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Wenn das Zuhause die Pflegestation ist

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«Er hat immer gesagt, dass er zu Hause sterben wolle. Er sagte, wenn nicht, ziehe er es vor, sich umzubringen.»–Diese Aussage stammt von einer Frau, die im vergangenen Jahr von einem Freiburger Forschungsteam im Rahmen der Nationalfondsstudie «Lebensende» befragt wurde. Das Team ging davon aus, dass Leute, die ihre schwer kranken Angehörigen pflegen, irgendwann an einen Punkt gelangen, an dem sie nicht mehr können. Die Folge ist eine Spitaleinweisung, welche sowohl für die Patienten als auch die Angehörigen schwierig ist. Die Forscher wollten deshalb herausfinden, mit welcher Unterstützung die schwierige Aufgabe der Angehörigen etwas leichter gemacht werden könnte.

Froh, darüber zu sprechen

25 Menschen aus dem Kanton Freiburg und aus dem Wallis haben den Forschern seit August 2012 Auskunft gegeben zu ihren Erlebnissen bei der Pflege und Betreuung eines Angehörigen. Sie sind zwischen 30 und 85 Jahre alt und haben ihren Mann, ihre Frau, ihre Eltern oder ihre Schwiegereltern bis zum Tod gepflegt oder sind noch dabei, das zu tun. Unter den 25 Befragten befinden sich vier Männer.

Die meisten von ihnen haben sich nach Artikeln in verschiedenen Freiburger Medien selbst beim Forschungsteam gemeldet. «Wir waren überrascht über die vielen Telefonanrufe», sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Sarah Brügger. «Wir dachten, dass die Leute nicht über ihre Erfahrungen sprechen wollen.» Doch das Gegenteil sei der Fall gewesen: «Viele waren froh, dass ihnen jemand zuhört.»

Psycho-soziale Hilfe fehlt

 «Ich hätte eher spirituelle Hilfe benötigt als materielle. Es belastete mich, in den schweren Stunden mit niemandem sprechen zu können.»–So lautet die Aussage einer Angehörigen. In den Interviews kristallisierte sich heraus, dass diese nicht nur Unterstützung im medizinischen Bereich benötigen. «Sie wünschen sich mehr Hilfe im psycho-sozialen Bereich oder auch bei den administrativen und organisatorischen Sachen», sagt Sarah Brügger. Viele würden sich isoliert fühlen, weil sie mit niemandem über die Krankheit und das Sterben des Angehörigen sprechen könnten.

Auch die vielen Formulare der Versicherung, das Bestellen von Krankenmobiliar oder die Organisation der Betreuung überfordert Angehörige mit der Zeit. «Es gibt beispielsweise keine Stelle, die einen vollständigen Überblick über die verschiedenen Unterstützungsangebote hat», sagt Beat Sottas, Leiter der Studie. Die Angehörigen müssen demnach selbst aktiv werden und sich Hilfe holen. «Vielen fehlt dafür aber die Zeit oder die Energie», so Sottas. Denn oft kümmern sich die Betreuenden auch noch um den Haushalt, um Kinder oder gehen arbeiten.

Finanziell schwierig

 «Was für mich schwierig wurde gegen Ende, war der Umstand, dass ich den Druck hatte, so und so viel arbeiten zu gehen, um meine eigenen Finanzen abzudecken», so die Aussage eines Angehörigen. Denn auch der finanzielle Aspekt stellt für sie eine Schwierigkeit dar. «Viele der Befragten arbeiteten Teilzeit, als sie die Betreuung und Pflege übernahmen, und reduzierten dann, oder sie waren pensioniert», hält Sarah Brügger fest. Unter gewissen Bedingungen würden Angehörige im Kanton Freiburg eine Pauschalentschädigung erhalten, doch viele wüssten nicht, dass sie diese beantragen könnten. Und oft reiche sie auch gar nicht aus.

Klare Kommunikation fehlt

 Viele Angehörige wünschten sich eine klarere Kommunikation, sagen Sottas und Brügger. Und dies in zweierlei Hinsicht: Einerseits sei die Kommunikation zwischen den verschiedenen Diensten mangelhaft, also etwa zwischen Hausarzt, Spitex und Spital. «Die Angehörigen müssen alles x-mal erklären, und niemand weiss ganzheitlich über den Patienten Bescheid», sagt Beat Sottas.

Die Angehörigen wünschten sich andererseits auch eine bessere Verständigung mit ihnen und dem Patienten. «Sie hören die Diagnose und wissen nicht, was sie zu bedeuten hat. Niemand erklärt es ihnen», sagt Beat Sottas. Das Allein-Gelassen-Sein und die fehlende Sensibilität einiger Fachpersonen belasten die Angehörigen zusätzlich.

Tod ist tabu

Für viele Betroffene sei schwierig, dass der Tod ein Tabu-Thema ist und von Ärzten selten angesprochen wird. «In der westlichen Welt verstehen Ärzte das Lebensende oftmals als ihr Scheitern und können den Tod deshalb nicht akzeptieren», begründet Sottas. Dabei wäre es für die Angehörigen wichtig, dass sie jemand auf den Tod und insbesondere auf den Sterbeprozess vorbereitet. «Wenn sie wissen, was auf sie zukommt, fürchten sie sich weniger», hält Brügger fest.

Eine befragte Person hat diese Situation so beschrieben: «Ich frage mich, ob es einfacher gewesen wäre, wenn man von Anfang an klar gesagt hätte, dass keine Hoffnung besteht. Aber man hat halt trotzdem Chemo- und Strahlentherapie und Operation und noch einmal Operation gemacht.»

Angehörige ziehen es durch

Die These des Forschungsteams, dass es einen klaren Punkt der Überforderung gibt, wurde in den Gesprächen widerlegt. «Es kommt selten zu einer Eskalation», sagt Sarah Brügger. «Jene, die es anpacken, ziehen es auch durch», fügt Beat Sottas an. Die Belastung für die Betreuenden nehme jedoch ständig zu, und oftmals zeige sich erst nach dem Tod des Patienten, dass es zu viel gewesen war. Depressionen oder Burn-outs sind nicht selten die Folge. «Nach dem Tod wurde es schwierig», lautet denn auch die Aussage einer befragten Angehörigen.

Dennoch: «Viele sehen das, was sie geleistet haben, als positives, bereicherndes Erlebnis an», sagt Sarah Brügger. «Es war eine intensive Erfahrung und, ich würde sagen, eine schöne», hält denn auch eine Betroffene fest.

«Die Angehörigen müssen alles x-mal erklären, niemand weiss ganzheitlich über den Patienten Bescheid.»

Beat Sottas

Leiter Projekt «Lebensende»

«Wenn die Angehörigen wissen, was auf sie zukommt, fürchten sie sich weniger.»

Sarah Brügger

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

 

«Nach dem Tod wurde es schwierig.»

Angehörige

Befragte im Projekt «Lebensende»

Ziele: Die Sicht der Angehörigen berücksichtigen

D ie Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt «Lebensende» sollen nicht in der Schublade verschwinden. «Wir mischen uns ein», sagt Beat Sottas. Der Kanton Freiburg erarbeitet im Moment ein Konzept für die Palliativpflege. Diese umfasst die Betreuung von Menschen mit einer unheilbaren oder chronisch fortschreitenden Krankheit. Der Schwerpunkt liegt nicht auf der Heilung, sondern auf der Linderung der Symptome. «Wir wollen, dass im Konzept die Sicht der Angehörigen stärker berücksichtigt wird und nicht nur die Sicht der professionell Betreuenden», sagt Sottas.

Es sei wichtig, dass die Angehörigen eine einzige Anlaufstelle erhielten, dass sie besser auf die Pflege und Betreuung zu Hause vorbereitet würden, dass die Informationen über existierende Unterstützungsangebote besser verbreitet würden und dass die finanzielle Entschädigung für die Betreuung zu Hause verbessert werde. Auch erachtet es das Forschungsteam als wichtig, dass ein offener Umgang mit Krankheit und Tod entsteht und dass es ein ganzheitliches Verständnis von Palliativpflege gebe, welche nicht nur medizinische Aspekte, sondern auch soziale, psychologische und spirituelle Bedürfnisse einschliesst.

Die Studie dauert noch ein Jahr; dieses nutzt das Forschungsteam für den Abschluss der Analyse und die Umsetzung praktischer Massnahmen. Hierzu wird sich das Team auf den Kanton Freiburg konzentrieren, unter anderem deshalb, weil im Wallis, das auch Teil der Erhebung war, bessere Strukturen vorhanden sind. mir

www.formative-works.ch

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