Autor: Frederic Auderset
Freiburg Gründe zum Energiesparen gibt es einige: Der geplante Atomausstieg, die Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Energieträgern oder die Klimaerwärmung. «Die energietechnischen Herausforderungen betreffen uns alle und verlangen ein Engagement von jedem», sagte Staatsrat Beat Vonlanthen zum gestrigen Start eines Energiespar-Experiments in Freiburg. Eine sofort verfügbare und überdies nicht umweltschädliche Energiequelle sei das Energiesparen, so Vonlanthen.
«Eine lohnende Investition»
Das Experiment läuft wie folgt: Vor dem Bahnhof Freiburg sind während der nächsten sechs Wochen zwei kleine Häuschen aufgestellt. Das eine Häuschen hat eine Isolation wie ein Bau aus den 70er-Jahren, das andere aber entspricht den Standards eines Minergie-Hauses. In beiden Häuschen befindet sich je ein Eisblock von einem Kubikmeter Grösse. Die Temperatur im Innern wird ausschliesslich vom Wetter bestimmt, was im Sommer – so die allgemeine Hoffnung – vor allem Sonne und Hitze bedeutet. Energiesparmassnahmen gebe es zwar nicht zum Nulltarif, fuhr Beat Vonlanthen in seiner Ansprache fort. «Aber die Investitionen lohnen sich bereits auf mittlere Sicht.»
Das Experiment soll nun der Bevölkerung den Nutzen von Investitionen in eine moderne Gebäudehülle vor Augen führen. Denn während der eine Eisblock im schlecht isolierten Häuschen rasch an Masse verlieren wird, trotzt der andere unter Minergie-Bedingungen der Sommerhitze. Wie gut ihm dies in den nächsten sechs Wochen gelingen wird, können Passantinnen und Passanten in einem Wettbewerb abschätzen. Das Gewicht, das der Eisblock im Minergie-Häuschen am 18. August noch haben wird, soll möglichst genau bestimmt werden. Auf die besten Schätzerinnen und Schätzer warten 26 Preise.
Arbeiter versenken beim Bahnhof Freiburg einen Eisblock in einem Häuschen.Bild Vincent Murith
Isolation von Gebäuden: Grosses Sparpotenzial in Freiburg
Einmal sieben, einmal dreissig Zentimeter. So lauten die Dicken der Isolationsschichten in einem typischen Gebäude aus den 70er-Jahren und in einem Minergie-Haus. Die verschiedenen Isolationsdicken sind nebst den Fenstern der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Häuschen, die seit gestern für ein Energie-Experiment vor dem Freiburger Bahnhof stehen (siehe Haupttext).
Über 80 Prozent der Häuser sind ungenügend isoliert
Die Unterschiede im Energiebedarf sind aber enorm. Denn wo mehr Steinwolle zur Isolierung verbaut wird, wird später weniger Energie zum Heizen gebraucht. In Zahlen ausgedrückt heisst das, dass ein älteres Gebäude im Jahr mehr als zwanzig Liter Heizöl pro geheizten Quadratmeter Wohnfläche benötigt. In einem Haus, das den Minergie-Kriterien entspricht, sinkt der Heizölverbrauch hingegen auf weniger als vier Liter pro Quadratmeter und Jahr. Wie Serge Boschung, Leiter der Energiefachstelle beim Kantonalen Amt für Energie und Verkehr, auf Anfrage sagt, sind mehr als achtzig Prozent aller Gebäude im Kanton Freiburg mit dem kaum isolierten, typischen 70er-Jahre-Häuschen auf dem Bahnhofplatz vergleichbar.
Erst ab den Achtzigern wurde bei Neubauten eine bessere Wärmedämmung erreicht und stetig optimiert, bis Mitte der 90er-Jahre die ersten Minergie-Häuser entstanden. Laut Serge Boschung wurden im Kanton Freiburg bisher etwa 630 Gebäude mit dem Minergie-Zertifikat ausgezeichnet.
Weil rund die Hälfte des gesamtschweizerischen Energieverbrauchs auf die Gebäude entfällt und dort etwa zwei Drittel der Energie für das Heizen aufgewendet werden, ist eine verbesserte Gebäudeisolation ein wirksamer Schritt in Richtung Energiesparen. Daher hat der Staatsrat in seiner Energiestrategie beschlossen, dass bis ins Jahr 2030 sechzehn Prozent der ungenügend isolierten Gebäude saniert werden sollen. So soll der jährliche Energiebedarf dann um rund 400 Gigawattstunden tiefer liegen als heute.fa