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Wer gelassen sein will, muss loslassen können

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wort zum Sonntag

Autor: Hans Ulrich Steymans

Wer gelassen sein will, muss loslassen können

Im Schaufenster der Apotheke, an der ich auf dem Weg zur Universität vorbeifahre, bewirbt eine Bildschirmreklame ein Mittel gegen Schlaflosigkeit und Nervosität. Daneben sieht man das Foto eines Zisterziensermönchs. Er steht da, verschreckt und weltfremd, als hätte man den Gartenbruder vor seinen Klosterkräutern überrascht. Die Reklame erweckt den Eindruck, aus einer Welt der Harmonie, der Welt des Klosters, komme ein Mittel, das die krankmachenden Symptome unserer Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft lindert.

Als jemand, der im Kloster lebt, kam mir diese Reklame merkwürdig vor. Falls ein Klosterbruder keine Schlaflosigkeit und Nervosität kennt, liegt das nicht an den Kräutern, die er einnimmt, sondern an dem gesellschaftlichen Kontrastsystem, in dem er lebt. Es ist eine Lebensform, die einen geregelten Tageslauf garantiert, tägliches Aufatmen im Stundengebet, dessen Melodien nachweislich heilsame Schwingungen ausstrahlen, Handarbeit an frischer Luft, Gottvertrauen statt Existenzsorgen. Wie kann man meinen, Kräuter aus dem Kloster würden helfen, wenn man selbst in Strukturen leben muss oder will, in denen der gefährdete Arbeitsplatz, die Zukunft der Kinder, die kriselnde Partnerschaft einem den Schlaf rauben?

Unsere Sorgen und Ängste haben mit dem Besitz zu tun. Der Psychiater Wolfgang Schmidbauer findet die Ursache für das Lebensgefühl Angst in der kapitalistischen Wettbewerbsgesellschaft darin, dass wir immer mehr haben und daher auch immer mehr zu verlieren haben. Der Steinzeitmensch wachte auf und hatte Hunger, der heutige Mensch wacht auf und hat Angst – Angst vor dem Verlust von Besitz, Ansehen, Beziehung.

Jesus kannte den Zusammenhang von Besitz und Angst. Sein Ratschlag lautete: Loslassen. «Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. Verkauft eure Habe, und gebt den Erlös den Armen!» (Lk 12,32). Weisheit spricht aus den Worten Jesu. Um gelassen zu werden, muss man loslassen können.

Es geht um die Umorientierung, weg vom Festhalten dessen, was man hat, hin zum Empfangen des Reiches Gottes. Es geht um die Erfahrung, dass man das Wesentliche geschenkt bekommt. Ordensleute im Kloster haben sich entschieden für das Lebensziel gelassenen Wartens auf das Reich Gottes. Für andere ist das leichter gesagt als getan. Viele Klöster bieten an, dort ein paar Tage zu verbringen, um Harmonie zu tanken und das eigene Lebensziel mit Gelassenheit zu bereichern.

Der Dominikanerpater Hans Ulrich Steymans ist Professor für Altes Testament und Biblische Umwelt an der Universität Freiburg und lebt im Kloster St. Hyazinth.

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