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Wenn das Geld zum Leben nicht reicht

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«Manchmal kommen mir einfach die Tränen.» Paul (Name von der Redaktion geändert) ist gross, von kräftiger Statur und hat ein humorvolles Gemüt. Beginnt der 60-Jährige aus dem Seebezirk aber über seine Sorgen zu sprechen, dann wirkt er nervös. Seine Stimme zittert, als er davon erzählt, wie er als Erwachsenenbildner und Seelsorger gearbeitet hat und wie er dabei stets unter Stress gestanden ist. Wie er sich beruflich selbstständig zu machen versuchte; die Überlastung im Job aber auf seine Gesundheit schlug und er therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen musste. Paul erzählt von seinen Depressionen, seinem ersten Aufenthalt in der Klinik und davon, wie er 2000 erst sein Büro aufgeben musste und sich dann von seiner Frau getrennt hat – «um die Familie nicht noch mehr zu belasten», wie er sagt. Nun zittern auch Pauls Hände.

«Die Häufung der Ereignisse war zu viel für mich», erklärt Paul und meint damit die Lähmungserscheinungen, die sich nach dem Suizid seines Bruders einstellten. Oder die Selbstvorwürfe und die tiefe Trauer, die nach der Trennung von seiner Ehefrau und seinen beiden Töchtern in ihm zu wachsen begann. Oder die Schulden, die auf ihm lasteten wie ein schwerer Stein. «Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, wo man nicht über seine Probleme gesprochen hat, weil man dann als Weichei gegolten hätte», erinnert sich Paul.

Die Spirale dreht sich weiter

Die permanente Anspannung blieb nicht ohne Folgen: 2001 erlitt Paul einen Herzinfarkt; Ratlosigkeit und Zukunftsängste stellten sich ein. «Selbstmord ist keine Lösung, das hat mir die Geschichte meines Bruders gezeigt. Aber wie weiter?» Alle Versuche, im alten Beruf wieder Fuss zu fassen, scheiterten. Ihm ging es gesundheitlich wieder schlechter: «Die Geisterbahn begann wieder von vorne.» Er musste Fürsorgegelder beanspruchen. Um mit dem Budget von rund 2500 Franken über die Runden zu kommen, griffen ihm seine Mutter und Freunde unter die Arme. Das sei für ihn mit viel Scham verbunden gewesen, gesteht Paul: «Niemand will in ein solches Abhängigkeitsverhältnis geraten. Es ist frustrierend und demütigend.» Lange habe er sich deshalb auch dagegen gesträubt, Ergänzungsleistungen zu beantragen.

2007 begann Pauls Brust erneut zu schmerzen. In der Zwischenzeit erlebte er Hochs und Tiefs, kam aber nie zur Ruhe. «Damit Heilung geschehen kann, muss eine finanzielle Sicherheit da sein. Aber wenn du an der Armutsgrenze lebst, dann gibt es so etwas nicht. Es ist, als wärst du in einem ewigen Kampf gefangen. Und die Sorgen rauben dir alle Kraft.» 2010 erkrankte Pauls Mutter an Demenz, 2012 verstarb sie. Paul fiel erneut in ein Loch. Weil er seine Steuern nicht bezahlen konnte, wurde er betrieben. «Sei über 16 Jahren ist der Gang zum Briefkasten mit Angst verbunden.»

Problematik ernst nehmen

Vor zwei Monaten musste Paul wieder einen Eingriff am Herzen vornehmen lassen. Depressive Episoden und gute Momente wechseln sich ab. Die Geldsorgen plagen ihn – trotz IV-Rente. «In meiner Situation wird jeder finanzielle Stolperstein zum unüberwindbaren Berg.» An die Beerdigung eines Verwandten kann er nur durch die Unterstützung von Pro Infirmis reisen. Das Thema Weihnachten versucht der gebürtige Ostschweizer so weit als möglich zu meiden: «Weil ich mir für meine Töchter nicht einmal Geschenke leisten kann.»

Hubert Mächler, Sozialarbeiter bei Pro Infirmis Freiburg, erklärt, dass Pauls Situation kein Einzelfall sei. «Zahlen des Bundes belegen, dass rund ein Viertel der Menschen mit einer Behinderung in der Schweiz von Armut betroffen sind. Das widerspiegelt die Realität, mit der wir tagtäglich konfrontiert werden.» Deshalb versuche Pro Infirmis in konkreten Fällen Hilfeleistungen anzubieten und sich gleichzeitig auf nationaler Ebene dafür zu engagieren, dass die Armutsproblematik ernst genommen werde.

Paul sagt, er kenne viele Menschen, die Angst davor hätten, ihre Renten zu verlieren, wenn die Politik entscheide, bei Sozialleistungen zu sparen. «Da ist nichts mehr, das eingespart werden kann. Viel eher sollten wir uns fragen, wie sich das Dasein dieser Menschen besser wertschätzen lässt.»

Zahlen und Fakten

Armutsgefährdung hat zugenommen

Gedenk- und Aktionstag

Ein Leben in Würde ist mehr als blosse Existenzsicherung

1993 riefen die Vereinten Nationen den 3. Dezember zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung aus. Der jährlich stattfindende Gedenktag soll das Bewusstsein für die Probleme dieser Menschen wachhalten und so den Einsatz für ihre Würde und Rechte fördern.

Pro Infirmis, die grösste Fachorganisation für Menschen mit einer Behinderung in der Schweiz, nimmt den diesjährigen Gedenk- und Aktionstag zum Anlass, um auf die die Armutsproblematik aufmerksam zu machen. «Behinderung ist ein Armutsfaktor, denn sie hat oftmals eine beschränkte Erwerbsfähigkeit zur Folge und ist mit hohen medizinischen Kosten verbunden.» Mit dem Slogan «Genug zum Überleben – aber auch zum Leben?» wolle man deutlich machen, dass Leben mehr sei als Existenzsicherung, wie Pro Infirmis mitteilt: «Auch Gemeinschaft, Zugehörigkeit zur Gesellschaft, Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben sowie Möglichkeit zur aktiven Beteiligung gehören dazu.» Voraussetzung hierfür seien genügend Chancen auf dem Arbeitsmarkt und faire Sozialversicherungsleistungen. Weiter setzt sich Pro Infirmis für eine Erhöhung der anrechenbaren Mietzinsmaxima bei den Ergänzungsleistungen ein.

mz

Menschen mit einer Behinderung sind in der Schweiz häufiger von Armut betroffen, als Menschen ohne Behinderung. Dies hat die Untersuchung des Bundesamts für Statistik (BFS) zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung ergeben. Laut Definition des BFS ist durch Armut gefährdet, wer in einem Haushalt lebt, dessen finanzielle Ressourcen weniger als 60 Prozent des Schweizer Medianäquivalenzeinkommens betragen – 2011 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Personen bei 29 141 Franken pro Jahr. Gemäss Statistik galten 2011 so rund 17 Prozent der Menschen mit Behinderung in der Schweiz als armutsgefährdet. 2007 waren es noch 14 Prozent. Bei Menschen, die durch ihre Behinderung stark eingeschränkt sind, wies 2011 sogar fast jeder Vierte eine Armutsgefährdung auf – 2007 war jeder Fünfte davon betroffen. Zum Vergleich: Rund 10 Prozent der Menschen ohne Behinderung waren 2011 armutsgefährdet, dieser Wert ist gegenüber 2007 praktisch unverändert geblieben. Der Armutsbericht des Kantons Freiburg kommt zum Schluss, dass 2011 rund drei Prozent oder 7577 Freiburgerinnen und Freiburger als arm galten; 10 Prozent oder 25 518 Personen als armutsgefährdet (die FN berichteten). Von den als arm geltendenden Personen bezogen 3749 Personen nebst ihrem Einkommen Arbeitslosengeld, AHV/IV oder Ergänzungsleistungen; 887 lebten ausschliesslich hiervon.

mz

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