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Warum Afrika nicht vom Fleck kommt

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Warum Afrika nicht vom Fleck kommt

Weltwoche-Redaktor David Signer beschreibt in einem Buch die Auswirkungen der Hexerei in Schwarzafrika

Die Stagnation schwarzafrikanischer Staaten hat einen Grund: Hexerei. Diese These vertritt der Weltwoche-Redaktor David Signer in seinem Buch. Wer erfolgreich ist und nicht teilt, wird verhext, glauben die Einwohner.

Mit DAVID SIGNER sprach
JEAN-LUC BRÜLHART

Sie schreiben, Hexerei sei in Schwarzafrika eine soziale Realität. Wie macht sich diese bemerkbar?

Der Druck der Benachteiligten gegenüber den Mitmenschen ist sehr gross. Ist man erfolgreich, muss man geben, und wird man um etwas gebeten, auch. Solltest du nicht teilen, so kann man dir das Leben zur Hölle machen. Es kann psychischer Druck ausgeübt werden oder körperliche Gewalt. Auch zu Vergiftungen kann es kommen. Ein Spruch lautet: Wenn ich nicht dein Geld fressen kann, dann fresse ich dich. Die Gesamtheit des sozialen Drucks kann man Hexerei nennen. Die egalisierenden Kräfte, in denen keiner mehr haben soll als der andere, sind demnach keine Phantasmen. Sie verhindern und lähmen die Entwicklung jedes Einzelnen und somit der Gesellschaft. Phänomene wie Vetternwirtschaft und Korruption oder Angst vor Innovation gehören alle zu diesem Hexereikomplex.

Baut darauf auch das Patron-Klient-Verhältnis?

Weisse oder Wohlhabende werden auf der Strasse oft mit Patron, Boss oder «grand frère» angesprochen. Es ist eine Einnahmequelle, sich klein zu machen und an die Freigebigkeit des Chefs zu appellieren. Hat die Person nicht die Absicht zu teilen, so wird ihr wegen des Geizes implizit oder explizit mit Hexerei gedroht. Ein entfernter Verwandter meiner Frau hat mir auch schon geschrieben, ich solle ihm ein Handy schicken. Es war nicht eine Bitte, sondern es wird als Selbstverständlichkeit angesehen. Je näher verwandt, umso grösser der Druck, teilen zu müssen. Von der eigenen Familie kommt der grösste Druck.

Sie schreiben in Ihrem Buch, dass der Faule schlauer ist als der Fleissige. Wie ist das zu verstehen?

Stellen Sie sich vor, Sie müssten Ihren Tagesumsatz mit jedem teilen, der Sie anspricht. Machen Sie das nicht, so droht Ihnen Hexerei. Denn wer hat und nicht teilt, schürt den Neid der anderen und die Gefahr verhext zu werden. Das ist die Neid-Ökonomie. Im Westen entsteht Reichtum im Allgemeinen durch Arbeit, nicht so in Afrika. Dort glauben die Leute, Geld fällt vom Himmel, es ist ein Geschenk. Es gehen auch Geschäftsleute bankrott, weil sie mehr Geld teilen als sie haben. Das ist die ganz konkret destruktive Seite des Habenwollens. Es ist kein Zufall, dass die erfolgreichen Geschäftsleute in Westafrika Libanesen sind und in Ostafrika Inder. Sie sind nicht in diesem sozialen System, wo jeder mit jedem alles teilen muss. Das Sozialsystem von Hilfserwartungen kann auch als Bandwurm beschrieben werden, der den Gewinn wegfrisst, so dass man mager bleibt, egal, wie viel man zu sich nimmt. Da erstaunt es auch nicht, dass die Leute von der Hand in den Mund leben.

Ist denn in der Schuldstehen nichts Negatives?

Zwar anerkennt der Schuldner, dass er in der Schuld steht, aber das drängt ihn nicht, das Geld möglichst bald zurückzuerstatten. Vielleicht sollte man die Problematik der Verschuldung Afrikas auch unter diesem Aspekt sehen. Verschuldetsein ist dort ein Normalzustand. Es ist ein Zeichen dafür, dass man nicht alleine ist. Prinzipiell sind die Grossen zu dieser Protektion auch verpflichtet. Es ist ihre Gegenleistung für den Respekt, den man ihnen entgegenbringt.

Weshalb sind Afrikaner so versessen auf Irrationales?

Vielleicht ist es eine anti-kolonialistische Haltung. Sie wollen damit zeigen, dass rational Denkende ein beschränktes Weltbild haben. Während wir Flugzeuge bauen und die Welt bereisen, sagen sie, das ihre Heiler in Sekundenschnelle nach Paris fliegen können. Ich würde es auch unproduktive Trotzhaltung nennen. Im Westen konzentrieren wir uns auf Reales und sind produktiv. In Afrika dagegen kursieren die verrücktesten Geschichten – eine Art Kollektiv-Phantasma. Geht man ihnen nach, so bleibt am Ende nicht viel übrig. Oft hört man das Gerücht, Heiler könnten ihren Fetisch zum Reden bringen. Da geben die Afrikaner viel Geld aus, um es zu sehen und die Bestätigung zu erhalten.

Jede Begebenheit, jedes Vorkommnis wird von den Heilern interpretiert. Ist das nicht belastend?

In der Tat hatte der Heiler Coulibaly, mit dem ich viel Zeit verbracht habe, für alles eine Erklärung. Das ist wahnsinnig. Ich kann mir vorstellen, dass das aber mit Stress verbunden ist. Heiler sind übersensible und überwache Menschen, denn nicht nur Träume werden gedeutet, sondern auch banale Vorkommnisse im Alltag. Daraufhin wird das Orakel befragt und ein Opfer gebracht – und solche Opfer gehen ins Geld. Ich habe während meiner Zeit in Afrika wahrscheinlich einen ganzen Zoo geopfert. Aber eigentlich ist das auch eine Art der Befreiung gegen die Hexerei. Wenn ich opfere oder schenke, dann teile ich und bin so gegen Neid gefeit. Ganz allgemein gilt es als gefährlich, wenn es einem zu gut geht. Wird man danach gefragt, so antwortet man gewöhnlich: Ça va un peu. Es werden Abstriche gemacht, um Neid nicht aufkommen zu lassen. Möglicherweise überschätzen die Afrikaner das Unberechenbare, während wir im Westen die kalkulierbaren Aspekte überschätzen.

In Afrika geschieht keine Trennung zwischen Physischem und Metaphysischem. Das Diesseits und das Göttliche sind dasselbe.

Dieses Denken hat natürlich Einfluss auf die Entwicklung des rationalen Denkens, gerade was Naturwissenschaften angeht. Dass eine Krankheit durch Viren oder Bakterien ausgelöst werden kann oder ich vom Stuhl falle und das der Schwerkraft zuordne, ist in Afrika undenkbar. Im Erklären solcher Dinge legen die Menschen eine grosse Kreativität an den Tag. Es steht immer eine Person hinter einem Übel. Und das ist ein weiteres Problem: Alles wird vermenschlicht. Am Anfang war das für mich spannend, später aber auch belastend.

Sie sind mit einer Senegalesin verheiratet und leben mit ihr seit mehreren Jahren in der Schweiz. Ist «Hexerei» immer noch ein Thema.

Erhält meine Frau ein Kompliment wegen eines schönen Pullovers, so hat sie immer noch das Gefühl, ihn dieser Person schenken zu müssen. Es könnte ja sonst sein, dass diese Person enttäuscht ist und sie die bösen Geister ruft. Auch bei anderen Schwarzafrikanern, die seit Jahren in Europa wohnen, ist das soziale System immer noch verankert. So kursiert auch die Meinung, dass hungrige Blicke von anderen das eigene Essen vergiften können. Ganz allgemein denke ich, dass wir Europäer uns besser abgrenzen können. Du bist du und ich bin ich. In Schwarzafrika ist das wie eine fliessende Grenze. Ein Mensch ist ein Mensch nur durch andere Menschen.

Glauben Sie an die Kraft des Irrealen?

Hätte man mir in Afrika die Frage gestellt, ob es Geister gibt, wäre ich nahe daran gewesen, dies zu bejahen. Ich habe drei Jahre in diesem Milieu gelebt, und da kann das schon abfärben. Wenn viele Leute an etwas glauben, so wird das plötzlich zur Realität. Ob es wirklich Hexen und Geister gibt, ist so schwierig zu beantworten und eine Glaubensfrage. Aber gleichwohl gibt es reale Auswirkungen. Nehmen wir das Beispiel von Gott im Christentum. Du

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