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Vom Pfarrer, der Dorfkönig war

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Autor: Anton Jungo

Murten«In unserem Dorf herrscht gegenwärtig eine solch’ traurige Lage, dass man sich in diesen aufgeregten Zeiten beinahe nach Russland versetzt glauben könnte», schilderte der Murtenbieter in seiner Ausgabe vom 5. Dezember 1906 die Situation im Seeländer Dorf Kerzers.

Was war vorgefallen? Bei den Grossratswahlen vom 2. Dezember 1906 hatten die Freisinnigen fünf ihrer bisherigen elf Sitze (der Seebezirk hatte Anrecht auf 13 Sitze) verloren. «Der 2. Dezember 1906 wird ein denkwürdiger Tag in der Parteigeschichte des Kantons Freiburg sein. Die konservative Partei hat einen glänzenden Sieg auf der ganzen Linie erfochten, einen so glänzenden Sieg, dass man wohl sagen darf, sie ist auf dem Zenit angelangt…», kommentierten die FN den Wahlausgang.

Polarisierender Mensch

Der Schuldige für das Wahldebakel der Radikalen im Seebezirk – und im Kanton – war bald gefunden: Samuel Schaffner, Pfarrer in Kerzers. Der beliebte Pfarrer und gewiefte Geschäftsmann war eine Persönlichkeit, die polarisierte. Politische und kirchliche Kompetenzen waren damals nicht klar geregelt und die Kirchgemeinde Kerzers war zudem Freiburg und Bern unterstellt. Doch auch Familienpolitik spielte eine Rolle; Pfarrer Schaffner hatte in die einflussreiche Kerzerser Wirte-Familie Notz eingeheiratet.

John Weber, reformierter Pfarrer in Huttwil, hat die «Affäre Schaffner» als Thema seiner Lizentiatsarbeit an der theologischen Fakultät der Uni Bern gewählt. «Aufstieg und Fall von Samuel Schaffner (1864-1935), Pfarrer und Dorfkönig von Kerzers», lautet der Titel seiner Arbeit. Im Rahmen der Vortragsreihe des Geschichtsforschenden Vereins hat er am Dienstagabend in Murten die Ergebnisse vorgestellt.

Seine Predigten soll der begnadete Redner Samuel Schaffner jeweils auf dem kurzen Weg vom Pfarrhaus zur Kirche vorbereitet haben. Umso mehr Zeit blieb ihm für sein wirtschaftliches Engagement in Kerzers. Und im Seeländer Dorf lief zu Beginn des letzten Jahrhunderts einiges: Gemüseanbau im entsumpften Grossen Moos, Bau von Konservenfabriken und der Bahnlinie Bern-Neuenburg usw. Überall mischte Schaffner mit.

Eine «Bombe» platzt

Getrübt wurde das Engagement des unermüdlichen Schaffers durch Vorwürfe, er habe Unterschriften gefälscht und sich sittlicher Vergehen schuldig gemacht. Diese wurden von den Gerichten entkräftet und es wurde wieder ruhiger in Kerzers. Doch dann platzte im Sommer 1911 eine Bombe. Der Murtenbieter meldete am 1. Juli, Samuel Schaffner sei wegen Fälschung von Wechseln verhaftet worden. Es ging um 200 000 Franken; dazu kam ein Privatkonkurs mit einer Passivsumme von bis zu 350 000 Franken.

Am 18. September 1912 wurde Samuel Schaffner vom Gericht des Saanebezirks zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Er verbüsste die Strafe in Bellechasse. Es wurde ruhig um den Pfarrer. Er starb am 21. August 1935 in der kantonalen Pflegeanstalt im aargauischen Muri – arm und einsam.

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