Es wäre eine Revolution: Ein Flug von New York nach Tokio dauert statt 13 nur zwei Stunden. Die Passagiere reisen in Weltraumflugzeugen, einer Mischung aus Flugzeug und Rakete. Und die Reise führt nicht mehr nur durch den Luft-, sondern auch durch den Weltraum.
Der Weg, bis dieses Szenario Realität wird, ist noch weit. Bisher gab es Vorhaben, einzelne Touristen mit Raumfahrzeugen in den Weltraum zu fliegen, zum Beispiel zur Internationalen Raumstation ISS. Fluggeräte, um viele Leute durch den Orbit zu führen, gibt es jedoch noch nicht. «Auch die Infrastruktur fehlt, also quasi die Strassen und Autobahnen im Weltraum», sagt Wolfgang Berns, Direktor des Kompetenzzentrums «Robust and Safe Systems» (Rosas) der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg (siehe Kasten). Ebenfalls fehle eine Infrastruktur für die Verbindung von Luft- und Weltraum.
Rosas soll nun an einer Vorstudie für ein Konzept eines «European Space Traffic Management System» mitwirken, also an einem Konzept für den Aufbau dieser Infrastruktur. Den Auftrag zur Mitarbeit hat Rosas vor kurzem vom «Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt–Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen» erhalten. Direkter Auftraggeber des Deutschen Zentrums wiederum ist die «European Space Agency» (ESA), unter deren Programm dieses Projekt auch finanziert wird.
Für sicheren Flug
Für den Luftraum gibt es Luftverkehrs-Management-Systeme schon lange, entwickelt von den verschiedenen Luftfahrtbehörden. Diese Systeme regeln alles, was es für einen sicheren Flug von A nach B braucht: Sie sorgen dafür, dass nicht nur die Flugzeuge den Sicherheitsstandards entsprechen, sondern regeln auch die Überwachung des Flugverkehrs in der Luft und am Boden, die Wartung des Fluggeräts bis hin zur Ausbildung und dem Training des Luftfahrtpersonals.
Das neue Space Traffic Management System soll nun die Anforderungen an einen sicheren Flugbetrieb auf den erdnahen Weltraumbereich ausweiten und dabei die Eigenschaften der neuen Weltraumflugzeuge, genauso wie die Vermeidung möglicher Kollisionen mit Satelliten und Weltraumschrott berücksichtigen.
Weniger Weltraumschrott
Rosas hat die Aufgabe erhalten, die Sicherheitsaspekte an dieses zukünftige System zu identifizieren und zu analysieren. Gleichzeitig soll es sich in Zusammenarbeit mit dem Astronomischen Institut der Universität Bern um den Bereich «Clean Space» kümmern: Das Berner Institut, das in diesem Bereich international anerkannt ist, wird analysieren, wie viel Weltraumschrott es im erdnahen Weltraum gibt. Als Weltraumschrott gelten beispielsweise von Raumfahrzeugen übrig gebliebene Teile oder alte Satelliten. «Man geht davon aus, dass künftig die Menge an Weltraumschrott drastisch zunehmen wird», sagt Wolfgang Berns.
Gemeinsam werden Rosas und das Astronomische Institut zudem nach Lösungen suchen, um den Weltraumschrott zu reduzieren.
Europäisches Projekt
Dass Rosas einen Auftrag im Vorprojekt erhalten hat, ist laut Berns auf zwei Dinge zurückzuführen: Rosas habe in angewandter Forschung im Bereich «Safety Engineering» die entsprechenden Qualifikationen. Der Standort Schweiz habe zudem eine Rolle gespielt; da auch ein Österreichisches Unternehmen einen Auftrag bekommen hat, handle es sich nun um eine richtige europäische Zusammenarbeit, so Berns. Zum Budget des Projekts und zum Beitrag für Rosas äussert er sich nicht.
Erste Studien
Bis im November gilt es nun, die Konzeptstudie, also eine Art Machbarkeitsstudie, zu erarbeiten. Wie es dann weitergehen wird, ist noch unklar. Sollte Rosas später an einem allfälligen weiterführenden Projekt mitarbeiten können, wäre das für das Kompetenzzentrum eine riesige Chance, so Wolfgang Berns.
Bis es so weit ist und bis schliesslich die ersten Weltraumflugzeuge im grossen Stil Touristen durch Luft- und Weltraum fliegen, wird es wohl noch etliche Jahre dauern.
Rosas: Für robuste und sichere Systeme
D as Kompetenzzentrum «Robust and Safe Systems» (Rosas) ist vor einem Jahr entstanden und befindet sich in der Blauen Halle der Blue Factory. Neben der Hochschule für Technik und Architektur mit seinem Institut für sichere und intelligente Systeme sind die im Kanton Freiburg ansässigen Firmen Meggitt, Johnson Electric und Liebherr Maschinen daran beteiligt.
«Rosas ist die Schnittstelle zwischen Industrie und Forschung», sagt Direktor Wolfgang Berns. Alle drei oben genannten Firmen stellen Systeme her, die unter schwierigsten Bedingungen fehlerfrei funktionieren müssen. Rosas testet mit seinen sieben Mitarbeitern die Zuverlässigkeit und Sicherheit von solchen Systemen, jedoch nicht nur für diese drei Unternehmen, sondern auch für weitere Industriefirmen.
Röntgengeräte und Autos
Als Beispiel für Arbeiten von Rosas nennt Direktor Berns die Ausfallanalyse von Komponenten eines Röntgengenerators, Sicherheitsanalysen für Systeme von Flugzeugtriebwerken oder für Steuerungssysteme von Autos. Auch die sogenannte Cyber Security sei ein Thema: Die Software in Autos oder Flugzeugen soll vor Hackerangriffen geschützt sein.
Genauso wichtig wie die Forschungsarbeit ist laut Wolfgang Berns die Ausbildung angehender Safety-Ingenieure. «Sie lernen on the job», sagt Berns. Auch dies sei im Interesse der Industrie, denn die Nachfrage nach Ingenieuren im Safety-Bereich wachse stark. mir