Zuvor hatte ich mir eigentlich noch nie darüber Gedanken gemacht, wie es ist, in einem Paradies zu wohnen. Mit der Publikation einer Umfrage, in welchem mein Wohnort Murten zum besten Platz zum Leben unter 2200 Gemeinden in der Schweiz gewählt wurde, hat sich das geändert. Murten schwang mit der Note 5,28 obenauf und liess Orte wie Teufen AR und Baden AG hinter sich. Stadtpräsident Christian Brechbühl hat guten Grund zur Freude und zum Stolz. Ja, tatsächlich wohnen wir das ganze Jahr an einem Ort, an welchem andere Ferien machen. Tatsächlich ist die Lage am See–die Aussicht hinüber auf den Wistenlacherberg, die Möglichkeit, an einem schönen Tag einfach in See zu stechen oder sich in die kühlenden Fluten zu stürzen–ein grosser Pluspunkt in meinem Leben. Und tatsächlich ist es so, dass auch ich wie viele andere das Gefühl bekomme, zurück im Paradies zu sein, wenn ich von der Arbeit heimkomme. So betrachtet kann auch ich meinem Wohnort die volle Punktzahl geben, die volle Sechs für Murten.
Allerdings. Wenn ich mir das genauer überlege. Je mehr davon erfahren, wo in diesem Land genau das Paradies liegt, desto mehr kommen nach Murten. Die Folge: noch mehr Falschparkierer im Stedtli, noch weniger Platz in den Zügen, noch mehr Gedränge bei der Hafenausfahrt, noch grössere Löcher in der Wiese der Pantschau–und vor allem: noch höhere Mieten. Dabei ist Murten jetzt schon das teuerste Pflaster in diesem Kanton, was Mietwohnungen betrifft. Ganz zu schweigen davon, dass ich mir schon vor dieser Umfrage den Traum von den eigenen vier Wänden nicht erfüllen konnte. Und seither erst recht nicht.
Zu Recht hat Murten den Titel als «Bester Wohnort der Schweiz» erhalten. Doch mir scheint: Auch das Paradies hat seinen Preis.
