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Von Murtnern, Mördern und Bomben

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2011 wird aus dem Moorboden auf dem Grundstück einer vornehmen Villa am Murtensee eine Leiche geborgen. Die Beine sind abgetrennt, das Gesicht ist nicht mehr erkennbar. Schnell wird klar: Es handelt sich um ein Mordopfer. Die Obduktion fördert schliesslich Erstaunliches zutage: Beim Toten handelt es sich um den ehemaligen ETH-Kernphysiker Jean-Louis Meichtry. Dieser verschwand 1969 spurlos – an ­exakt dem Tag, an dem im nahen Waadtländischen Städtchen Lucens tief in einer Felsenkaverne ein Atomreaktor explodierte.

Die Exposition von Peter Beutlers neuem Krimi «Der Lucens-Gau» fällt spektakulär aus. Doch der Leichenfund in Murten markiert nur den Beginn einer turbulenten Odyssee durch die düsteren Abgründe der Schweizer Geschichte: Denn was der hemdsärmelige Murtner Kommissar Pius Schwaller und der gewiefte Freiburger Staatsanwalt Kurt Stulz in der Folge herausfinden, führt sie direkt zurück in den Kalten Krieg – in eine Zeit, in der die Schweiz mit dem Versuchsreaktor Lucens ein eigenes Atomprogramm aufgleiste (siehe Kasten rechts).

Auf zwei Zeitebenen – die Rahmenhandlung spielt 2011, die Binnenerzählung beginnt kurz nach dem 2. Weltkrieg – entfaltet der Schriftsteller eine Geschichte voller Verschwörungen und dunkler Geheimnisse. «Kriminalromane sind ein perfektes Mittel, um sich mit historischen Themen auseinanderzusetzen», sagt der Autor.

Geschichte als Ideengeber

Für seinen komplex verschachtelten Roman verzahnt Beutler wie schon in seinen früheren Werken eine fiktive Krimi-Handlung mit historischen Fakten, die er aufwendig recherchiert hat. «Ich könnte keine Romane schreiben, die rein fiktiv sind. Ich brauche die Arbeit mit historischem Material, um mich zu inspirieren», sagt er. Am Anfang seiner Arbeit am neuen Roman sei deshalb auch die Geschichte rund um die längst vergessene Kernschmelze in Lucens gestanden und nicht die Krimihandlung an sich. Diese habe sich erst im Prozess der Recherche ergeben: «Ich bleibe den ganzen Schreibprozess über immer nahe an den historischen Quellen». Deshalb versuche er auch, nicht zu viel Fiktives in seinen Roman zu packen: «Mir geht es eher um das Reale als um das Erfundene».

Die Fragmente aus der realen Welt sind denn auch beim Lesen stets präsent: Sei es in Form von historischen Persönlichkeiten wie etwa dem deutschen Physiker Werner Heisenberg oder in Form von naturwissenschaftlichen Exkursen. Und natürlich in der Gestalt von realen Orten. Diese führen den Leser bisweilen auch in den Kanton Freiburg – für Beutler eine Art Sehnsuchtsort: «Ich war schon immer fasziniert von Deutschfreiburg», erklärt er. «Vor allem der ­Dialekt des Sensebezirks hat es mir angetan. Ich mag urchige Dialekte». So führt die haarsträubende Geschichte rund um amerikanische Agenten, rechtsextreme Verschwörer und tödliche Intrigen an der ETH sogar nach Plaffeien. «Das Dorf habe ich vor allem eingebaut, weil mir sein Name gefällt. Er hat einen interessanten Klang», sagt Beutler und schmunzelt.

Neben historischen Begebenheiten spielt im Roman auch das aktuelle Weltgeschehen eine Rolle. So parallelisiert Beutler die Geschehnisse in Lucens zum Beispiel mit dem Unglück in Fukushima, das sich 2011, zum Zeitpunkt der Romanhandlung, ereignete. Eine gewisse pädagogische Absicht ist dem ehemaligen Gymnasiallehrer also nicht abzusprechen. «Ich will die Leser schon etwas belehren, das muss ich zugeben», erklärt der überzeugte Atomgegner. «Der Lucens-Gau ist noch lange nicht Geschichte, auch wenn kaum mehr jemand etwas darüber weiss. Es liegt mir am Herzen, dass wieder mehr über diese Katastrophe gesprochen wird», so Beutler. «Denn vielleicht können wir ja etwas aus der Geschichte lernen».

Peter Beutler: «Der Lucens-Gau». Kriminalroman. 368 Seiten. Emons-Verlag, Köln, 2018.

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«Vor allem der Dialekt des Sensebezirks hat es mir angetan.»

Peter Beutler

Berner Schriftsteller

Zur Person

Vom Chemiker zum erfolgreichen Autor

Der Krimi-Autor Peter Beutler wurde 1942 in Zwieselberg (BE) geboren. Als promovierter Chemiker war der Berner bis zu seiner Pensionierung als Gymnasiallehrer in Luzern tätig. Daneben engagierte er sich als SP-Politiker unter anderem im Luzerner Kantonsparlament. Seit 2010 ist Beutler auch als Schriftsteller tätig. Die Leidenschaft des 76-Jährigen gehört den Krimis (siehe Haupttext). Zu seinen erfolgreichsten Werken gehören die Kriminalromane «Weissenau» (2012), «Kristallhöhle» (2014), «Berner Münstersturz» (2015) und «Kehrsatz» (2016). In seinen Kriminalgeschichten vermischt Beutler historische Fakten mit fiktiven Elementen und thematisiert dabei auch immer Ereignisse aus der Schweizer Geschichte. So auch in seinem aktuellen Roman «Der Lucens-Gau» (2018), in dem die Kernschmelze im Versuchsreaktor im waadtländischen Lucens im Jahr 1969 als Folie dient (siehe Kasten). Beutler lebt mit seiner Ehefrau in Beatenberg (BE).

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Der Unfall von Lucens

Schweizer Atombombenpläne mündeten in Katastrophe

Am 21. Januar 1969 ereignete sich zwei Kilometer südwestlich des waadtländischen Städtchens Lucens der gravierendste Atomunfall der Schweizer Geschichte. In dem tief im Berg gelegenen Versuchskraftwerk Lucens kam es zu einer partiellen Kernschmelze. In der Folge entwichen radioaktive Gase in die Kaverne, die aber rechtzeitig isoliert und mit Beton versiegelt werden konnte. Bis heute lagert im Felsen vor Lucens radioaktives Material. Die Gefahr für Mensch und Umwelt hielt sich in Grenzen, auch wenn genaue Statistiken zum Effekt des Unfalls auf die Gesundheit der Bevölkerung fehlen. Das Kraftwerk wurde in den 1960er-Jahren als Reaktion auf den weltweiten Atomboom im Kalten Krieg gebaut und sollte nicht zuletzt einem militärisch ausgerichteten Atom­­programm dienen: Die Anlage war auch zur Produktion von Plutonium für eine Schweizer Atombombe vorgesehen.

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