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«Wie wären wohl meine Kinder?»

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«Ich habe selbst nie ganz verstanden, wie ich damals auf diese Idee kam», sagt Alain de Raemy, Weihbischof des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg, rückblickend. Mit 17 oder 18 Jahren, während der Matura in Engelberg, sei ihm erstmals der Gedanke gekommen, er könnte Priester werden. «Ich war nie Messdiener, kannte keinen Priester und wollte eigentlich ein Architekturstudium machen», sagt de Raemy, der in Barcelona zur Welt kam. Jedoch habe er sich schon lange für philosophische Überlegungen und die Frage nach dem Sinn des Lebens interessiert.

Trotz seiner Überlegungen begann er zunächst ein Studium der Architektur an der ETH Zürich, wechselte dann zur rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität und entschied sich schliesslich für die Theologie. 1986 wurde er zum Priester geweiht und verpflichtete sich zum Zölibat: Zum Gehorsam gegenüber dem Bischof, zu einem Leben nach dem Evangelium und zur Keuschheit.

«Sie war mehr interessiert»

Vor seiner Weihe habe er grosse Zweifel gehabt, gibt der 55-Jährige unumwunden zu. «Komischerweise aber nie wegen dem Zölibat. Für mich war das nie eine Frage.» Dies, obwohl er während seiner Studienzeit in Zürich eine Freundin hatte. Besonders viel habe ihm diese Beziehung jedoch nicht bedeutet. «Sie war immer mehr interessiert als ich. Mehr will ich dazu nicht sagen.»

Bedeutend grössere Sorgen als das Pflichtzölibat habe ihm hingegen der öffentliche Auftritt gemacht. «Ich war ein scheuer Mensch und nicht der Typ, der gerne vor Leuten steht. Vor meinen ersten Predigten habe ich sehr gelitten.»

Manche verlieben sich

Seinen Entscheid für das Priestertum und das Zölibat habe er nie grundsätzlich bereut, sagt de Raemy. «Kleinere Zweifel hat jeder mal. Die kommen aber auch in normalen Ehen vor. Und nebenbei: Warum fragt man eigentlich die Eheleute viel seltener, wie sie mit der Treue umgehen? Für mich bestätigt sich das Zölibat aber je länger, je mehr als die einzige Lebensform, die ich mir als Priester vorstellen kann.» Was Sexualität, körperliche Zuneigung oder Zärtlichkeit betreffe, habe er kein Gefühl schmerzhafter Entbehrung. «Ich bekomme von den Leuten sehr viel Liebe, Zuneigung und Zärtlichkeit–wenn auch nicht im physischen Sinn.»

Die Möglichkeit, das Zölibat zu brechen, hätte sich Alain de Raemy schon einige Male geboten. Seien gläubige Frauen in einer schwierigen Situation, beispielsweise bei Eheproblemen, suchten sie oft Hilfe bei Priestern. «Wenn sie sich dann einem Mann anvertrauen, der ganz anders reagiert als vielleicht ihr Ehemann, kann es schon sein, dass sie sich verlieben.» Er selbst habe damit auch schon Erfahrungen gemacht. Dies sei eine schwierige Situation. «Ich will ja niemanden vor den Kopf stossen oder verletzen.» In solchen Fällen helfe es, sich mit anderen Priestern oder Freunden auszutauschen. Gerade wenn er mit Kollegen einige Tage verreise, sei es einfacher, über Privates zu sprechen. «Dann reden wir nicht nur über den Dienst, sondern haben auch genügend Zeit, über uns selbst und allfällige Probleme zu sprechen.»

Denn eine Sache gibt es, die Alain de Raemy ab und zu beschäftigt, ihn manchmal sogar ein wenig nostalgisch macht. «Viele Männer meines Alters sind Väter, werden vielleicht bald Grossväter. Ich frage mich manchmal: Wie wären wohl meine Kinder? Wie würden sie aussehen?»

Verstoss ist eine Lüge

Auch wenn er selbst nie in Konflikt mit dem Zölibat gekommen sei–kritische Situationen hat er schon des Öfteren erlebt. Vor seiner Berufung nach Freiburg war er Kaplan der päpstlichen Schweizergarde in Rom. Aus praktischen Gründen müssten die jungen Gardisten zölibatär sein, sagt de Raemy. «Ich habe ihnen immer gesagt: Passt auf, dass ihr nicht Fehler macht, die euch euer ganzes Leben lang belasten. Bereitet euch auf die Frau des Lebens vor–ohne dass zuviel dazwischenkommt.»

Eingehalten hätten die jungen Männer seinen Rat nicht immer; ein gewisses Verständnis ist Alain de Raemy aber anzumerken. «Sie sind oft zum ersten Mal in einer anonymen Grossstadt auf sich selbst gestellt–und sie sind jung.»

Grössere Konsequenzen hätte es, wenn de Raemy in seinem jetzigen Amt erfahren würde, dass ein Priester gegen das Zölibat verstösst. Dies sei zum Glück bis jetzt noch nicht vorgekommen. Wäre dies der Fall, ist aber für ihn klar: «Dann müsste ich das Gespräch suchen. Ein Priester hat das Zölibat vor Gott und öffentlich angenommen. Verstösst er dagegen, ist dies eine Lüge.»

Zölibat: Das Priesteramt als Lebenseinstellung

E ine präzisere Regelung des Pflichtzölibats für Priester führte die katholische Kirche im Mittelalter ein. Die Praxis des Priesterzölibats habe es aber schon länger gegeben, sagt Weihbischof Alain de Raemy. Im kürzlich erschienenen Buch «Oh Gott» schreibt Gabriella Loser Friedli, Präsidentin des Vereins der vom Zölibat betroffenen Frauen Schweiz (ZöFra), die ZöFra wisse von 509 Priestern, die in der einen oder anderen Art gegen das Zölibat verstossen. Trotz dieser Zahlen und trotz des Rückgangs der Priester ist de Raemy gegen eine Abschaffung des Zölibats. Zum einen habe das Zölibat eine lange Tradition, «die beim revolutionären Lebensstil Jesu anfängt». Und der Entscheid, Priester zu werden und damit auf die Sexualität zu verzichten, werde aus freien Stücken getroffen. «Hat jemand Frau und Familie, ist dies klar die erste Priorität», sagt de Raemy. Dies bedeute nicht, dass jemand seine Aufgabe nicht gut ausführen könne, betont er. «Es gibt zum Beispiel viele Ärzte, die trotz Familie immer für ihre Patientinnen und Patienten da sind.» Das Priesteramt sei jedoch mehr als nur ein Beruf. «Es ist eine Lebenseinstellung, und das Zölibat gehört dazu.» rb

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