Vier Anläufe für die Kantonsbibliothek
Autor: Carole Schneuwly
Als vor 100 Jahren, am 11. Juni 1910, die Kantons- und Universitätsbibliothek (KUB) Freiburg an ihrem aktuellen Standort eröffnet wurde, zählte die Universität weniger als 600 Studierende. Heute sind es rund 10 000, und die KUB stösst, trotz einer Erweiterung im Jahr 1976 und der Inbetriebnahme des Aussenmagazins Beauregard 2002, an die Grenzen ihrer Kapazitäten.
Ursprung im Jahr 1848
Während der nächste grosse Ausbau bereits geplant ist (siehe Text unten), nutzen die Verantwortlichen die Gelegenheit, um im Rahmen des Jubiläums einen Blick zurückzuwerfen. Eine 224 Seiten starke, zweisprachige Publikation, unter anderem mit Beiträgen von Aloys Lauper vom kantonalen Amt für Kulturgüter und von KUB-Direktor Martin Good, rollt die Geschichte der Bibliothek auf.
Deren Wurzeln reichen ins Jahr 1848 zurück, als der Grosse Rat die Gründung einer öffentlichen Kantonsbibliothek beschloss. Ende 1847 hatte die neue radikale Herrschaft die Jesuiten vertrieben und religiöse Orden aufgehoben. Deren Bibliotheken, insgesamt etwa 37 000 Bände, sollten den Anfangsbestand der Kantonsbibliothek bilden. Bis diese ein angemessenes Gebäude erhielt, dauerte es jedoch noch eine Weile, wie Aloys Lauper im Buch darstellt. Vorerst wurden die Bücher in der ehemaligen Bibliothek des Kollegiums St. Michael untergebracht, auf einer Fläche von knapp 100 Quadratmetern.
Derweil entwarf Kantonsarchitekt Johann Jakob Weibel ein Umbauprojekt für das Franziskanerkloster, das die Bibliothek und ein Kantonsmuseum beherbergen sollte. 1851 wurde das Projekt wegen Geldmangels ad acta gelegt. Eine nächste Gelegenheit bot sich in den 1870er-Jahren. Die Pläne zum Abriss der Liebfrauenbasilika führten zu der Idee, die Bibliothek an deren statt zu errichten. Das Ansinnen scheiterte, als das Bistum das entsprechende Abkommen mit der Stadt 1879 widerrief.
1889 veränderte die Gründung der Universität die Ausgangslage: Kantonsbibliothekar Jean Gremaud wurde von zahllosen weiteren Büchern, hauptsächlich Schenkungen, überschwemmt, die er nirgends unterzubringen wusste. Gremaud selbst war es, der in den 1890er-Jahren mit seiner Einsprache den dritten Anlauf zur Einrichtung eines Bibliotheksgebäudes im ehemaligen Zeughaus an der Murtengasse zum Scheitern brachte.
Lösung im Altquartier
Zur gleichen Zeit erkannte der neue Baudirektor, Staatsrat Louis Cardinaux, das Potenzial des Altquartiers als Standort für die künftige Kantonsbibliothek. Nach einer Machbarkeitsstudie wurde 1906 der Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Diesen gewann das Berner Büro von Wilhelm Bracher und Friedrich Widmer mit einem neobarocken Entwurf, der die Konkurrenz deutlich ausstach.
1908 begannen die Bauarbeiten, und Ende 1909 wurde die neue Bibliothek, nun unter dem Namen «Kantons- und Universitätsbibliothek», in Betrieb genommen. Am 11. Juni 1910 fand die offizielle Einsegnung und Eröffnung statt. Der gesamte Bau, inklusive Grundstückserwerb und Inventar, kostete eine Million Franken.
Das Buch «Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg: Geschichte eines hundertjährigen Gebäudes» ist für 25 Franken im Buchhandel und in der KUB erhältlich.