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Warum Woyzeck auch heute noch aktuell ist

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Die Deutschfreiburger Theatergruppe wartet nach der Corona-Pause wieder mit einer Eigenproduktion auf. Mit Büchners Woyzeck hat sie sich schweren Stoff ausgesucht, der auch dank dem intensiven Spiel unter die Haut geht.

Wer hat Angst vor Woyzeck? Georg Büchners Dramen-Fragment dürfte so manchen vom Deutschunterricht in Erinnerung sein. Es ist ein eindringlicher, ja beinahe unheimlicher Stoff. Das Stück dreht sich um Franz Woyzeck, einen einfachen Soldaten, der alles versucht, um seine Geliebte Marie und das uneheliche Kind zu versorgen, aber daran scheitert. Er dient dem Hauptmann, er stellt sich dem Arzt für Experimente zur Verfügung – und wird am Schluss zum Mörder.

Die Deutschfreiburger Theatergruppe führt das Stück ab heute im Theater Kellerpoche auf. Es ist eine Drei-Personen-Show: Diana Gaudart, Christoph Blanc und Max Widmer stehen nicht nur auf der Bühne, sondern haben auch alle drei gemeinsam Regie geführt. «Wir wollten auch wegen Corona so wenig Leute wie möglich auf der Bühne», sagt Christoph Blanc bei den Proben kurz vor der Premiere. Unterstützt werden die drei von Thomas Jenny, der nicht nur für Live-Musik und Sound-Effekte sorgt, sondern auch den missmutigen Beizer mimt.

«Woyzeck ist ein sehr dankbares Stück», findet Christoph Blanc. Da es nicht ein abgeschlossenes Theaterstück, sondern ein Fragment sei, und dazu noch sehr kurz, lasse es viel Spielraum zu.

Es enthält sehr wenig Text. Die wenigen Worte sind aber so aussagekräftig, dass sie sofort eine Wirkung entfalten.

Wenig Worte, viel Ausdruck: Marie (Diana Gaudart) grübelt.
Aldo Ellena

Gratwanderung

Beim Probenbesuch der FN wird denn auch minutenlang geschwiegen auf der Bühne, ohne dass die Spannung abfällt. Besonders Max Widmers Spiel berührt. Sein Woyzeck lebt von fahrigen Bewegungen, gestotterten Sätzen und grossen Augen. Er wirkt verunsichert, etwas verrückt – aber auch liebenswürdig und fragil. «Die Herausforderung dieser Figur ist es, Empathie zu wecken, obwohl es sich um einen Mörder handelt», sagt Max Widmer dazu. «Es ist eine Gratwanderung, die geistige Verwirrtheit rüberzubringen, ohne sie ins Lächerliche zu ziehen.»

Christoph Blanc hingegen gelingt es, jene Figuren zu überzeichnen und ins Lächerliche zu ziehen, die sich im Stück als Gewinner sehen: Den Hauptmann mit dem schwäbischen Dialekt, den schmierigen Tambourmajor und den hochnäsigen Arzt. Doch oft bleibt einem das Lachen sogleich im Hals stecken, wenn etwa der lustige Hauptmann plötzlich aufspringt um Woyzeck mit wütenden Schreien zu tadeln.

Eine wohltuende Balance setzt da Diana Gaudarts Marie, eine zunächst fröhliche junge Frau, die sich über den Jahrmarktbesuch mit ihrem Woyzeck und ihrem gemeinsamen Kind freut. In einer Hollywoodromanze würde das Paar wohl alle Widrigkeiten besiegen und ein glückliches Leben führen. Doch Büchners Woyzeck ist keine Hollywoodromanze, und so endet die Beziehung mit einem Mord.

Hochaktuell

«Das Stück stellt die Meritokratie infrage: dass jeder es schaffen kann, wenn er sich nur Mühe gibt», sagt Christoph Blanc. «Stattdessen ist die Aussage: Es gibt Leute, die haben Glück und gute Voraussetzungen, und die schaffen es. Und andere haben einfach kein Glück und schlechte Voraussetzungen und werden ihr Leben lang immer wieder scheitern. So, wie Woyzeck.»

Büchners Fragment ist deshalb so bemerkenswert, weil es einen einfachen Soldaten der untersten Schicht zum Protagonisten macht. Das war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ungewöhnlich. «Das Stück sollte Mitgefühl auslösen», so Christoph Blanc. Er findet den Stoff auch heute noch hochaktuell. «Demokratie hat viel mit Mitgefühl zu tun. Wenn wir nur an uns denken, brauchen wir keine Demokratie.»

Den Spagat zwischen dem historischen Stoff und der Aktualität wagen die drei mit einer Inszenierung, die das Zeitlose aufgreift. Die Kostüme sind zwar historisch, aber gleichzeitig läuft in der Beiz Rugby im Fernsehen, und Marie und der Arzt tippen auf einem Smartphone in Form einer überdimensionierten Rasierklinge herum. «Wir wollten etwas kreieren, das sich nicht einer spezifischen Epoche zuordnen lässt», sagt Max Widmer. 

Historische Kostüme, aber ein Smartphone, das gleichzeitig eine Rasierklinge ist – oder umgekehrt.
Aldo Ellena

Neue Wege

Mit der Dreier-Regie ging die Deutschfreiburger Theatergruppe neue Wege. «Das war eine Herausforderung, aber auch extrem cool», sagt Diana Gaudart. Christoph Blanc hatte bereits Regieerfahrung, die anderen beiden nicht. «Natürlich haben wir viele unterschiedliche Meinungen. Aber wir konnten auf unseren Ideen aufbauen und sind mit diesen zu einem guten Ergebnis gekommen», so Diana Gaudart. «Wir funktionieren gut als Trio.»

Unheil droht: Der Tambourmajor (Christoph Blanc, rechts) beobachtet Woyzeck und Marie.
Aldo Ellena

Neue Wege ging auch Thomas Jenny mit der musikalischen Begleitung. Er kombiniert Alltagsgeräusche mit Synthie-Schlaufen und schafft damit live auf der Bühne einen konstanten, schaurigen Soundteppich. «Ich finde, Woyzeck ist ein sehr modernes Stück. Deshalb habe ich mich für elektronische Musik entschieden, statt für etwas Historisches.»

Die Theaterleute freuen sich nun auf die Premiere. «Wir haben so lange daran gearbeitet, und nun ist es, wie wenn unser Baby zur Welt käme. Das ist ein sehr spezieller Moment», sagt Diana Gaudart, bevor sie hinter der Bühne verschwindet und für eine der letzten Proben in die Rolle der Marie schlüpft.

Programm 

Aufführungen bis im Dezember

Die Premiere der Eigenproduktion «Woyzeck» der Deutschfreiburger Theatergruppe findet am Freitag, 5. November, um 20.15 Uhr im Theater Kellerpoche in der Samaritaine 3 in Freiburg statt. Anschliessende Vorstellungen: Sonntag, 7. November, 17 Uhr; Freitag, 12. November, 20.15 Uhr; Samstag, 13. November, 20.15 Uhr; Mittwoch, 17. November, 20.15 Uhr; Samstag, 20. November, 20.15 Uhr; Sonntag, 21. November, 17 Uhr; Freitag, 26. November, 20.15 Uhr; Samstag, 27. November, 20.15 Uhr; Mittwoch, 1. Dezember, 20.15 Uhr; Freitag, 3. Dezember, 20.15 Uhr; Samstag, 4. Dezember, 17 Uhr.

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