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«Wir leben in einer kannibalischen Ordnung»

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Es war Jean Ziegler, so wie man ihn kennt: Am Montagabend referierte er im Nuithonie in Freiburg auf Einladung der Buchhandlung Payot und des Online-Magazins «Sept». Der 80-Jährige beantwortete die Fragen von Chefredaktor Patrick Vallélian ausschweifend und wurde seiner Rolle als Globalisierungskritiker mehr als gerecht.

«Mit den Nahrungsmitteln, die wir produzieren, könnten wir zwölf Milliarden Menschen ernähren», sagte er. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit gebe es keinen objektiven Mangel. «Dennoch verhungert alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren.» Schuld daran sind für Jean Ziegler in erster Linie drei Dinge: der Kapitalismus, die globalen Konzerne und die Passivität jedes Einzelnen.

«Gelegentlich ein Salaud»

«Auch ich bin gelegentlich ein Salaud», sagte er und erzählte, dass ihn auf einer seiner zahlreichen Reisen ein hungriges Kind um Nahrung gebeten habe. Er gab ihm Geld, sah, wie es Reis kaufte und diesen seinen kranken Eltern nach Hause brachte. «Dann ging ich, obwohl ich hätte bleiben sollen. Ich hät- te bleiben und die Eltern in ein Krankenhaus bringen sollen. Doch ich war in meinem Zeitplan gefangen, ich wollte weiter.»

Genau dies sei ein grosses Problem: «Wir leben in ei- ner absurden, kannibalischen Ordnung. Und jeden Tag wiederholen wir sie.» Denn in seiner Passivität trage jeder zu den grossen Fehlern bei. «Das Schreckliche passiert in aller Normalität», klagte er an und verwies auf den Gaza-Streifen und die ganze südliche Hemisphäre. «Ich halte hier keinen neuen Diskurs, aber es hat sich noch nicht viel geändert.»

Dennoch gebe es Hoffnung, denn das Bewusstsein habe sich verändert. Augustinus habe im vierten Jahrhundert die Sklaverei damit gerechtfertig, dass durch ihre Abschaffung ein noch grösseres Leid entstehen würde: Ohne Sklaven würde niemand mehr auf den Feldern arbeiten, viele würden verhungern. «Eine solche Argumentation ist heute undenkbar. Heute könnte niemand sagen, es sei gut, dass so viele Kinder an Hunger sterben, weil so die Überbevölkerung gebremst wird. Das ist ein grosser Fortschritt.»

«Es-tu Charlie»?–«Non!»

Patrick Vallélian stellte Jean Ziegler auch die Frage «Es-tu Charlie?», wobei er Bezug nahm auf den Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo in Paris. «Nein!», antwortete Ziegler. «Die schrecklichen Taten sind durch nichts zu rechtfertigen», sagte er. Doch er sei nicht für eine uneingeschränkte Pressefreiheit. «Jemandem wie Hitler müsste man das Wort verbieten.» Und gerade was die Religion betreffe, gelte besondere Vorsicht.

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