unter einem schlechten Stern, denn es hiess, es müsse mit dem bestehenden Bestand geleistet werden.»

Auch krankgeschriebene Personen begründet Walter mit dem Personalmangel. Die Reaktionen und Vorwürfe an seine Person sieht er als «Ventil für die jahrelange Übermüdung». Er selber wolle die Situation nicht einfach aussitzen, sondern ihr mit vermehrter Präsenz auf dem Gelände begegnen.

«Ich suche den Kontakt mit dem Personal: Nie habe ich jemandem eine abweichende Meinung übel genommen. Jeder Mitarbeiter kann jederzeit zu mir kommen; niemand hat irgendwelche Nachteile zu befürchten», so Walter.

uh

Erwin Jutzet

«Ich will meinem Nachfolger keine Leiche hinterlassen»

Staatsrat Erwin Jutzet (SP) betont unmissverständlich: «Das ausgearbeitete Projekt eines neuen Dienstsystems für Bellechasse ist gestoppt.» Im Brief der Verwaltungskommission vom 11. November hiess es, die Überlegungen würden weitergehen. Gegenüber den FN präzisiert Jutzet: «Wir werden die Frage neu analysieren müssen. Verbesserungen des Systems sind nötig, aber man muss mit der Arbeit von der Basis her beginnen.» Eine Anpassung drängt sich im Rahmen des Gesetzes über den Straf- und Massnahmenvollzug auf, das 2018 zu einer Fusion des Zentralgefängnisses mit Bellechasse führt.

Dass in den Anstalten Belle­chasse eine angespannte Situation herrscht, ist Jutzet nicht entgangen: «Es gibt eine Krise, das ist nicht zu leugnen.» Auch wenn Jutzet nur noch einen Monat im Amt ist, sagt er: «Ich versuche, zu kitten und die Gemüter zu beruhigen.» Er bedauert, dass insbesondere der Personalvertreter in der Arbeitsgruppe «zwischen Stuhl und Bank fiel und von Mitarbeitern als Verräter angesehen wurde».

Diffus sind für Jutzet hingegen die Klagen über den Führungsstil des Direktors und das Klima der Angst: «Angst ist oft etwas Unbestimmtes. Das Personal hat vor allem wegen dem Projekt des Dienstsystems Angst bekommen.»

Morgen findet eine Sitzung der Verwaltungskommission statt, und Mitte Dezember besucht Jutzet die Anstalten und wird zum ganzen Personal sprechen. «Ich will meinem Nachfolger keine Leiche hinterlassen», so Jutzet.

uh

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