Was haben ein Mönch aus Freiburg, fleissige Waschfrauen und ein gesunkenes Boot gemeinsam? Nein, sie sind nicht Teil eines zotigen Schenkelklopfers. Vielmehr spielen sie im Freiburger Volkskalender 2016 eine wichtige Rolle. Gestern ist die 107. Ausgabe der traditionsreichen Kalenderreihe erschienen. Im Franziskanerkloster der Stadt Freiburg erklärte Kalenderredaktor Anton Jungo, er habe das Kloster nicht grundlos als Ort für die Vernissage ausgewählt: «Im neuen Volkskalender geht es auch um einen der bekanntesten Freiburger Franziskaner–Gregor Girard.» Der Pädagoge, der in diesem Jahr seinen 250. Geburtstag feiern würde, spiele die Hauptrolle in zwei der 25 Kalenderbeiträge, wie Anton Jungo erzählte.
Mit einem Überblick über die Textvielfalt des Werks machte er die Anwesenden «gluschtig» auf den neuen Kalender und zeigte, dass aktuelle Themen darin ebenso ihren Platz finden wie historische, besinnliche und erheiternde.
Szenen aus der Geschichte
Auch weitere Figuren aus Freiburgs Vergangenheit werden in der 107. Ausgabe des Volkskalenders näher vorgestellt: Jean Pierre d’Uffleger etwa. Josef Strebel aus Tafers erzählt dem Leser, was sich der Chorherr hatte zuschulden kommen lassen, um als schwarzes Schaf in seiner Patrizierfamilie zu gelten. Auch Jakob «Zaaggi» Lauper aus Giffers, der sich um 1850 einen Namen als Neuseelandpionier machte, spielt in einem Kalendertext die Hauptrolle. Anton Jungo fasst die neuesten Erkenntnisse über den Sensler Abenteurer zusammen.
Der gebürtige Düdinger Paul Fries beschäftigt sich nicht mit Personen, sondern mit seiner Heimatgemeinde. Er zeichnet die Entwicklung vom kleinen Bauerndorf hin zur bevölkerungsreichsten aller Sensler Gemeinden nach. Historisches gibt es aber auch aus dem Seeland zu berichten: Über das «Buuch-Huus» in Salvenach kann etwa Armin Aebi aus Cressier Spannendes erzählen: Er nimmt den Leser mit in das 1903 errichtete Gemeinde-Waschhaus, das noch 1960 als solches genutzt wurde, und schaut fleissigen Waschfrauen bei der Arbeit über die Schultern. Archäologe Michel Mauvilly thematisiert derweil die Entdeckung und Bergung eines archäologischen Fundes auf dem Grund des Murtensees. Ein Fund, der sich als viel jünger herausstellt, als zunächst angenommen.
Aktuelles und Literarisches
Neben den zahlreichen redaktionellen Beiträgen zu historischen Ereignissen, Errungenschaften und Persönlichkeiten, kommen auch aktuelle Themen nicht zu kurz: So setzt sich Historiker Bernhard Altermatt in seinem Beitrag beispielsweise mit der schulischen Sprachenpolitik der Schweiz auseinander–ein Thema, das in letzter Zeit immer wieder für Schlagzeilen sorgte. Und Pfarrer Willy Niklaus schreibt über die Arbeit eines Seelsorgers für Menschen mit Handicap.
Auch literarische Texte haben erneut ihren festen Platz im Volkskalender. Traditionellerweise kommen viele der Erzählungen, Anekdoten und Betrachtungen in den verschiedenen Freiburger Mundarten daher: So schildert Erhard Kolly aus St. Silvester seine Begegnung mit «Houzmattli-Regin» auf Senslerdeutsch. Neue Zugänge zum Dialekt der Sensler in Wort und Bild präsentieren auch Hildegard Emmenegger und Madeleine Pollini-Zahnd aus Düdingen. Und ebenfalls in Mundart–aber in jener der Seeländer–erzählt Ueli Johner die Geschichte des Seebezirks und erklärt dessen bis heute angespanntes Verhältnis zu Freiburg.
Über 20 Autoren und Künstler haben an der diesjährigen Ausgabe des Freiburger Volkskalenders mitgearbeitet. «Und damit zum bunten Bild beigetragen, das diese Ausgabe vom gesellschaftlichen und kulturellen Leben Freiburgs zeichnet», bedankte sich Kalenderredaktor Anton Jungo bei allen Beteiligten.
Zahlen und Fakten
Die 107. Ausgabe ist ab sofort erhältlich
Der Freiburger Volkskalender erscheint in diesem Jahr zum 107. Mal. Neben 25 redaktionellen Beiträgen umfasst er wie gewohnt das umfassende Kalendarium. Die Rubrik Nachrufe ist ebenso ein Bestandteil der Veröffentlichung wie eine detaillierte Jahreschronik aus den Gemeinden und Pfarreien Deutschfreiburgs. Der 200-seitige Volkskalender 2016 erscheint in einer Auflage von 5000 Exemplaren und ist für 18 Franken in vielen Dorfläden und der Kanisiusbuchhandlung erhältlich.mz